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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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einem weißen Zelt, die Wangen, das Kinn und den Hals bedeckt mit weißer Rasiercreme. Der Barbier ließ die Klinge geschickt über die Kehle des Mannes gleiten, über seinen Adamsapfel und die Wölbung seines Kinns. Im nächsten Zelt glitzerten Zinn und Messingtöpfe, Becher, Teller und Kessel. Das ungekünstelte unternehmerische Flair Bendigos erinnerte sie so sehr an zu Hause. Sie hatte die Hintertür des Gasthauses benutzt, um zur Toilette zu gelangen, aber auf dem Rückweg wollte sie das Gebäude umrunden und durch die Vordertür eintreten. Sie fragte sich, wie das Haus bei Tageslicht aussah und was der Rest der Straße zu bieten hatte.
    Frauen schrubbten schmutzige Kniehosen und lange Unterhosen in Seifenwasser und klatschten den nassen Stoff auf eng bestückte Wäscheleinen. Der Geruch von starkem Kaffee, vermischt mit Zichorienwurzel, wehte ihr aus einem nahen Lager in die Nase. Die Straßen und Gehwege waren überfüllt und jeder war mit irgendetwas beschäftigt oder auf dem Weg zu einem Ziel.
    Camille stieg die erste Stufe zur Veranda des Gasthauses hinauf, stockte aber auf der zweiten. Ein pfeifender Wind in ihren Ohren überraschte sie, und das war der Moment, in dem sie es wieder hörte. Das Singen. Das Trommeln. Undeutliche Worte klangen ihr in den Ohren, harsch und drängend und ganz und gar in ihrem eigenen Kopf. Sie presste die Augen zu und umklammerte das Geländer, davon überzeugt, dass sie den Verstand verlor. Und dann war alles still.
    Als Camille die Augen öffnete, sah sie drei Männer auf der Straße. Sie huschte hinter einen der breiten Pfosten der Veranda, dankbar, dass sie zumindest den grässlichen Schädel nicht wieder gesehen hatte. Sie spähte hinaus und beobachtete, wie die drei Männer, die auf ihren Pferden saßen, mit einigen Goldgräbern sprachen.
    Es waren die drei Reiter vom Vortag, davon war sie überzeugt. Ihre dichten schwarzen Bärte und ihre breiten, fleischigen Schultern waren unmöglich zu vergessen. Sie beobachtete, wie die Goldgräber sich die Wangen kratzten und den Kopf schüttelten. Dann erschien hinter den drei Hünen ein weiteres Pferd mit einem Reiter. Er nahm den Hut ab, breitkrempig wie all die anderen Hüte, und wischte sich mit einem weißen Taschentuch über die Stirn.
    »Lucius«, flüsterte Camille und drückte die Wange gegen den Pfosten. Ihr Flüstern schien über die ganze lange staubige Straße zu dringen, denn sobald er seinen Hut wieder aufgesetzt hatte, wanderte Lucius’ Blick zu ihr.
    Er sah sie, richtete sich höher in seinem Sattel auf und streckte den Arm aus. Camille sah, wie seine Lippen sich bewegten. »Dort!« , sagte er zu seinen Gefährten, und alle drei Männer bemerkten, dass sie sich hinter dem Pfosten versteckte.
    Sie rissen ihre Reittiere herum. Camille floh um das Gebäude zurück, durch die Hintertür hinein und die schmale Treppe hinauf zu dem Flur im ersten Stockwerk. Sie hämmerte gegen die Tür von Zimmer sechs.
    »Oscar!«, rief sie. »Oscar, wach auf!«
    Die Tür wurde aufgerissen. Oscar stand vor ihr, das Hemd nur halb zugeknöpft.
    »Sie sind es. Die drei Reiter von gestern. Lucius ist bei ihnen und sie haben mich gesehen.« Ihre Stimme zitterte, weil sie so schnell nach oben gerannt war. Oskar schloss den letzten Knopf seines Hemds und Ira erschien hinter ihm und wischte sich einen Streifen Rasierschaum von der Wange.
    »Zur Hölle, ich wusste es«, sagte Ira. Er schwang eine Tasche und ein Gewehr über seine Schulter.
    Oscar ergriff das zweite Gewehr. »Was wussten Sie?«
    »Ich wusste, dass ich diese Kerle erkannt habe.«
    Oscar stieß Ira gegen die Brust, als er versuchte, durch die offene Tür zu stürmen. »Wer sind diese Männer?«
    »Hören Sie, es wird eine Zeit kommen, da ich mich hinsetzen und Ihnen mein Herz ausschütten kann, aber diese Zeit ist nicht jetzt. Das sind die Gebrüder Hesky, die uns auf den Fersen sind. Wenn Sie lange genug leben wollen, um Port Adelaide zu sehen, schnappen Sie sich Ihre Sachen und lassen Sie uns die Fliege machen.«
    Oscar gab nach und belud sich mit ihren Vorräten.
    »Auf welchem Weg sind Sie zurück ins Haus gekommen?«, fragte Ira Camille, als sie sich einen der Säcke mit Bohnen auf die Schulter hievte.
    »Durch die Hintertür«, antwortete sie.
    »Dann werden sie dort hingehen. Sie beide gehen zur Vordertür, und ich werde nach hinten rausgehen und versuchen, sie aufzuhalten.«
    Camille hielt Ira am Ärmel fest, als er in den Flur trat. »Nein. Was ist, wenn sie Sie

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