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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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von Kilometern war. Manchmal war er tagelang zu einer abgelegenen Farm unterwegs.
    Dann wandten sich die Weißen in Keetmanshoop vertrauensvoll an Fanny, als ob sie ebenfalls Medizin studiert hätte. Auch einige der missionierten Schwarzen fragten sie um Rat bei tränenden Augen oder eitrigen Entzündungen und Verletzungen.
    Fanny kannte eine Menge Heilmittel aus dem Kloster, aber wenn Ludwig dabei war, behielt sie dieses Wissen für sich und ließ sich von ihm zeigen, wie sie Wunden desinfizieren oder einen Verband anlegen sollte. Fanny merkte, dass es ihm außerordentlich gefiel, sie zu einer Art Krankenschwester auszubilden, damit sie ihm die unappetitlichen Geschwüre und Gerüche vom Leib halten konnte. Er ließ immer nach ihr rufen, wenn jemand damit in die Praxis kam, und verabschiedete sich dann schnell wegen dringender Geschäfte.
    Seine Praxis war auch die einzige Apotheke im Umkreis, und sie begann ein System zu entwickeln, um zu gewährleisten, dass die wichtigsten Medikamente alle vorhanden waren. Ludwig bestellte erst dann Zugsalbe, Morphium, Chinin, Kalomel, Jodtinktur, Bittersalz, Borwasser oder Opodeldok, wenn es ausgegangen war, und so mussten sie oft monatelang auf Nachschub warten. Ludwig orderte nämlich prinzipiell in Deutschland, obwohl das sehr viel länger dauerte, als die Medikamente über den Landweg vom Kap zu beziehen. Er hasste es, von Engländern zu kaufen, was Fanny umso mehr erstaunte, weil er in der Nähe von Warmbad ein Internat besucht hatte, in das auch viele Engländer ihre Söhne schickten. Darüber hinaus waren zahlreiche ihrer Gäste reisende englische Kaufleute.
    Als sie ihn darauf ansprach, wich er immer wieder aus, bis sie eines Tages wegen einer Bestellung in Streit gerieten und Fanny zum ersten Mal in ihrer Ehe die Beherrschung verlor.
    Ludwig war so perplex, dass er, wenn auch widerstrebend, endlich erzählte, warum er die Engländer so verabscheute. In seinem zwar deutsch geführten Internat waren tatsächlich nur sehr wenige Deutsche, sondern hauptsäch lich Buren, Mischlinge mit fast weißer Hautfarbe und Eng länder gewesen. Ludwig behauptete, dass die Hochnäsigkeit der Engländer extrem unangenehm gewesen sei. Sie hätten sich wie die Herren der Welt aufgespielt und von allen Jungs verlangt, bei ihren perversen Spielen und Mutproben mitzumachen.
    Fanny hätte zu gern gewusst, was genau er damit meinte, aber sie hütete sich, ihn zu unterbrechen. Besonders geärgert hatte ihn, dass er als reinrassiger Deutscher viel schlechter behandelt worden war als die ganzen Bastarde. Vor John zum Beispiel hätten alle Respekt gehabt, weil sein Vater einer der reichsten Farmer im Norden Südafrikas war. Und obwohl Johns Mutter nicht die Ehefrau, sondern nur eine Geliebte des Farmers und noch dazu eine Zuluzauberin gewesen war, wurde John von allen geachtet. John, nicht Ludwig. An dieser Stelle hatte Ludwig gequält aufgeseufzt, und nur weil John sich als Ludwigs Beschützer aufgespielt hatte, wäre man dann schließlich dazu übergegangen, andere zu quälen. Er würde deshalb nie, nie, niemals seine Kinder in ein Internat schicken. Das müsste ihr klar sein. Seine Jungs würden von Fanny persönlich zu Hause unterrichtet.
    John hatte sich als Ludwigs Beschützer aufgespielt? Das konnte sich Fanny nicht vorstellen, wahrscheinlicher schien ihr, dass John Ludwig aus Mitgefühl unter seine Fittiche ge nommen hatte. Aber warum war John dann nur Ludwigs Verwalter und nicht sein Freund? Was war zwischen den beiden Männern passiert?
    Fanny spürte, wie schwer Ludwig dieses Eingeständnis gefallen war, sah es in seinen blaugrauen Augen, die sich bei der Erinnerung an seine Schmach verdunkelt hatten. Als sie ihm tröstend die Hand auf den Arm legen wollte, schüttelte er sie ab wie ein lästiges Insekt.
    »Bist du jetzt zufrieden, Weib? Ändert sich etwas, nur weil ich mich habe hinreißen lassen, dir davon zu erzählen? Nein, nicht das Mindeste. Die Medikamente werden nicht bei den Engländern bestellt. Ist das jetzt klar?«
    Fanny nickte ergeben und überlegte schon, wie sie die langen Lieferzeiten in ihr Bestellsystem einarbeiten könnte.
    An diesem Abend war sie zum ersten Mal seit Langem nicht todmüde, und so fasste sie sich ein Herz und holte die Briefe, die Ludwig damals seiner Verlobten geschrieben hatte, aus der Schatulle. Sie breitete sie auf ihrem Bett aus und griff nach einer besonders abgegriffenen Seite.
    … Dass Du, meine geliebte Charlotte, diesen Schritt und die Reise

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