Der Duft des Anderen
andere kochte er nie, für sich selbst hin und wieder etwas Schnelles.
Alexander war der Besucher durch die Sprechanlage angekündigt worden. Er erhob sich, die Haustür hatte er bereits aufgeschlossen. Joachim kam herein, und sie umarmten sich wortlos und lange. Es war selten, dass Joachim Alexander zu Hause besuchen konnte, und dass sie eine Woche für sich hatten, war ein Traum.
Joachim stellte seine Dokumententasche auf der Garderobe ab und damit auch alles Dienstliche. Bis morgen um neun Uhr im Büro gab es keine Firma, keine Kongresse, keine Besprechungen, keine Gutachten. Es gab nur sie beide und eine begrenzte Zeit, die man nutzen musste.
Alexander trug nichts außer einem dunkelgrünen Hausmantel, keine Schuhe, keinen Schmuck und auch nichts darunter. Während Joachim im Bad verschwand, legte ihm Alexander einen von seinen eigenen Hausmänteln heraus. Es verstand sich von selbst, dass auch Joachim nichts mehr am Leibe trug, als er aus dem Bad kam und in den Mantel schlüpfte.
Sie kuschelten auf dem Sofa, tauschten Küsse, vergewisserten sich, wie der andere sich unter dem Hausmantel anfühlte, tranken ein, zwei Gläser, tauschten wieder Küsse, fummelten unter den Mänteln, bis diese unter ihren stürmischen Angriffen von den Schultern rutschten, versuchten neckisch ihre Blößen zu bedecken, rollten dabei vom Sofa auf den flauschigen Teppich, verloren ihre Mäntel dabei vollständig und führten einen kleinen Ringkampf auf, bei dem Joachim Sieger blieb, vielleicht, weil Alexander es so wollte. Aber das spielte weiter keine Rolle, im Laufe des Abends würden sie noch mehrere Gefechte mit wechselnden Geschicken austragen.
Irgendwann hatten sie es auf unerfindliche Weise ins Schlafzimmer geschafft, um das tolle Wasserbett auszuprobieren, dann folgte ein Hasch-Mich-Fang-Mich-Spiel durch die ganze Wohnung, das in der Küche auf dem Fußboden endete. Es schien, als müsse einfach jeder Quadratzentimeter durch ihre Leidenschaft geweiht werden. Kein Gegenstand, der nicht von ihrer heißen, nackten Haut berührt worden wäre, der nicht Erinnerungen eingefangen hätte an ihre Liebe.
Dann war es Zeit zum Essen. Danach wartete eine lange Nacht, Gelegenheit für die etwas deftigeren Sachen, die besonders Alexander schätzte, vielleicht, weil er sich sonst stets disziplinieren musste.
Korrekt angezogen, wie es sich für Geschäftsleute gehörte, die abends speisen gingen, betraten sie ein nobles Restaurant an den Landungsbrücken, wo Alexander einen Tisch reserviert hatte. Joachim ließ seinen Blick über die Lichter des Hafens schweifen. »Wie war es im Club?«, fragte er süffisant.
Alexander lächelte stillschweigend, wartete, bis der Ober kam und sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, dann sagte er: »Ich bin hinter Saschas Geheimnis gekommen. Du errätst nie, was es ist.«
»Sascha ist ein palästinensischer Terrorist.«
»Schlimmer.« Alexander lächelte immer noch.
»Na, sag schon, was es ist. Es muss dich unheimlich amüsiert haben.«
»Sascha ist eine Frau, die sich als Mann verkleidet hat.«
»Nein!« Joachim schlug sich auf die Schenkel. »Darauf wäre ich wirklich nie gekommen. Wie hast du es gemerkt?«
Alexander berichtete. Zwischendurch wurden Lachsscheibchen serviert. »Das arme Ding«, schüttelte Joachim den Kopf. »Das muss ihr ganz schön zugesetzt haben, als ihre Tarnung aufflog. Hast du sie gefragt, weshalb sie das getan hat?«
Alexander hob die Augenbrauen. »Ist das von Belang?«
»Eine Spionin vielleicht?«
»Also wirklich.« Alexander schüttelte den Kopf. »Dazu hätten sie keine Frau bemühen müssen. Nein, nein, Luigi sagt, dass dieser Sascha – nennen wir sie mal so –, dass sich dieser Sascha auch in anderen schwulen Kreisen bewegte. Die war nicht ganz richtig im Kopf, verstehst du?« Alexander deutete an die Stirn. »Spielt Charleys Tante verkehrt herum und wozu? Die hätte doch an jedem Finger zehn Heteros haben können.«
»Ja wozu?«, wiederholte Joachim nachdenklich. »Du hättest sie eben fragen sollen.«
»Transsexuell ist sie, sagte dieser – äh – Dieter. Ein anderes Wort für geistesgestört, wenn du mich fragst.«
»Keineswegs, Alex. Das ist ein medizinisch anerkannter Fachausdruck für …«
»… für Geistesgestörte«, fiel Alexander ihm ins Wort.
»Stell dich doch nicht so impertinent dumm, wenn es um Frauen geht. Ein Transsexueller ist ein Mensch im falschen Körper.«
»Und was ist das Ergebnis?«, beharrte Alexander. »Eine gestörte
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