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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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unglaublich weit fortgetragen. Oscar und Ira waren wahrscheinlich immer noch dort draußen, liefen immer noch Gefahr, vielleicht in ein anderes Loch zu fallen. Sie hatte Glück gehabt, dass Wasser am unteren Ende des Schachts gewesen war. Der Fluch des Umandu wirkte sich immer wieder selbst entgegen. Einem Unglück folgte ein Glücksfall. Sie starrte auf die Salztonebene und hielt Ausschau nach ihren Begleitern.
    Der Fluch des Umandu schien gar kein Fluch zu sein. Er kam ihr mehr wie eine Herausforderung vor. Jedem Pech – das Sinken der Christina, McGreenery, der in Melbourne eingelaufen war, die Gebrüder Hesky und die Explosion der Juggernaut und selbst ihr Sturz in die unterirdische Todesfalle – folgte ein Glücksfall. Die Londoner hatte sie gerettet, Ira war erschienen, um McGreenerys Schiff in die Luft zu jagen, sie und Oscar hatten die Explosion der Juggernaut auf wundersame Weise überlebt, und jetzt hatte sie der niedrige Wasserstand unter der Erde gerettet. Es schien, als bestünde die Herausforderung des Umandus darin zu wissen, was man mit den Glücksfällen anstellte.
    Der Sonnenuntergang brachte kein Zeichen von Oscar oder Ira. Das Weiß der Salztonebene zwang Camille zu einer Entscheidung: Zu versuchen, ihre Gefährten zu finden, oder sich landeinwärts zu bewegen, um zu versuchen, den Stein zu finden. Die Karte war immer noch in Oscars Tasche, begriff sie mit einem Anflug von Mutlosigkeit. Sie beschwor ein Bild der Karte in ihrem Geist herauf und versuchte, sich an all die Zeichnungen zu erinnern. Dann dachte sie an die Worte, die nur sie hatte sehen können. An die Inschrift, die ihr gesagt hatte, dass nur die Würdigen in der Lage sein würden, den Umandu zu sehen. Wie konnte McGreenery des Steins würdig sein? Aber vielleicht war die würdige Person einfach diejenige, die den Stein als Erste fand. Camille knirschte frustriert mit den Zähnen.
    Das Nächste, woran sie sich erinnerte, waren die beiden Dreiecke, die an einer Grundlinie aufeinanderstießen und einen Rhombus bildeten. Was es bedeutete, vermochte sie nicht zu sagen, aber die nächste Abbildung, die sie heraufbeschwor, ergab sehr wohl einen Sinn – die bogenförmigen Eingänge und Reißzähne. McGreenery hatte gesagt, dass in Höhlen lebende Bestien den Stein beschützten. Sie hatte nichts, womit sie eine Bestie mit solchen Reißzähnen abwehren konnte, und es würde bald dunkel werden. Sie würde ein Feuer brauchen, bevor die kühle Nacht anbrach und sie in ihrem nassen Kleid erfror. Oder würden die Flammen nur die Bestien anlocken?
    Ohne Antworten kletterte Camille den Baum hinunter, wobei sich ihre Wollstrümpfe in den rauen Zweigen verfingen. Ihr Vater hätte sie in diesem Moment ausgelacht und wahrscheinlich gedacht, dass sie irgendeinen Grund erfunden hatte, um wieder barfuß zu laufen. Wie sehr sie sein Lachen geliebt hatte.
    Der Wald war eine Mischung aus belaubten Zweigen, Moosen und Flechten und harzigen Kiefern. Kniehohe Farne bedeckten den Boden, zusammen mit verrotteten, umgestürzten Bäumen und Schösslingen. Der Geruch von fruchtbarer Erde intensivierte sich, als sich Dunkelheit über den Wald legte. Die Vorstellung einer Nacht, die sie mitten in einem unheimlichen Wald verbringen musste, in dem gefährliche Bestien lauerten, weckte in Camille die Sehnsucht nach der relativen Sicherheit der Baumwipfel. Andererseits konnten die Bestien vielleicht klettern.
    Eine Eule schrie in den Bäumen über ihr. Grillen zirpten eine laute, schrille Melodie. Davon abgesehen war der Wald still. Camille räusperte sich und begann das Lied zu summen, das Ira ihnen eines Nachts auf dem Hochlandpfad vorgesungen hatte. Das war der Tag gewesen, an dem Oscar zugegeben hatte, dass er zu ihr gerudert war statt zu ihrem Vater. Sie hätte es schon damals wissen müssen. Er liebte sie. Ihre Haut prickelte und sie beschleunigte ihren Schritt. Fast so sehr wie sie den Stein begehrte, musste sie Oscar finden und ihm sagen, wie leid es ihr tat, wie dumm sie gewesen war.
    » Hey, ihr Bushranger, kommt herbei! «
    Camille stieg von einem Felsen und landete mitten auf einem Fußweg.
    »Hurra!«, rief sie, und ihre Stimme scheuchte einen Schwarm gelber Vögel aus einem Busch neben ihr auf. Schummrige Schatten umhüllten beide Richtungen des Sandwegs, während Camille sich mühte, ihren inneren Kompass zu finden. Sie dachte daran, in welcher Richtung die Salztonebene gelegen hatte, in welcher Richtung sie in den Wald gegangen war, aber sie wusste immer

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