Der Duft des Meeres
der schwabbelige alte Witwer mit einer Horde von Kindern – sie heiraten wollen.
»Ich werde kein Wort sagen«, versprach sie, während sie an all das dachte, wofür ihr Vater gearbeitet hatte, an all das, was er getan hatte, um die Reederei, die ihm so sehr am Herzen lag, aufzubauen. Und um seiner Tochter, die er genug liebte, um sich demütigenderweise auf einen einundzwanzig Jahre alten Mann zu stützen, ein gutes, angenehmes Leben zu ermöglichen.
Sie nahm schnell einen großen Schluck von ihrem Getränk und schob sich einen weiteren Bissen Tintenfisch in den Mund. Den Rest des Abendessens verbrachten sie schweigend im Licht von Fackeln, begleitet vom Schlagen der Trommeln und den Klängen der Flöten, während die Insulaner zusammen mit Mitgliedern der Mannschaft, die ihre Becher einmal zu oft gefüllt hatten, tanzten. Camille gab sich alle Mühe, ein weiteres Gespräch mit ihrem Vater zu vermeiden, und sie bemerkte erst, dass er sich von seinem Stuhl erhoben hatte, als er mit den Armen wedelte. Er stieß einen Pfiff aus, um die Mannschaft und ihren Gesang zum Schweigen zu bringen.
»Ich bin froh, dass ihr euch alle amüsiert – und den Rum genießt«, fügte ihr Vater hinzu. Die Männer johlten, hoben ihre Becher, um auf ihn zu trinken, dann prosteten sie sich gegenseitig zu. Becher schlugen aneinander, dunkler Rum schwappte über die Ränder auf Hände und Handgelenke, während die Männer einander ächzend unzusammenhängende Dinge zuriefen. Sobald sie verstummt waren, fuhr ihr Vater fort.
»Ich habe eine Ankündigung zu machen. Die Christina wird nicht direkt nach San Francisco zurückkehren, nachdem das Geschäft in Sydney abgewickelt ist.«
Die Männer wandten ihre geröteten Gesichter ihrem Kapitän zu, und einige hielten sogar mitten im Schluck inne. Camille überdachte ihren verlängerten Aufenthalt in Sydney und hoffte, dass sie und ihr Vater wieder zueinanderfinden würden, während sie dort waren. Wie hatte er seinen finanziellen Ruin vor ihr verheimlichen können? Wenn sie mehr Zeit zusammen verbracht hätten, wenn sie sich eine Aufführung im Royal Victoria Theatre angesehen oder auf den Märkten eingekauft hätten, oder wenn sie einfach Arm in Arm durch den Hyde Park geschlendert wären … vielleicht war ein wenig Zeit allein alles, was sie brauchten, damit ihr Vater begriff, dass er sich wirklich auf sie verlassen konnte .
William räusperte sich, um fortzufahren.
»Stattdessen werden wir Kurs auf Port Adelaide nehmen. Ich weiß, dass ist nicht das, was vorher angekündigt wurde, und ich entschuldige mich dafür.«
Camille, die die Beine übereinandergeschlagen hatte, richtete sich auf, als seine Worte durch ihre Bilder von ihrem Urlaub in Sydney sickerten. Port Adelaide? Er hatte kein Wort über Port Adelaide gesagt.
»Ich bin ein gerechter Kapitän, und so werde ich jeden von euch aus seinem Vertrag entlassen, solltet ihr nicht den Wunsch haben, zusätzliche zwei Monate an Bord der Christina zu verbringen. Übermorgen wird ein Schiff von hier nach San Francisco auslaufen, hat man mir gesagt. Wer von euch morgen früh noch an Deck ist, wird jedoch eine großzügige Vorauszahlung erhalten. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend.«
Die Männer schauten einander an und ihre Blicke spiegelten ihre Verwirrung und Unentschlossenheit wider. Enttäuschung hinterließ einen sauren Geschmack in Camilles Mund, als die Männer zu murren begannen. Diese Ausdehnung der Reise schien nichts mit dem Wunsch ihres Vaters zu tun zu haben, Zeit mit ihr zu verbringen.
»Was hast du vor?«, fragte sie und folgte ihm, während er sich duckte, um aus der Zeltöffnung zu treten, die Männer ihrem Rum und ihren Entscheidungen überließ. »Ich dachte, du hättest gesagt, wir wollten unseren Aufenthalt in Sydney verlängern.«
Es war beschwerlich, durch den weichen Sand zu gehen, und ihr Vater hatte sein Tempo beschleunigt. Sie schnürte schnell ihre Stiefel auf, zog sie aus und eilte ihm dann nach.
»Ich habe gesagt, es würde eine Verlängerung in Australien sein«, erwiderte er, immer noch auf dem Weg zu den am Strand liegenden Beibooten. Kühler, weißer Sand füllte die Zwischenräume zwischen ihren Zehen, als sie seinen Arm ergriff.
»Aber warum hast du es mir verschwiegen? Ich bin deine Tochter, kein Mitglied deiner Mannschaft.«
Kräftige, warme Winde kamen vom Ozean herüber und wiegten die Wipfel der Palmen, die den Strand säumten. Das von der Sonne gesträhnte rötliche Haar ihres Vaters
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