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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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unergründlichen Schublade. Joachim war verheiratet, da rief er lieber Alexander an. Unter Kirch hatte er zwei Nummern notiert. Zuerst rief er in der Firma an. Seine nette Sekretärin teilte ihm mit, dass der Herr Professor krank sei. Und der Herr von Stein? Auf Reisen.
    Bernd Fellmann lehnte sich zufrieden zurück. Das erklärte natürlich deren Fernbleiben. Alexander krank? Was mochte diesem starken, starken Mann fehlen? Er wählte seine Privatnummer, aber die Leitung war tot. »Schuft, du«, murmelte Fellmann. »Hast den Stecker rausgezogen, um in Joachims Abwesenheit ungestört ein kleines Tête-à-tête zu veranstalten? Warte! Nächstes Wochenende unterziehe ich dich einem kleinen Kreuzverhör.« Fellmann schmunzelte und rief gut gelaunt durch die Sprechanlage: »Frau Laubert, ich bin bis um halb zwei beim Essen.«
    ***
    Auch Jan rief an diesem Montag die Nummer Kirchs an, aber im Gegensatz zu Bernd Fellmann beunruhigte ihn die tote Leitung. Er wäre am liebsten sofort in sein Taxi gesprungen und nach Pöseldorf gefahren, aber Monika bestand auf pünktlichen Mahlzeiten.
    »Du musst nicht so hastig essen, das schlägt auf den Magen«, ermahnte sie ihn.
    »Hab noch was zu erledigen«, antwortete er mit vollem Mund.
    »Was du immer so zu erledigen hast, hier in Hamburg. Das verstehe ich gar nicht.«
    Jan seufzte innerlich. »Du triffst dich doch sowieso nachher mit dieser Marie.«
    »Mit Heidemarie. Ja.« Monikas Blicke wanderten ziellos über den Tisch. »Und danach will ich Barbara anrufen. Ich habe schon so lange nichts von ihr gehört.« Monika hatte auf ihre Frage überhaupt keine Antwort erwartet und beschäftigte sich in Gedanken bereits mit ihren Freundinnen.
    Jan wäre fast der Bissen aus dem Mund gefallen. »Barbara?« Er fing Monikas misstrauischen Blick auf, tat, als ob er sich verschluckt hätte, hustete und sagte: »Ja, das solltest du vielleicht tun.« –
Nimmt sowieso niemand ab
, überlegte er.
    »Fahr vorsichtig!«, rief sie ihm hinterher, als er zur Tür hinausging.
    Wozu noch heiraten?,
dachte Jan,
wir führen bereits eine Ehe.
    Hermann, der Pförtner, nickte ihm zu. »Guten Tag, Herr von Stein. Heute früher Feierabend? Ich sage Bescheid, dass Sie kommen.« Jan schob seinen Kopf aufdringlich durch die Öffnung in dem Pförtnerhäuschen. »Ist er da? Antwortet er?«
    Hermann bedachte Jan mit einem gekränkten Blick. »Natürlich ist er da, sonst hätte ich ihn fortgehen sehen, oder es hätte eine Notiz meines Kollegen vorgelegen.« Dann nickte er. »Sie sollen raufkommen.« Jan atmete tief durch.
    Barbara ging es gut. Sie schmökerte in einem alten Lexikon aus dem Fundus ihres Vaters, und das machte ihn wütend. »Weshalb ist dein Telefon tot?«, bellte er bereits an der Tür.
    »Hallo Jan, setz dich zu mir. Schön, dass du vorbeikommst.«
    »Die Leitung ist tot, Barbara! Was hat das zu bedeuten?«
    Sie erhob sich und küsste ihn auf die Stirn. »Ich heiße Alexander. Leg doch ab. Weshalb regst du dich so auf?« Sie wies lässig mit dem Daumen auf die Wand. »Ich hab’s rausgezogen, es hat mich genervt.«
    »Tu das bitte nie wieder – Alexander! Ich war vor Sorge ganz krank.«
    »Worum in aller Welt machst du dir Sorgen?« Sie tänzelte zur Bar, stieg dabei über zwei Bücher, einen Pantoffel und einen Kleiderbügel. »Kalt draußen, wie? Ich mache uns zwei Pharisäer. Weißt du, in diese Bar bin ich ganz verliebt, das Einzige, was an dieser Wohnung Stil hatte.«
    »Du bewegst dich neuerdings wie eine Schwuchtel«, brummte Jan und setzte sich in Papas Ledersessel.
    »Ist das wahr?«, rief sie entzückt. »Du bist so ein Schatz, dass du es bemerkt hast.«
    »Ich dachte, du wolltest ein richtiger Kerl sein, so wie Kirch?«, spottete Jan und blätterte zerstreut in dem vergilbten Lexikon.
    »Kirch?« Ihre Stimme war etwas schrill. »Der war doch die größte Schwuchtel, er hat es nur nie zugegeben. Spitzenhemden hatte der! O lala!« Sie tat Milch in den Kaffee, der Mixer surrte, bis sich ein hellbrauner Schaum gebildet hatte.
    »Du darfst das Telefon nicht herausziehen«, begann Jan wieder. »Natürlich rufen hier einige an, aber wenn die Leitung tot ist, werden sie Verdacht schöpfen. Du musst durch ein Wolltuch sprechen, dann erkennen sie nicht, dass du eine weibliche Stimme hast.«
    Das war ein Fehler. »Weiblich?«, empörte sich Barbara. »Ich habe eine Alt-Stimme. – Eine sehr tiefe Alt-Stimme«, fügte sie hinzu, während sie die Rumflasche öffnete. »Also eigentlich Bariton, einen

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