Der Duft Der Wüstenrose
Maria so umgänglich zeigte, fiel es ihr auch leichter, sie zu duzen. »Warum bist du mit den Kindern hierhergekommen?«, erkundigte sie sich. »Wollte dein Mann nicht nach Swakop gehen und dafür sorgen, dass dort endlich eine Mole gebaut wird?«
»Ja, nein, doch, also, mein Mann will hier ein Geschäft eröffnen, und wir bilden quasi die Vorhut, um alles vorzubereiten und es ihm so gemütlich zu machen wie möglich. Du kennst ja die Männer.« Maria lachte gezwungen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Es geht ihnen doch nichts über ein schönes Heim. Du hast hier auch alles wunderbar für deinen prächtigen Ludwig eingerichtet. Wir haben uns in Mariental ganz zufällig getroffen, und er hat uns so freundlich und inständig eingeladen, mit ihm zu reisen, dass ich ihm das nicht abschlagen konnte. Für die Jungs war es natürlich auch viel spannender, mit einem echten Mann und Jäger zu reisen als nur mit ihrer alten Mutter.«
Es schien Fanny vollkommen undenkbar, dass eine Frau wie Maria ohne ihren Mann in den trockenen Süden aufgebrochen sein sollte. Sie hätte gedacht, dass Maria erst dann mit den Kindern nachreisen würde, wenn alles perfekt war. Auch dass sie Ludwig zufällig getroffen hatte, erschien ihr höchst verdächtig. Aber selbst wenn Maria wirklich log, wer war sie dann, darüber zu urteilen?
»Diese Kudufelle geben sehr schöne Teppiche oder Bettvorleger ab, Wilhelm liebt so was sehr«, sagte Maria. »Wo soll ich sie zum Trocknen hinhängen, oder legst du sie zuerst in Salz ein?«
Fanny rief nach Zach und bat ihn, dafür zu sorgen, dass das Fell gründlich entfleischt und konserviert werden würde.
»Wir brauchen es doch bloß den Fliegen zu überlassen«, widersprach Zach. »Die holen sich alles.«
»Und legen ihre Eier überall hinein, das ist ekelhaft.« Unwillkürlich gab sich Fanny strenger als sonst. Warum tust du das, fragte sie sich, um Maria zu beeindrucken? Und obwohl sie sich mehr als schäbig fand, setzte sie noch nach. »Bitte, Zach, tu, was ich dir gesagt habe.« Sie war sicher, dass Maria, die ihr in jedem Brief von den Vorzügen der Peitsche als Erziehungsmittel für unwillige oder unfähige Dienstboten geschrieben hatte, sie dafür tadeln würde, dass ihre Dienstboten sich erlaubten, ihr zu widersprechen.
Aber Maria wedelte nur die Fliegen vom Fleisch weg und schwieg, bis Fanny mit dem Zerteilen fertig war.
»Geschafft!« Fanny strich sich die Haare von der klebrigen Stirn. »Lass uns das alles in die Küche bringen, sonst fressen es die Fliegen noch ganz auf.« Sie trugen das verwertbare Fleisch zusammen in die Küche, wo Fanny es kalt abspülte. Plötzlich war ihr wieder ein bisschen übel, und sie musste sich kurz hinsetzen. Doch sie wollte vor Maria nicht faul erscheinen, deshalb schlug sie vor, einen Tee zu trinken, den sie sich jetzt redlich verdient hätten.
Hocherfreut sank Maria neben sie an den Küchentisch und häufte sich jede Menge Zucker in ihren schwarzen Tee. Nachdem Fanny auch eine Tasse ausgetrunken hatte, fühlte sie sich wieder besser.
»Aus dieser Leber könnten wir Leberknödel für eine Suppe machen«, schlug Maria vor. »Das wäre ganz sicher gut für meine Jungs, der arme Albert ist ja so schwach.«
»Welche Zutaten benötigt man da?«
»Zuallererst eine Kuduleber, die hier ist ja schön groß«, Maria tippte besitzergreifend auf die Leber des Tieres, »alte Brötchen, Zwiebeln, Ei, Majoran, Thymian, Petersilie, Pfeffer und noch extra Semmelbrösel.«
Fanny dachte an ihre ausgeräuberte Vorratskammer und musste unwillkürlich lächeln. »Ich kann dir Eier, frisches Brot und ein paar Kräuter anbieten. Zwiebeln hab ich leider keine, Semmelbrösel auch nicht.«
Maria riss erstaunt die Augen auf, und Fanny erwartete schon einen bösartigen Kommentar, aber Maria zuckte nur mit den Schultern. »Gut, kochen wir eben etwas anderes.«
Erleichtert und irritiert machte sich Fanny daran, einen Kudufleischtopf zuzubereiten. Dazu legte sie das Fleisch mit ein paar gesäuberten Knochen in ihren größten und tiefsten Eisengusstopf, gab Knoblauchsalz, Koriander, Gewürznelken und Essig dazu und ließ es durchziehen. Sie holte den letzten Rest fetten Speck, den die Herero wohl übersehen hatten, und briet ihn – leider ohne Zwiebeln – an. Danach schüttete Fanny die gebratenen Speckwürfel zu dem Fleisch in der Marinade, gab noch zwei Tassen Wasser dazu und verschloss den Topf mit dem Deckel. »Das muss jetzt mindestens vier Stunden köcheln, und
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