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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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an Überfälle anderer Art gedacht. Aber Hermann, dieser Dreckskerl, verstand nur eine Sprache. Der Revolver war im Schlafzimmer versteckt für den Fall, dass nächtliche Angreifer sie zum Handeln zwingen würden. Sie keuchte, ihr Puls hämmerte laut in ihren Ohren und vermischte sich mit Fetzen von Hermanns Worten und mit dem Schluchzen von Martha und Grace.
    Im Schlafzimmer bückte sie sich nach der Waffe und vergewisserte sich, dass sie geladen war. Sie konnte die zwei Kilo schwere Waffe mit einer Hand kaum halten. Allerdings vergrößerte der stechende Schmerz in ihrem linken Arm nur ihren Zorn, und der wiederum verlieh ihr die Kraft, die nötig war. Schweiß lief ihr über das Gesicht, als sie zurück auf die Veranda rannte und mit ihrem Revolver auf Hermann zielte.
    »Hauen Sie ab!«, brüllte sie. »Auf der Stelle, und hüten Sie sich davor, jemals wieder hier aufzukreuzen oder Ludwig auch nur eine dieser elenden Lügen aufzutischen.«
    Ungläubig starrte Hermann auf ihren Revolver, dann lachte er laut. »Was soll denn das werden? Du solltest nicht mit Männergerät herumspielen.«
    Fanny zog den Finger durch und zielte voller Hass in das Dach der Veranda. Es krachte so laut, dass sie selbst zusammenzuckte. »Das war nur ein Warnschuss, ich kann sehr gut zielen. Als Nächstes nehme ich mir Ihre Knie vor, dann geht es höher, damit Sie nie wieder jemandem so etwas antun können wie Grace, und dann noch höher, dorthin, wo andere Menschen ein Herz haben. Also, los, los, wird’s bald.«
    Fanny erkannte in Hermanns Augen, wie seine Ungläubigkeit sich in Angst verwandelte.
    Sie schoss noch einmal in die Luft, um ihn endlich von der Veranda zu befördern. Langsam, für ihren Geschmack viel zu langsam, setzte er sich in Bewegung.
    »Los, los, los, ein bisschen schneller, wenn ich bitten darf.« Fanny wusste selbst nicht genau, woher die Worte kamen, nur eines wusste sie genau, er musste hier weg, dieses Schwein, der widerwärtigste Mensch, den sie je getroffen hatte. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, kam ihm aber nicht so nah, dass er sie überwältigen und ihr die Waffe hätte entreißen können. »Los!« Ihr wurde klar, dass sie bereit war, ihn zu erschießen, wenn er sich nicht endlich vom Haus wegbewegen würde.
    »Das wirst du bereuen, du miese kleine Hure.« Hermann ging zur Treppe, behielt sie dabei aber immer im Blick. »Ich werde meinen Freund vor dir beschützen, darauf kannst du dich verlassen. Und danach wirst du dir wünschen, du wärest nie geboren worden.«
    Während er redete, ging er zu seinem Pferd, das ihm, wie Fanny dankbar bemerkte, von Zach gebracht worden war.
    Weil er so lange zögerte aufzusitzen, schoss Fanny noch einmal knapp über das Pferd hinweg. Es bäumte sich auf, und Hermann hatte alle Mühe, es festzuhalten. Jetzt hatte sie es endlich geschafft, seine Wut wich blanker Angst. Er ballte seine Fäuste, drehte sich um, griff nach den Zügeln, saß auf und preschte davon.
    Langsam ließ Fanny den Arm mit dem Revolver sinken. Sie atmete stoßweise, und ihre Beine zitterten. Jetzt erst bemerkte sie, dass Martha und Grace nach draußen gekommen waren und sie anstarrten, aber nicht nur die beiden, auch Zach und alle anderen Schwarzen, die auf der Farm arbeiteten. Die Gruppe Herero-Männer, die mit dem Kind auf dem Arm aus der Praxis herausgekommen waren. Und John. Sie alle standen wie festgenagelt da und sahen zu ihr hin, als wäre sie eine höchst merkwürdige Erscheinung.
    Es war totenstill.
    Fanny wusste nicht, was diese Blicke zu bedeuten hatten, Beifall, Anklage oder nur Verwunderung. Es war auch nicht wichtig. Was zählte, war nur, dass sie es geschafft hatte.
    Sie zuckte mit den Schultern und spürte dabei ihren gebrochenen Arm, dann fiel sie bleischwer in einen der Korbstühle auf der Veranda. Sie legte den Revolver auf den Tisch. Er war wirklich weg. Sie hatte ihn vertrieben. Erleichtert schloss sie ihre Augen und atmete tief durch.
    Dann stiegen Zweifel in ihr auf. Was war da gerade mit ihr passiert? Sie hätte ihn wirklich erschossen, wenn er nicht gegangen wäre. Wäre imstande gewesen, einen Menschen zu töten. Und das Schlimmste war: Der Gedanke daran, wie Hermann in einer Blutlache neben seinem Pferd verendete, erfüllte sie mit großer Genugtuung. Sie schüttelte sich, als ob sie dieses Bild so aus ihrem Kopf vertreiben könnte.
    Unvermittelt lief eine Gänsehaut über ihren Rücken, weil ihr Johns Mutter wieder einfiel, die behauptet hatte, sie wäre in einen Mord

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