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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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ich schon seit sechs Wochen nicht mehr geschlafen und seit zwei Jahren keinen Urlaub mehr gemacht? Sieh mal, Alexander, ich habe auch noch ein Privatleben?«
    »Ich sage es ihm täglich«, beteuerte Joachim und hob die Hand wie zum Schwur. »Schade, dass meine Chance in Russland jetzt zu einem Ehekrach ausartet.«
    »Ja, Mist!«, stimmte Monika zu. Sie sah Joachim an. »Iss doch, die Scampis werden kalt. Na ja!« Sie zuckte die Schultern. »Ich werde Sardinien für August umbuchen.«
    »Du bist ein Schatz!« Joachim schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln und wusste, dass er heute Abend mit Monika schlafen musste. Vielleicht auch schlafen wollte? Das würde sich finden. Joachim sprach dem Weißwein zu und schloss kurz die Augen. Andere hätten jetzt stundenlang gemault. Sie hat etwas Besseres als mich verdient. Nur nicht darüber nachdenken. Er strahlte sie wieder an. »Stoßen wir auf Russland an?«, fragte er.
    Sie nickte. »Na sdorowje!«

7
    »Wer ist denn das? Kennst du den?« Stephan Fiedler lehnte sich kurz gegen die Kuchenvitrine im ›Cosima‹, die Blicke der Männer an den Kontakttischen im Rücken, und warf einen Blick nach hinten zu dem gut aussehenden Dunkelhaarigen, der scheinbar angeregt in einer Zeitschrift las.
    Toni zupfte an seinem kleinen Ring über der Augenbraue. »Er heißt Sascha, mehr weiß ich nicht von ihm. Ist immer allein. Manchmal glaube ich, der kommt nur zum Lesen her. Ist aber sehr spendabel mit dem Trinkgeld.«
    »Lohnt es sich, ihn anzusprechen?«
    »Versuchen kannst du es ja. Was nimmst du heute? Wieder Ananastorte?«
    Stephan fuhr sich über sein langes Haar, das er zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Er war neunundzwanzig Jahre alt, einszweiundachtzig groß, blond, gut gebaut und besaß einen Gayshop in der Talstraße. Hinten durch gab es noch ein Kino und einen Darkroom.
    Seine feste Beziehung war gerade ausgezogen, aber Stephan machte sich keine Sorgen um den Nachwuchs. »Bring mir eine Pimmelschnitte. Das hilft vielleicht.«
    »Hast du doch nicht nötig«, murmelte Toni.
    Stephan schlenderte auf den jungen Mann hinter der Zeitung zu. »Ist hier noch ein Platz frei?« Stephan bemühte sich um eine tiefere Oktave.
    Hinter dem Rand der Zeitung hoben sich schwarze Augen so samten, dass Stephan ganz warm ums Herz wurde. »Ja, bitte sehr.«
    Stephan schielte auf das Getränk, offensichtlich ein Gin Tonic. Das halblange Haar des Mannes war fransig geschnitten, im rechten Ohr trug er einen silbernen Ohrring. Die Armbanduhr war fast zu breit für das schmale Handgelenk, das weit geschnittene Hemd verriet nicht viel, doch die Jeans saßen hauteng, die Wölbung war so ausgeprägt, wie sie sein sollte.
    Die Zierlichen haben die Dicksten
, dachte Stephan,
das bestätigt sich immer wieder. Mein Gott, was für ein Goldfisch! Muss der einen zuckersüßen Arsch haben!
»Dich habe ich hier noch nie gesehen. Bist du aus der Gegend?«
    Sein Gegenüber ließ die Zeitung sinken. »Nein. Aber ich arbeite hier in der Nähe.«
    »Hallo. Ich bin der Stephan. Ich bin öfters hier. Und du bist Sascha, hat mir Toni gesagt?«
    »Ja.«
    Toni brachte Kaffee und Kuchen, geräuschvoll stellte er die Schokoladentorte mit dem aufgepflanzten Schokoladenpenis vor Stephan ab. »Guten Appetit!«, grinste er und zwinkerte ihm zu.
    »Den wünsche ich auch«, lächelte Barbara.
    Stephan schob sich das süße Kunstwerk langsam in den Mund, lutschte und sah Barbara dabei in die Augen.
    Sie nahm einen langen Schluck. »Netter Gag, nicht wahr?«
    Stephan ließ alles in seinem Mund verschwinden, schmatzte vernehmlich und spülte alles mit Kaffee hinunter. »Hast du heute schon etwas vor, Sascha?«
    Die schmalen, etwas knochigen Finger verkrampften sich am Glas, aber Barbaras Miene blieb ausdruckslos freundlich. »Nichts Besonderes.«
    »Wir könnten ins ›Blue Velvet‹ gehen, was meinst du?«
    »›Blue Velvet‹? Ist das ein Café?«
    »Eine Bar. Lauter nette Jungs. Ich kenne den Besitzer. Sag mal …« Stephan lächelte milde: »– das ›Blue Velvet‹ kennt doch fast jeder. Du bist noch nicht so lange in der Stadt, was?«
    »Ich bin erst kürzlich nach Hamburg gezogen.«
    Eine angenehme Stimme, und dieser kühle, verträumte, herbe, weibliche – ja, was denn nur? Dieser rätselhafte Gesichtsausdruck! Unschuldig? Unerfahren? Auf jeden Fall sehr reizvoll. »Dann kennst du die Szene hier überhaupt nicht?«, fragte Stephan hoffnungsvoll. »Ich bin ein prima Fremdenführer.« Dabei verlagerte er seinen Oberschenkel

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