Der Duft des Blutes
ausbüxen, doch das hat nicht ganz geklappt. Die blauen Jungs haben vor zwei Stunden eine Leiche bei der Ellerholzschleuse herausgefischt, deren Tauchanzug mit dem Lösegeld gepolstert war."
„Was ist mit ihm passiert?", fragte Sabine.
Hauptkommissar Ohlendorf zuckte die Schultern. „Das muss die Obduktion herausfinden. So wie es aussieht, ist er verblutet oder ertrunken. Er hatte eine klaffende Wunde am Hals. Vielleicht ist er einem Boot zu nahe gekommen."
Die Kommissarin schloss die Augen. Da war etwas, an das sie sich unbedingt erinnern musste. Ein dunkler Schatten huschte durch ihr Gedächtnis, doch sie konnte ihn nicht festhalten. Thomas' eindringliche Stimme rief sie wieder zurück.
„Sabine, denk nach, waren es mehr als zwei?"
Sie blinzelte und verzog gequält das Gesicht. „Ich kann mich nicht erinnern. Vielleicht fällt mir später noch etwas ein."
„Und noch etwas Interessantes...", begann der Hauptkommissar, doch da ging die Tür auf, und der Arzt erschien mit einer Schwester im Schlepptau. Er schüttelte den Männern die Hand, bat sie dann jedoch zu gehen.
„Wie lange wird Frau Berner hierbleiben müssen?", fragte Hauptkommissar Ohlendorf.
„Genau kann ich es noch nicht sagen. Sie hat Quetschungen am Hals und eine leichte Gehirnerschütterung. Ein paar Tage müssen Sie schon auf Ihre Kollegin verzichten."
Die Krankenschwester lächelte verbindlich und schob die Männer dann zur Tür hinaus.
Als der Arzt sie allein gelassen und die Schwester ihr Tee und ein wenig Suppe aufgenötigt hatte, schlief Sabine erschöpft ein. Immer wieder schwebte der Schatten durch ihre Träume. Sie griff nach ihm, doch er schlüpfte ihr durch die Finger. Dann war es ihr, als öffne sich die Tür. Ein Mann kam herein. Rote Rosen regneten auf Sabine herab, bis die weiße Bettdecke ganz unter den blutig roten Blüten verschwand. Sie sah Björns Gesicht über sich schweben. Sein Lächeln, seine Lippen waren ganz nah. Sie konnte seinen Atem spüren, doch ihr Bett fühlte sich so eng und unbequem an. Der süße Rosenduft machte das Atmen schwer. Mit Schrecken bemerkte sie, dass sie in einem mit Satin ausgeschlagenen Sarg lag. Zwei große Hände umspannten ihren Hals. Sabine versuchte sich zu wehren, öffnete die Lippen zu einem Schrei, doch nur ein heiseres Röcheln kam aus ihrem Mund. Sie fiel in die Tiefe und dachte schon, nun sei es zu Ende, da drang kühle Luft in ihre Lungen. Gierig sog Sabine die Luft ein, der Brustkorb spannte sich. Da legte sich eine eiskalte Hand auf die ihre und streichelte sie sanft. Sabines Finger tasteten nach der schmalen, gepflegten Hand und strichen über einen kantigen Ring. Ihre Augenlider flatterten.
„Peter", seufzte sie und warf sich auf die andere Seite. Er war da. Sie konnte ihn ganz deutlich spüren und seine bleiche Gestalt durch die geschlossenen Lider sehen. Wenn sie nur aufwachen könnte. Sie musste mit ihm reden und ihn etwas ganz Wichtiges fragen. Wenn es ihr doch nur wieder einfallen würde, was es war. Sabine versuchte die Augen zu öffnen, doch die bleierne Schwere in ihrem Geist und Körper hielt sie beharrlich im Reich der Träume fest. Ruhelos warf sie sich von einer Seite auf die andere.
Als es ihr endlich gelang, dem Schlaf zu entfliehen und die Augen zu öffnen, drang graues Morgenlicht ins Zimmer. Scheppernde Geräusche auf dem Flur kündigten das Frühstück an.
Er war auf dem Werftgelände gewesen!, fiel es ihr plötzlich wieder ein. Warum? Warum nur?, dachte sie verzweifelt, doch für Tränen war jetzt nicht die rechte Zeit. Entschlossen warf Sabine die Bettdecke zurück und tappte in ihrem unförmigen Nachthemd in den Flur zum Telefon. Sie erwischte Sönke zwischen Dusche und Frühstück.
„Sönke, bist du schon wach?"
„Hm, was gibt's?"
„Hör mir gut zu. Am Dienstag war noch jemand auf dem Werftgelände unterwegs. Es ist mir eben erst wieder eingefallen. Ich habe Peter von Borgo alias Mascheck gesehen!"
„Das ja 'n Ding!"
Am anderen Ende war erst einmal Stille. Die Worte waren heraus, doch die Kommissarin fühlte sich, als habe sie einen Freund verraten und ihm großes Unrecht zugefügt. Aber seine Anwesenheit auf dem Werftgelände ließ nur einen Schluss zu! Viel zu lange hatte sie Rechtfertigungen für sein Verhalten ersonnen.
„Vielleicht findet ihr ihn in seiner Villa am Baurs Park. Ansonsten muss er eine Wohnung in der Nähe der Speicherstadt haben. Leider weiß ich nicht genau, wo. Wenn ihr ihn nicht gleich kriegt, dann soll Thomas
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