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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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mich mit Andrés und mit Patrick und manchmal auch mit beiden gemeinsam. Warum auch nicht? Aber ich glaube, Ihr Bruder hat das Wort Freund allzu großzügig verwendet.«
    Aber wer ist überhaupt dein Freund, dachte Alice.
    Sie sprach diesen Gedanken nicht aus, denn in ihrem Kopf wuchs schon der nächste Plan heran, wie sie sich ein bisschen weiter durch dieses Dickicht aus Schweigen und scheinbarer Gleichgültigkeit kämpfen konnte.
    »Wo lebt die Familie von diesem Andrés Uk’um?«
    Juan Ramirez blickte auf. Nun sah er tatsächlich überrascht aus.
    »Im Soconusco, einige Meilen von der Hauptstadt Tapachula entfernt. Sie arbeiten für einen anderen Deutschen, Herrn Bernhard, der Andrés einst auch sein Studium finanzierte. Aber falls Sie diesen Leuten einen netten Besuch abstatten wollen, Mademoiselle, so muss ich Sie warnen. Die meisten Indios sprechen nur ihren indianischen Dialekt, kein Wort Spanisch.«
    Alice fühlte ihren neu gewonnenen Enthusiasmus erlahmen, aber sie war entschlossen, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Wenn sie doch nur den gewitzten Julio bei sich haben könnte! Aber vielleicht würde sich in diesem Tapachula ein anderer Indianer finden, der für sie übersetzen könnte.
    »Ihr Schwager bricht doch bald zu seiner Plantage auf, die in der Nähe von Tapachula liegt?«, fragte sie, ohne das Sprachproblem weiter zu kommentieren. Juan Ramirez nickte.
    »Sehr gut. Dann teilen Sie ihm bitte mit, dass ich ihn gern auf dieser Reise begleiten würde. Ich werde gleich alles Nötige packen. So höflich, wie Herr Bohremann ist, wird er mir diesen Wunsch sicher nicht abschlagen.«
    Sie stand auf, lächelte Juan Ramirez an und stieg wieder die Stufen hoch. Mariana trabte hinterher. Wieder war sie froh, wenigstens den Hund als Unterstützung bei sich zu haben.
    Als die Tür hinter ihr zufiel, sank Alice mit einem Seufzer der Erleichterung aufs Bett. Bisher hatte sie Mexiko aufregend, bunt und mitunter auch gefährlich gefunden, doch nun, auf dieser Hazienda, deren Pracht die aller ihr bekannten europäischen Häuser mühelos in den Schatten stellte, empfand sie ihre Umwelt erstmals als regelrecht feindselig, ohne Gründe dafür nennen zu können. Es musste etwas mit Rosarios distanzierter, misstrauischer Art zu tun haben, die auf andere Menschen abfärbte.
    An Mariana gekuschelt, wollte sie noch mal einige Stellen in dem Tagebuch genau durchlesen, als sie ein zaghaftes Klopfen an der Tür vernahm. Sie gab auf Spanisch die Erlaubnis einzutreten, während sie Mariana schnell auf den Boden setzte und selbst eine repräsentable, aufrechte Haltung einnahm. Als die Tür aufging, war sie geradezu erleichtert, Marcellas breites, faltiges Gesicht zu sehen.
    »Die Señora sagt, Sie brauchen vielleicht eine Erfrischung. Und Wasser für Hund.«
    Alice musste beschämt schlucken, obwohl Marcella nicht wissen konnte, wie schlecht sie gerade eben über die fürsorgliche Hausherrin gedacht hatte. Wahrscheinlich wollte Rosario nicht, dass Mariana weiter aus den Kübeln in ihrem prächtigen Patio trank. Doch es war sehr fürsorglich von ihr, Alice mit Pfirsichen und Mangos zu versorgen, ebenso wie mit eisgekühlter Zitronenlimonade in einer bildschönen Kristallkaraffe.
    »Vielen Dank«, sagte sie lächelnd zu der Indio-Frau, die Limonade und Früchte auf dem kleinen Tischchen abstellte, um dann dem Hund Wasser zu geben. In leicht gebückter Haltung huschte Marcella zur Tür.
    »Warte bitte einen Moment!«, rief Alice, einer plötzlichen Eingebung folgend, und zog Patricks Zeichnung aus dem Tagebuch. Für Juan Ramirez war es nur eine von tausend Indias, aber die Leute ihres Volkes vermochten einander sicher besser zu unterscheiden.
    »Hast du dieses Mädchen schon einmal gesehen? Weißt du vielleicht, wo sie jetzt ist?«
    Marcellas Augen huschten nur kurz über das Papier, da wich sie schon einen weiteren Schritt zurück.
    »Ich kenne sie nicht. Ich weiß nichts.«
    Die Tür war zugefallen, bevor Alice ein weiteres Wort sagen konnte. Sie streckte sich niedergeschlagen auf dem Bett aus und griff nach einem Pfirsich, während Mariana lautstark Wasser trank. Dass Dienstboten nicht unbedingt erfreut waren, in persönliche Gespräche verwickelt zu werden, hatte sie bereits im Haus ihres Vaters erlebt. Doch sie kam nicht gegen den Eindruck an, dass Marcella regelrecht verängstigt gewesen war, als sie Patricks Zeichnung gesehen hatte.

Falls die Bohremanns ihren beharrlich geäußerten Wunsch, Hans zu seiner

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