Der Duft des Blutes
trüben Licht der Laternen zu Fuß, bis sie vor einem schmiedeeisernen Tor stand.
Zwischen alten Bäumen und verwilderten Büschen verschwand ein gepflasterter Weg in dem parkähnlichen Garten. Rechts und links führte eine Mauer um das Grundstück herum. Sie war nur brusthoch, doch das Buschwerk dahinter so dicht, dass es kaum einen Blick in den Garten gewährte.
Sabine lehnte sich gegen die Metallstäbe und reckte den Hals, um vielleicht doch einen Blick auf das Haus zu erhaschen, als das Tor plötzlich geräuschlos zurückschwang. Erschrocken sah sich Sabine um, konnte jedoch niemanden erkennen. Sie lauschte. Von der Hauptstraße her erklang das Rauschen der Autos, irgendwo bellte ein Hund, doch der Garten vor ihr lag ruhig und verschlafen da. Langsam ging sie weiter. Das rote Kopfsteinpflaster unter ihren Füßen war von Unkraut durchsetzt. Der Weg führte in einem Bogen auf das Haus zu und teilte sich, um eine Rabatte mit kleinen Büschen zu umschließen und sich dann vor der Mahagonihaustür wieder zu treffen. Auf beiden Seiten des gepflasterten Ovals erhoben sich niedrige Nebengebäude.
Ein bleicher Mond hing am sternenüb ersäten Himmel und beleuchtete die weiß verputzte Villa. Zwei schlanke Säulen rechts und links der Eingangstür stützten den mit einem schmiedeeisernen Gitter umkränzten Balkon im ersten Stock. Kein Namensschild, keine Klingel, nur ein altmodischer Bronzeklopfer zierte die Edelholztür.
Sabine verließ den Pfad, um das Haus zu umrunden. Ihre Füße versanken in weichem Gras, gelbe Blätter wirbelten bei jedem Schritt auf. Immer wieder blieb die junge Frau stehen, um zu lauschen, doch nur der Nachtwind flüsterte in den Bäumen. Auf der anderen Seite des Hauses erreichte die Kommissarin eine rechteckige Terrasse, halb geschützt unter dem von vier Säulen getragenen Balkon, der sich über die gesamte Ostseite erstreckte. Auch auf der Terrasse drängte sich Gras durch die Ritzen. Ein runder Tisch und zwei alte Teakholzliegestühle standen nahe der Wand. Die hohen Sprossenfenster sahen dunkel und schweigend auf die Elbe hinaus. Sabine trat näher und presste ihre Nase auf das kalte Glas. Die hellen und dunklen Flächen des Parkettbodens spiegelten das Mondlicht wider. In der Mitte des weitläufigen Raumes stand ein Konzertflügel, hinten an der Wand, zwischen deckenhohen Bücherregalen, erkannte sie ein schmales Sofa mit zierlich geschwungenen Füßen. Ein Lufthauch an ihrem Ohr ließ sie herumfahren. Was war das?
Ein kleines Tier flatterte vorbei. In hektischem Zickzack drehte es eine Runde und verschwand dann im Schatten der aufragenden Baumwipfel. Erstaunt sah Sabine der Fledermaus nach. Gab es hier noch mehr davon? Sie trat auf den Rasen und schritt auf eine Gruppe alter Eichen zu. Ihr Blick wanderte über den sternenbesetzten Himmel, die Scherenschnittsilhouetten der Bäume und Büsche, bis zum schimmernden Band der nächtlichen Elbe hinunter. Ein verschlafenes Tuckern drang vom Wasser her, als ein hell beleuchtetes Fischerboot vorbeizog, ein Netz aus silbernem Mondlicht im Schlepptau.
„Welch ein Anblick!", hauchte ihr jemand ihre eigenen Gedanken ins Ohr. Sabine erschrak so sehr, dass sie nicht einmal einen Schrei ausstieß. Ihr Herz sprang in wilden Triaden, und ihr Atem setzte einfach aus. Es dauerte einige Augenblicke, bis ihr Gehirn begriff, dass nun ein Mann neben ihr im nächtliehen Garten der Blankeneser Villa stand, doch wo er so plötzlich hergekommen war, ohne sich durch ein Geräusch anzukündigen, das ging über ihren Verstand. Er schien ihr tiefes Entsetzen zu spüren, denn er trat zwei Schritte zurück, legte den Kopf schief und hob entschuldigend die Hände.
„Ich habe Sie erschreckt! Das tut mir leid. Sie waren zu sehr in diesen herrlichen Anblick versunken, um meine Schritte zu hören."
Zwei keuchende Atemstöße, dann hatte sich die junge Frau wieder so weit im Griff, dass sie in der Lage war, Sätze zu bilden und auszusprechen.
„Ich glaube, ich sollte mich entschuldigen, dass ich hier einfach eingedrungen bin."
„Ich bitte Sie, nein, ich kann es gut verstehen, dass Sie sich von diesem Ort angezogen fühlen. Ich selbst stehe manche Nächte stundenlang hier und sehe auf das Wasser hinunter."
Sabine ließ die Hand sinken, die sie sich unwillkürlich an die Brust gepresst hatte, und betrachtete den schlanken Mann, der sie einen halben Kopf überragte. Er trug schwarze Jeans und ein graues Hemd mit offen stehendem Kragen. Das Mondlicht umschmeichelte
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