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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Beamten sahen teilnahmslos zu. »Also ist er tot?«, fragte der eine.
    »Mausetot, denke ich.« Trotzdem lockerte der Arzt Barbara die Krawatte, öffnete ihr Jackett, knöpfte ihr das Hemd auf. Jan schloss die Augen. Es vergingen zwei unendlich lange Sekunden.
    »Alle Wetter! Das ist gar kein Mann! Das ist eine Frau!« Der Arzt erhob sich aus seiner gebückten Stellung und sah Jan wütend an. »Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt?«
    Jan starrte in das rote Gesicht des Arztes, sah die blassen Gesichter der Uniformierten, im Flur scharrten die Sargträger. »Ich hatte keine Veranlassung dazu«, sagte er steif.
    Ein Polizist trat auf ihn zu. »Haben Sie es gewusst?«
    »Ja.«
    »Dann ist das gar nicht Professor Kirch! Wer ist diese Frau?«
    Wenn Jan sich später an diese Szene erinnerte, wusste er immer noch nicht, wie er dazu gekommen war, es zu sagen, es rutschte ihm einfach heraus: »Diese Frau ist Professor Alexander Kirch.«
    »Aber ich bitte Sie, das ist doch eine Frau in Männerkleidung.«
    »Der Professor war eine Frau.«
    Während der Arzt etwas zu dem anderen Beamten sagte und sich einige Notizen machte, sagte der andere zu Jan: »Er war eine Frau? Weshalb hat sie sich denn als Mann ausgegeben?«
    »Sie war transsexuell veranlagt.«
    »Ein Transvestit? Der Professor war ein Transvestit?«
    »Nein«, wiederholte Jan geduldig, »ein Transsexueller.«
    »Das gibt es«, kam der Arzt Jan zur Hilfe und nickte dem Beamten zu. »Falsche Seele im falschen Körper. Ist ja interessant. Ich habe noch nie mit so einem Menschen zu tun gehabt.«
    Der junge Beamte wandte sich sichtlich verwirrt an Jan: »Und Sie – äh – sind der Kollege, sagten Sie? Wie war doch der Name?«
    »Joachim von Stein.«
    »War es denn in der Firma bekannt, dass der Professor ein Trans – äh diese Veranlagung hatte?«
    »Niemand hat es gewusst, er hatte sich geschämt, verstehen Sie? Ich war der Einzige, dem er es anvertraut hat.«
    »Sie meinen, dem
sie
es anvertraut hat«, lächelte der Beamte dünn.
    Der Arzt sagte den Trägern Bescheid, und während sie Barbara hineinlegten in den Sarg mit ihrem grauen Anzug und der bunten Krawatte, ging Jan mit dem Beamten ins Schlafzimmer. »Können Sie sich ausweisen?«
    Seit Joachim mit einem falschen Pass abgereist war, hatte Jan stets beide Ausweise dabei, für alle Fälle. Der Beamte prüfte den Ausweis und übertrug die Angaben in sein Heft.
    »Bitte seien Sie morgen um 9.00 Uhr auf dem Präsidium, Herr von Stein, wir brauchen Ihre Aussage für das Protokoll.«
    Jan nickte und versicherte dem Beamten, dass er seine Pflicht tun werde.
    »Selbstmord ist zwar kein Mord«, sagte der Polizist, »aber solange die Umstände nicht geklärt sind, ermitteln wir in der Angelegenheit.«
    Durch die offene Tür sah Jan, wie Barbara hinausgetragen wurde. Als Alexander Kirch.
Leb wohl, Barbara
, dachte er.
Es war das Mindeste, was ich für dich tun konnte.
Und plötzlich kam die Antwort auf ihren Tod zu ihm, als hätte sie ihm jemand zugeflüstert: Auf diese Weise blieb sie für immer und ewig Alexander.
    ***
    Nachdem seine Personalien festgestellt worden waren, wollte Jan nur noch fort von hier. Unten auf der Straße rannte er fast in einen jungen, bärtigen Mann hinein, der eine Kamera umgehängt hatte. »Entschuldigung«, murmelte Jan und wollte die Straße überqueren, wo sein Taxi stand. Dann drehte er sich wie aus einer Eingebung heraus noch einmal um. Vor der Tür standen ein Polizeiwagen und ein Krankenwagen. Der Bärtige lungerte dort herum, wollte wohl ein paar Fotos machen, aber ein geschlossener Zinksarg lohnte sich nicht. Er machte trotzdem eins. Jan ging zu ihm hin. »Sind Sie Reporter?«
    »Sehen Sie doch.«
    »Ich hätte eine Geschichte für Sie. Kommen Sie, trinken wir da drüben einen Kaffee. Hier sind zu viele Leute.«
    »War es denn Mord?«, fragte der Bärtige hastig, und seine Augen leuchteten, während er Jan folgte.
    »Besser als ein Mord«, sagte Jan, »Fünf Morde, verübt von einem transsexuellen Professor. Na? Wie gefällt Ihnen das?«
    »Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen?«
    »Hören Sie sich doch erst meine Geschichte an«, lächelte Jan und schob den Mann durch die Tür des Cafés. Es war fast leer, und sie setzten sich in die Ecke ans Fenster. Jan legte dem Reporter seinen Ausweis vor. »Ich bin Joachim von Stein und arbeite seit Jahren zusammen mit Professor Alexander Kirch, einer Kapazität auf dem Gebiet der Atomphysik. Mein Kollege hat sich in der vergangenen

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