Der Duft des Meeres
schlagen mit den Zügeln, um loszufahren. Wenn Sie nach links abbiegen wollen, ziehen Sie an dem linken Zügel. Nach rechts, und Sie ziehen am rechten Zügel. Und um stehen zu bleiben, ziehen Sie beide Zügel zurück.«
Oscar stieg auf sein Pferd und wandte sich an Ira. »Und Sie sind sich sicher, dass Sie wissen, wie man dort hinkommt?«
Ira tat die Frage mit einem Achselzucken ab. »Natürlich, mein Freund. Ich habe genau hier eine Karte.« Er tippte sich an die Stirn. Oscar verzog das Gesicht.
»Haben Sie auch etwas, das wir uns ansehen könnten? Wie eine Karte und einen Kompass?«
»Wofür halten Sie mich, für einen Vollidioten? Natürlich habe ich eine Karte und einen Kompass.« Er tätschelte die Brusttasche seiner Jacke, um sie wissen zu lassen, wo er die Sachen aufbewahrte. Camille schlug mit den Zügeln, und die Wagenräder knarrten und drehten sich, wobei sie leicht in den Schlamm einsanken, als sie hinter der Schmiede hervorfuhren.
Im Hafen zog die angesengte Seite von McGreenerys Schiff, das ins Trockendock gebracht worden war, eine große Menge Zuschauer an, die dankenswerterweise den Blick zur Straße hin versperrte. So wie die ausgebrannte Schiffsmitte der Tarnkappe aussah, würden die Reparaturen mehr als zwei Wochen dauern.
Platingraue Wolken verdeckten die Sonne, und Camille ließ den Hut, den Ira ihr gegeben hatte, auf der Bank liegen. Die Winde legten sich, sobald sie auf eine der Straßen aus Stadt und Hafen hinaus in die feuchte, dicht bewaldete Landschaft fuhren. Oscar ritt hinter dem Wagen und Ira trabte an der Spitze vor ihnen her. Camille atmete die immer weniger salzig riechende Luft ein und kostete sie aus.
Erhöht angelegte einstöckige Häuser schmiegten sich an den Berghang, gebaut aus Bambus und schwankend auf hohen Stelzen. Wasser tropfte von gewaltigen grünen Blättern. Palmen trugen Kokosnüsse, breite, ausgefächerte Wedel und entzückende pelzige Kreaturen huschten bei den Geräuschen ihrer kleinen Karawane davon. Einige Häuser hatten vollkommen eingeebnete Gärten. Die Bäume waren aus der Erde gerissen worden, damit das Vieh grasen konnte. Die Erde sah an manchen Stellen braun und kahl aus, an anderen grün und üppig.
Sobald die Seebrise nachließ, klebte die Feuchtigkeit an Camilles Armen, Hals und Rücken. Selbst ihre Hände tropften vor Schweiß. Die stickige Luft schaffte es kaum ihre Nase hinauf. Camille öffnete die Lippen, um zu atmen, und kämpfte darum, die Augen offen zu halten, während ihr Karren auf dem tunnelartigen Pfad dahinrollte. Sie sehnte sich nach einer kühlenden Brise, von der Art, wie sie sich auf See aufbaute und an Land wehte. Sie hatte sie daheim genossen, wann immer sie auf dem California-Kai gestanden und die Zehen über die Mauer gehalten hatte. Morgens war es immer am angenehmsten, die Brise neu wie der Tag. Eines Morgens war sie zum Kai hinuntergeeilt, verblüfft über den ersten klaren Sonnenaufgang seit Wochen. Sie war elf oder zwölf gewesen, bevor Oscar zu ihnen gekommen war, und sie hatte den Wind wie unsichtbare Finger durch ihr Haar gleiten lassen.
Nichts Bedeutungsvolles ereignete sich an diesem Tag, kein lebensveränderndes Ereignis. Es war einfach ein Morgen auf dem Kai gewesen. Ihr Vater war auf Zehenspitzen hinter ihr hergeschlichen, hatte sie an den Schultern gepackt und so getan, als wolle er sie über den Rand stoßen. Er hatte sie zurückgerissen, weg von dem friedlichen grünen Wasser, und sie festgehalten, einen Arm um ihre Schultern gelegt. Zusammen hatten sie über die Bucht geschaut und waren übereingekommen, dass es kein spektakuläreres Bild gab als das eines Meeres, das bei Tagesanbruch erwachte.
Nachdem sie Stunden durch eine Mischung aus Wald und Weideland gereist waren, ging die Sonne unter, sodass die Luft abkühlen konnte. Die Abenddämmerung kam unter einem stillen Himmel hervor, nur in der Ferne war ein sporadisches Heulen zu hören. Sie hatten auf einer felsigen, baumbestandenen Weide eine Lichtung entdeckt, auf der sich die Überreste eines alten Lagerfeuers befanden, und hatten für die Nacht haltgemacht. Camille schauderte und zog sich eine Decke um die Schultern.
»War das ein Wolf?«, fragte sie Ira, der sich über das Feuer beugte. Der Nachhall des Heulens ging im Knistern des Holzes unter.
»Hier gibt es keine Wölfe. Das sind Dingos«, antwortete er. »Wilde Hunde. Nicht gefährlich, keine Sorge.«
Er sah sie nicht an und sprach zu schnell, sie glaubte ihm nicht. Oscar hatte Ira geholfen,
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