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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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deshalb legte er den angerauchten Zigarillo im Aschenbecher ab und lächelte freudlos. »Eine hübsche Maskerade, aber Karneval ist erst in sechs Wochen.«
    Was würde sie tun? Ihm an die Kehle springen? Ein Fleischermesser aus den Tiefen ihres Sessels hervorholen und wieder einen Alexander-Mord begehen?
    Barbara tat einen tiefen Zug, inzwischen musste sie nicht mehr husten. »Es ist keine Maskerade, Jan«, sagte sie weich. »Die Barbara, die du gekannt hast, die war Maske, war Fassade. Was du jetzt siehst, ist mein wahres Ich. Jetzt kennst du mein Geheimnis.«
    Sie weiß nicht, dass ich sie gesucht habe, schoss es Jan durch den Kopf. Sie weiß nicht, dass ich durch Joachim und Alexander in alles eingeweiht bin, in ihre Morde – aber muss sie es nicht ahnen?
    »Du – möchtest ein Mann sein, das hättest du mir doch sagen können.«
    »Hättest du mich nicht für verrückt gehalten?«
    Ja
, dachte Jan,
irgendwo schon.
Nur Erich Blume nicht. Jan hatte aber nicht gelernt, wie Erich Blume zu denken.
    »Nein, Barbara, aber das hier …« Er machte eine Armbewegung. »Das ist schon ein bisschen überspannt, finde ich.«
    »Ja.« Ihr neuer verhangener Blick streifte ihn nachdenklich. »Findest du, dass ich aussehe wie Alexander?«
    War das eine Fangfrage? Barbara konnte nicht wissen, dass er Alexander kannte. »Welchen Alexander meinst du?«, fragte er vorsichtig.
    Sie lachte hell und machte eine rasche Bewegung, Jan zuckte zusammen, aber sie hatte sich nur die Perücke abgenommen. Sie schüttelte ihr Haar und sagte: »Schluss mit der Komödie, Jan. Wir sind Freunde, ich hoffe doch, wir sind es?« Sie wartete seine Antwort nicht ab. »Du weißt Bescheid, ich habe es an deinem entsetzten Gesicht gesehen, also die Karten auf den Tisch! Wie viel weißt du?«
    Jan starrte sie an, dann senkte er fast beschämt den Blick. »Alles«, sagte er rau. »Joachim und Alexander hatten mich um Hilfe gebeten. Ich kenne deine Geschichte als Sascha und deine Karriere als Mörderin, nur wer sich hinter Sascha verbarg, hat niemand gewusst, auch ich nicht.«
    Barbaras Miene war keine Regung anzusehen. »Gut«, sagte sie, »dann kann ich mir lange Reden ersparen und dir jetzt sagen, weshalb ich dich hergebeten habe. Als einzigem Menschen auf der Welt vertraue ich dir, Jan Matuschek. Bitte enttäusche mich nicht.«
    »Du verlangst viel«, brachte Jan mühsam heraus, »du erwartest, dass ich einer dreifachen Mörderin beistehe?«
    »Einer Fünffachen«, sagte sie und zuckte die Achseln. »Du siehst, ich bin aufrichtig zu dir. Und ich verlange nichts Ungesetzliches.«
    »Stephan?«, fragte Jan leise.
    Sie nickte. »Das war der Einzige, der mir leidtat, aber ich musste mich schützen.« Sie erhob sich. »Ich bin aber auch nachlässig. Nun habe ich dir nicht einmal etwas angeboten.«
    Jan streckte abwehrend die Hand aus, aber Barbara nahm sie einfach in ihre Hände – es geschah ganz wie in seinen Träumen, nur umgedreht – und sie sah ihn an wie eine Frau, wie ein Mann, wie ein Mensch, der nackt war und Hilfe brauchte. »Ich liebe dich, Jan, ich liebe dich auf meine Weise, und als Barbara hasse ich Alexander, weil Alexander Barbara hasst. Doch wie kann sein Hass mich treffen, wenn ich wie Alexander bin? Und als Alexander liebe ich Alexander wie meinen Zwilling, verstehst du das?«
    »Oh mein Gott«, murmelte Jan.
    Barbara ließ seine Hand los und ging in die Küche. »Ich habe roten Burgunder und Lasagne für uns gekauft, das magst du doch?«
    »Barbara!« Es hörte sich an wie ein Verzweiflungsschrei. »Sei doch nicht so entsetzlich normal! Du hast fünf Menschen getötet und gibst mir nicht einmal eine Erklärung. Stattdessen verwirrst du mich mit deinem Gerede von Alexander.«
    Sie stellte die Gläser und die Flasche auf den Tisch. »Eine Erklärung für die Morde willst du? Wozu? Mit welcher würdest du dich denn zufriedengeben?«
    »Ich möchte dich nur verstehen.«
    »Und danach zur Polizei gehen?«
    Jan nestelte an seiner Gürtelschnalle. »Das musst du selbst tun, Barbara.«
    »Die Lasagne ist gleich fertig, natürlich eine tiefgekühlte, aufgewärmt in der Mikrowelle.« Sie lachte. »Eine gute Hausfrau war ich noch nie. Überhaupt keine Frau, wie Männer sie mögen. Ich habe Stricher getötet, weil mich einmal ein Stricher tödlich beleidigt hat.« Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht auch, weil mich Stephan auf den Gedanken brachte. Nach denen kräht kein Hahn, hatte er gesagt. Na, hätte ich Babys umbringen sollen?« Sie

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