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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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es erneut kompliziert. Will hatte Mühe, der Handlung zu folgen. Fünf Minuten vor Schluss wurde Russell Crowe von einem Polizisten tödlich getroffen und der Freund zum Krüppel geschossen. Er würde nie wieder gehen können. Nur das Mädchen stieg in ein Flugzeug, das sofort abhob, nachdem sie sich angeschnallt hatte. Während der Schießereien machte Will die Augen zu. Als er sie wieder öffnete, erblickte er Sandra Bullock an einem Palmenstrand vor einem leuchtend blauen Meer. An ihrer Seite sagte ein neuer Mann: »Soll ich uns beiden mal etwas zu trinken holen, Schätzchen?«, und ging weg.
    Das Mädchen wartete, bis er außer Hörweite war, und sagte dann verträumt: »Vermutlich liegt der Schatz immer noch dort, aber leider nicht für mich. Ich kann nie wieder nach Hause…«
     
    Die Lichter gingen an, und Kim stand auf. Will tat es ihr nach. Eigentlich wollte er sie schon fragen, ob sie glaube, der Schatz sei immer noch da. Aber Sandra Bullock hatte es doch gesagt. Sie schien ganz sicher zu sein. Warum konnte sie nicht nach Hause? Vorsichtig versuchte er, daraus schlau zu werden. Weil sie etwas Falsches getan hatte, etwas, das so falsch war, dass die Polizei die zwei Männer erschossen hatte, die daran beteiligt gewesen waren. Und wenn sie nun zurückkäme, würde man auch sie erschießen. War es so? So musste es sein.
    »Ich bin am Verhungern«, meinte Kim. »Dieses Popcorn macht einen nicht satt, oder? Es ist so leicht.«
    Vor Aufregung hatte Will restlos den Appetit verloren, aber vielleicht bekäme er ja beim Anblick von Essen wieder Hunger. Im Kinokomplex gab es Cafés. In eines davon gingen sie und setzten sich an einen Tisch mit Blick auf die Finchley Road. Kim bestellte eine Pizza, Will ein Omelette mit Pommes. Pizza hatte er schon zum Mittagessen gehabt, wie er Kim mitteilte. Mit dem Bestellen war er vertraut. Manchmal ging er mittags essen, wenn er mit Keith in der Nähe eines Restaurants arbeitete. Zum Essen gab es noch mal Cola für beide. Kim redete über den Film, während Will in Gedanken versunken war. Irgendwie wusste er, dass er nicht unbedingt zuhören musste, dass es ausreichte, ab und zu »Ja« und »Nein« und »Richtig« zu sagen.
    Der Schatz musste noch dort sein. Das hatte Sandra Bullock gesagt, und sie musste es wissen. Russell Crowe konnte nicht wieder hin und ihn ausgraben. Er war tot, und der andere Mann konnte es nicht, weil er nicht gehen konnte, nie mehr. Der Schatz musste also immer noch dort sein. Aber wo? Irgendwo, wo es eine Sixth Avenue gab.
    »Willst du noch was essen?«, fragte Kim gerade.
    »Gegen ein Eis hätte ich nichts einzuwenden.« Auch das hatte er bereits zum Mittagessen gehabt, aber bei Eiscreme war es ihm egal, wie viel er davon aß und wie oft.
    »Dann nehmen wir beide eines. Schokolade?«
    »Schokolade mag ich am liebsten«, sagte Will glücklich.
    »Ich auch, ist meine Lieblingssorte. Ist das nicht lustig, dass wir beide am liebsten Schokoeis essen?«
    Will lachte laut. Das war wirklich lustig. Zusätzlich zu ihrer gemeinsamen Lieblingseissorte stellte sich heraus, dass beide Kaffee nicht ausstehen konnten und dafür liebend gern eine schöne Tasse Tee tranken. Also das hatten sie auch gemeinsam. Ihm fiel auf, dass die Veilchen in ihrem Knopfloch immer noch ganz frisch wirkten. Sie bemerkte seinen Blick.
    »Wenn ich daheim bin, stelle ich sie sofort ins Wasser.«
    Will bezahlte die Rechnung. Sie erbot sich, die Hälfte zu übernehmen, aber er meinte, nein, er würde zahlen, genau wie Becky, die auch immer sagte, dass sie das übernehmen würde.
    Beim Hinausgehen las sie die Überschrift in einer Abendausgabe, die jemand gekauft hatte. »Wachsende Angst um das vermisste Mädchen. Die Mutter sagt:« Ich bin am Boden zerstört. »Bin ich froh, Will, dass ich dich bei mir habe. Allein würde ich mich zu Tode fürchten.«
    Diesmal nahm er ihre Hand. »Du kommst schon klar«, sagte er, allerdings ganz automatisch. Etwas Ähnliches hatte Inez von sich gesagt. In Gedanken war er bei dem Film und grübelte darüber nach, wo wohl die Sixth Avenue sein könnte.
    Kim fuhr ihn nach Hause. »Vielen Dank, dass du mitgekommen bist«, sagte er höflich, wie es ihm Becky beigebracht hatte. Vielen Dank für deine Gastfreundschaft, vielen Dank für den Tee, vielen Dank für dein Kommen …
    Sie küsste ihn auf die Wange, verriegelte sämtliche Türen am Van und fuhr los. Will ging nach oben. Wie konnte er herausfinden, wo die Sixth Avenue lag?

5
    An der Rückseite von »Star

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