Der Duft des Anderen
Monika stand da mit offenem Mund.
Becker erhob sich ebenfalls. »Besser, Sie sagen uns gleich die Wahrheit.«
Monika hätte dem blasierten Blonden am liebsten die Augen ausgekratzt. Sie reckte ihr Kinn. »Bevor ich Ihnen überhaupt noch etwas sage, möchte ich wissen, worum es hier geht? Was wollen Sie von meinem Mann? Hat er etwas verbrochen?«
»Wir brauchen Ihren Mann für eine überaus wichtige Aussage«, sagte Schirdewahn, während er Becker versteckt abwinkte. »Wir hatten ihn heute Morgen um 9.00 Uhr auf dem Präsidium erwartet, aber er ist nicht erschienen.«
Monika krauste die Stirn. Sie konnte die Fakten, so sehr sie sich anstrengte, nicht auf einen Nenner bringen. Joachim war gestern bei Alexander gewesen? Das war durchaus möglich. Aber was hatte ein Schäferstündchen bei seinem Geliebten mit einer Aussage bei der Kripo zu tun? Und weshalb nahm in der Firma um diese Zeit niemand ab?
»Um was für eine Aussage handelt es sich denn?«, fragte sie etwas freundlicher.
»Wir sind nicht befugt, darüber zu sprechen, gnädige Frau. Wenn Ihr Mann auftauchen sollte, sagen Sie ihm bitte, er solle sich sofort mit uns in Verbindung setzen, oder benachrichtigen Sie uns selbst.« Schirdewahn gab ihr seine Karte.
Monika schloss die Tür hinter den Männern. Fahrig lief sie im Wohnzimmer auf und ab. Was hatte das zu bedeuten? Was Jans geheimnisvoller Aufbruch, der aussah wie eine Flucht? Und was sollte sie bloß tun? In der Firma anrufen! Vielleicht ging jetzt jemand ans Telefon.
Da schrillte es. Zitternd nahm sie ab und stieß gleich darauf einen erleichterten Schrei aus. »Jan! Wo bist du?«
»Monika? Ich bin in Berlin. Setz dich in deinen Porsche und komm her! Stelle keine Fragen, ich erkläre dir alles in Berlin.«
»Jan, die Polizei war hier.«
»Kann ich mir denken. Keine Angst, ich habe nichts verbrochen. Komm so schnell du kannst. Aber pass auf, dass man dir nicht folgt.«
»Die Tiefgarage hat zwei Ausgänge, und die kennen meinen Wagen bestimmt nicht.« Monika wunderte sich, wie kaltblütig sie plötzlich denken konnte. Alles würde sich klären, wenn sie bei Jan war, alles würde gut werden.
Als sie schon mit Köfferchen und Mantel in der Tür stand, fiel ihr Blick auf Penelope. Die Katze! Sie holte den Tragekorb, der in der Besenkammer stand und den Penelope hasste. Aber sie musste hinein. Eine Viertelstunde später verließ Monika mit Katze die Wohnung und fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage. Sie stellte den Korb auf den Rücksitz und sah in den Rückspiegel. Keiner lauerte ihr auf. Sie verließ die Garage über die hintere Ausfahrt und gelangte ohne Zwischenfälle nach Berlin.
***
Die beiden Herren von der Kripo kamen um halb zwölf. Das Sekretariat war unbesetzt, auf den Bürofluren standen kleine Grüppchen aufgeregt diskutierend zusammen. Ein kleiner Mann mit weißen Haarbüscheln und dicker Hornbrille lief mit den Armen fuchtelnd auf sie zu. »Wer sind Sie denn? Wer hat Sie hereingelassen? Gehen Sie bitte, das Büro ist heute geschlossen.«
»Kriminalpolizei. Wir hätten gern mit Herrn von Stein gesprochen.«
»Polizei? Ich weiß überhaupt nichts, und Herr von Stein ist in London. Mein Gott, das ist kein Büro, das ist ein Wespennest!« Der kleine Mann lief an den beiden Kriminalbeamten vorüber und schlenkerte mit den Händen. »Steht nicht auf dem Flur herum, geht bitte an eure Arbeit, Leute!«
Schirdewahn und Becker liefen ihm hinterher. »Würden Sie uns bitte in diesem Büro einen Verantwortlichen nennen, mit dem wir sprechen können?«
»Einen Verantwortlichen?« Der kleine Mann stieß ein verzweifeltes Gelächter aus und ließ sich in den Stuhl von Frau Lorenzen fallen. »Sehen Sie, ich bin nur die Vertretung von Herrn Kirch. Kampnagel mein Name, Professor Kampnagel aus Geesthacht. Und hier müsste eigentlich Frau Lorenzen sitzen, seine Sekretärin. Aber sie liegt im Erste-Hilfe-Raum und ist nicht ansprechbar.«
Schirdewahn nickte mitfühlend. »Dann wissen Sie es also schon?«
»Oh, es stand ja heute Morgen in der Zeitung. Wer weiß es nicht?« Schnaufend erhob er sich. »Tragik oder Skandal, das ist hier die Frage, und mir sagt man, ich solle einen kranken Kollegen vertreten.« Müde, als laste die Misere allein auf seinen Schultern, schlurfte er in Kirchs Büro. »Kommen Sie, meine Herren. Wir können uns hier unterhalten.«
Kampnagel erwies sich allerdings als völlig unbrauchbar, er wusste von nichts, und Schirdewahn sagte, er würde sich doch gern mit Frau
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