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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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abwehrend vor der Brust.
    „Das glaube ich Ihnen. Ich möchte ja nur wissen, ob Sie sie angesehen haben und sie mir beschreiben können."
    Nadine zögerte einen Moment. „Na ja, einen Blick habe ich schon draufgeworfen. Es waren Bilder von Ronja, wie im Playboy oder so."
    „Also erotische Bilder?"
    „Ja, sie hatte ein schwarzes Tülltuch um die Hüfte und ein rotes um den Hals. Es waren auch Bilder mit Fesseln und so."
    In Sabines Kopf läuteten Alarmglocken. „Bitte beschreiben Sie die Fotos so genau wie möglich. Jede Einzelheit ist wichtig!"
    Nadine stülpte die Lippe vor. „Also, bei einem lag sie auf dem Bett, die Beine und Arme an die Kerzenleuchter gefesselt. Dann mal auf dem Boden, die Tücher und das Haar um sie herum ausgebreitet."
    „Nadine, kann es sein, dass Ronja schon tot war, als diese Bilder gemacht wurden?", fragte die Kommissarin behutsam.
    Die junge Frau überlegte. „Nee, das sah nicht so aus, außerdem hat sie schon vorher solche Fotos machen lassen. Was ich gar nicht verstehe, ist, dass sie zugelassen hat, dass der Typ auch Bilder von der Kleinen macht. Also, wenn ich eine Tochter hätte, würde ich das nicht erlauben!"
    „Was für Bilder?", fragte die Kommissarin, in deren Magen sich ein ungutes Gefühl ausbreitete.
    „Nacktbilder halt. Vor einer Weile -das muss im September gewesen sein -, da hab ich zufällig zwei Fotos von Lilly gesehen, so mit breiten Beinen. Nur ein hellblaues Tuch hatte Lilly um den Hals und ihren Stoffhasen in der Hand."
    Sabine verzichtete darauf, Nadine zu fragen, warum sie nicht schon früher von den Fotos erzählt hatte. Mit müden Schritten verließ die Kommissarin mit Ingrid Kynaß das Krankenhaus.
    „Und nun? Du siehst aus, als könntest du was zwischen den Zähnen gebrauchen", sagte Ingrid und hakte sich bei Sabine unter.
    „Das Kind ist missbraucht worden!", zischte die Kommissarin.
    „Ja, das sehe ich auch so", stimmte ihr Ingrid Kynaß zu, „wenn die Fotos so sind, wie Nadine sie beschrieben hat. Und trotzdem gehen wir jetzt zusammen essen! He, sieh mich nicht so an. Das Kind ist seit mehr als vier Wochen verschwunden, und soweit ich es weiß, habt ihr keine heiße Spur. Es ist fraglich, ob die Kleine überhaupt noch lebt. Vielleicht bringt euch der Hinweis weiter, und ihr könnt das Schwein schnappen!"
    Sabine drückte der Freundin dankbar die Hand. „Du hast ja recht. Eigentlich bin ich inzwischen ganz schön abgebrüht, doch die Fälle, in die Kinder verwickelt sind, gehen mir immer noch an die Nieren."
    Ingrid Kynaß nickte verständnisvoll. „Vor allem wenn es kleine, blonde Mädchen sind." Sie schloss die Türen ihres nagelneuen, quietschgelben Twingos auf und schwang sich auf den Fahrersitz.
    „Also mir wäre jetzt nach einer Fischpfanne mit Bratkartoffeln", verkündete sie, als sie den Wagen vom Parkplatz heruntersteuerte. „Hast du Lust, zum Hafen runterzufahren und im Rive am Kreuzfahrtterminal zu essen?"
    Sabine verzog das Gesicht. „Am Sonntag?"
    „Wir haben November! Ich glaube, wir können es riskieren, ohne von Touristenscharen totgetrampelt zu werden."
    Obwohl das Essen im Restaurant unter dem extravaganten, gläsernen Fährterminal, das wie ein Schiffsrumpf auf dem Gebäude thronte, wie immer kösüich war, stocherte Sabine nur lusüos auf ihrem Teller herum.
    „Kind, iss!", sagte Ingrid streng und traf den Tonfall von Sabines Mutter verblüffend genau.
    „Ja, Mama!", gab die Kommissarin zurück, und endlich spielte ein Lächeln um ihre Lippen. „Verzeih, ich bin heute keine gute Gesellschaft."
    „Ach was!", wehrte die Freundin ab und schob sich die letzten Bratkartoffeln in den Mund. „Und was machen wir jetzt?", fragte sie dann mit etwas aufgesetzter Fröhlichkeit.
    „Ich werde mir daheim noch ein paar Akten vornehmen", seufzte Sabine und trank ihr Glas leer.
    „Nee, nee, das kommt gar nicht in die Tüte", wehrte Ingrid ab. „Wie du heute Morgen so treffend bemerkt hast, ist heute Sonntag, und ich werde dich nun noch ein wenig ablenken." Sie machte ein geheimnisvolles Gesicht. „Warst du schon im Dialog im Dunkeln?"
    Sabine sah die Freundin erst fragend an, doch dann nickte sie langsam. „Du meinst das Blindenprojekt in der Speicherstadt. Ich habe darüber gelesen, war aber noch nicht drin."
    Ingrid legte ein paar Geldscheine auf den Tisch und erhob sich. „Also dann los! Worauf warten wir noch?"
    Sie zerrte Sabine mit sich, ohne auf deren Protest zu achten.
    Der gelbe Kleinwagen schoss die Hafenstraße

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