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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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kurz geschnittenes dunkles Haar und ein glattes, ebenmäßiges Gesicht.
    „Ich entschuldige mich trotzdem für meine Neugier." Sie streckte ihm die Rechte entgegen. „Sie sind sicher Herr Mascheck, der Eigentümer dieses herrlichen Stückchens Erde."
    Er ergriff die ihm dargebotene Hand und umfasste sie leicht.
    „Peter von Borgo ist mein Name, und mit wem habe ich das Vergnügen?"
    Sabine schauderte, als sie seine eisige Hand berührte. Kein Wunder, wenn er bei diesen Temperaturen nur im Hemd draußen herumlief.
    „Sabine Berner", stellte sie sich vor und zog die Hand rasch wieder zurück. „Ich habe mich heute mit Ihrer Tante unterhalten", ergänzte sie, obwohl er nicht bestätigt hatte, dass er Peter Mascheck war.
    Der Mann an ihrer Seite lachte leise. Es war ein angenehmes Lachen, das das lauernde Misstrauen der Kommissarin schmelzen ließ.
    „So, so, was hat das liebe Tantchen denn erzählt? Dass ihr Neffe ein bisschen überdreht ist und wie ein Junge Detektiv spielt?"
    Sabine schüttelte den Kopf. „Nein, das hat sie nicht. Doch was meinen Sie mit ,Detektiv spielen'- wenn ich so neugierig fragen darf?"
    Wieder huschte ein seltsames Strahlen über sein Gesicht. „Sie dürfen. Ich arbeite als Privatdetektiv und bin seitdem Peter von Borgo."
    Aber eingetragen bist du nicht, dachte die Kommissarin, gab sich aber überrascht: „Ein Privatdetektiv! Ist Peter von Borgo dann so etwas wie ein Künstlername?"
    Der Vampir lächelte in sich hinein, griff das Spiel jedoch auf und sagte ernst: „Das könnte man sagen, doch ich habe mich schon so daran gewöhnt, dass mir der Name Mascheck nicht recht über die Lippen kommen will. Es liegt vielleicht auch daran, dass ich kein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Peter Mascheck senior hatte. Doch das soll Sie nicht interessieren -sagen Sie einfach Peter, das ist am einfachsten."
    Er spürte, dass er zu weit gegangen war. „Ich muss jetzt gehen, Herr von Borgo, ich habe Sie lange genug aufgehalten."
    Der Vampir hob abwehrend die Hände. „Aber nein, ich lasse mich von niemandem aufhalten. Ich werde jetzt wieder reingehen und ein wenig üben. Sie können gern so lange bleiben, wie Sie möchten, und in Ruhe die Aussicht genießen."
    Vor Erregung zitternd eilte er zum Haus zurück. „Du entgehst mir nicht", flüsterte er, „ich habe dich gerufen, und du wirst mein sein!" Er drückte die großen Glastüren auf, öffnete den Flügel und setzte sich auf den Schemel. Noch immer bebten die weißen, schlanken Finger vor Spannung.
    „Nun hör gut zu, mein Liebchen, was ich dir zu sagen habe." Die Hände hoben sich, verharrten einen Augenblick reglos in der Luft und fielen dann auf die elfenbeinfarbenen Tasten nieder.
    Peter von Borgo war so schnell in der Nacht verschwunden, dass sich Sabine erstaunt um ihre eigene Achse drehte, doch er war nirgends zu entdecken. Keine Schritte, keine raschelnden Blätter, er war einfach weg. Die junge Frau schauderte. Ihr unfreiwilliger nächtlicher Ausflug in die Wälder am Schnaakenmoor kam ihr wieder in den Sinn. Eilig machte sich die Kommissarin auf den Rückweg.
    Im Haus flammte Licht auf und flutete golden über die Terrasse, dann drangen die ersten Töne an Sabines Ohr. Lauschend blieb sie stehen. Erst erhoben sich schlanke, flinke Läufe, dann schwoll der Klang an, und die Akkorde verdichteten sich zu einem Choral, nur um kurz darauf wieder zurückzugleiten und im leichtfüßigen Tanz einer Elfe im nächtlichen Wald zu enden.
    Angezogen vom wogenden Rausch der Klänge, trat Sabine näher, bis der Lichtschein sie erfasste und sie einen Blick auf den seltsamen Mann werfen konnte, der in sich versunken am Flügel saß und dessen Finger wie entfesselt über die Tasten rauschten.
    Üben!, dachte Sabine und schüttelte fassungslos den Kopf. Auf den Liegestühlen lagen nun weiche Kissen, und obwohl ihr Verstand ihr streng befahl, diesen Ort sofort zu verlassen, ließ sie sich verzückt auf die weichen Polster sinken und lauschte der gewaltigen Musik. Der herrliche Sternenhimmel über ihr, die zauberhafte Aussicht auf die nächtliche Elbe bis hinüber ins Alte Land und dann diese Klänge! Die Gedanken flössen immer langsamer, bis sie erstarrten und sich den Träumen ergaben, die wie feiner Nebel um sie herum aufstiegen.
    Plötzlich schreckte sie hoch. Die Musik war verklungen, doch der Sternenhimmel über ihr war noch da. Es war kalt geworden. Fröstelnd richtete sich Sabine auf. Peter von Borgo hatte auf dem zweiten Liegestuhl Platz

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