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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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schien der linke Vorderlauf des Hundes am Oberschenkel leicht geschwollen zu sein, als sei Mariana dort verletzt worden. Alice untersuchte die Stelle genauer, konnte jedoch keine offene Wunde feststellen.
    »Was hast du denn angestellt, während ich weg war? Dich kann man ja keinen Tag allein lassen«, murmelte sie und kraulte Mariana zwischen den Ohren. In Gedanken hörte sie Harry lachen. Sich Sorgen um die Verletzungen von Tieren zu machen und mit ihnen zu reden, als wären sie kleine Kinder, sei ein offensichtliches Alarmzeichen, dass eine Frau zur einsamen alten Jungfer zu werden drohe. Sie forderte ihn in Gedanken auf, den Mund zu halten, und machte sich an das Auspacken ihrer Tasche. Dass sie nach der bevorstehenden Beerdigung ihres Bruders wieder nach Veracruz zurückkehren wollte, hatte sie Hans Bohremann bereits auf dem Rückweg mitgeteilt, und er hatte mit der ihm eigenen Höflichkeit versichert, eine möglichst komfortable Reise für sie zu arrangieren. Lange würde sie hier nicht mehr bleiben. Der Raum war in ihrem Bewusstsein bereits unpersönlich wie ein Hotelzimmer geworden, sie assoziierte ihn nicht mehr mit Patrick und wartete auf den Augenblick, da sie ihn verlassen würde.
    Es klopfte an der Tür, und Marcella brachte ein Tablett mit Früchten und Limonade herein.
    »Danke, dass du für mich auf den Hund aufgepasst hast«, sagte Alice. Sie überlegte bereits, dass sie der Bediensteten vor der Abreise vielleicht noch ein paar Münzen zustecken sollte, als ihr Marianas geschwollenes Bein einfiel.
    »Kann es sein, dass mein Hund einen Unfall hatte, als ich weg war? Sein Bein ist verletzt.«
    Marcellas blickte nicht auf, als erwarte sie eine Strafpredigt.
    »Es tut mir sehr leid, Señorita«, flüsterte sie.
    »Es ist nicht weiter schlimm. Sie humpelt nicht einmal«, versuchte Alice die Wirkung ihrer Worte etwas zu mildern. »Aber wie ist das überhaupt passiert?«
    »Ich weiß nicht!« Nun war Marcellas Stimme laut, fast klagend geworden. »Es war schon dunkel. Nacht. Ich habe den Hund bellen und dann winseln hören. Ich bin sofort hierhergekommen, aber da lief schon jemand über den Balkon weg.«
    Alice war hellhörig geworden. Gänsehaut überzog ihre nackten Unterarme, und sie nahm einen Schal aus ihrer Reisetasche. Es beruhigte sie ein klein wenig, sich in schützende, weiche, warme Wolle zu hüllen.
    »Du meinst, jemand war hier in meinem Zimmer und hat nach Mariana getreten, weil sie bellte?« Alice fasste ihre Überlegungen zusammen. Ihre Stimme klang so scharf, dass die Dienerin zusammenzuckte.
    »No lo sé«, beteuerte sie noch mal. Erstaunlicherweise sprach sie im Brustton der Überzeugung, wenn sie behauptete, etwas nicht zu wissen. »Hund hat gewinselt. Jemand lief weg. Jetzt muss ich auch weg.«
    Die Tür war bereits zugefallen, als Alice gerade eine weitere Frage stellen wollte.
    Alice atmete heftig, so schnell war sie die Treppen in den Patio hinabgelaufen, doch sie sah nur indianische Bedienstete in europäischer Verkleidung, die ihre Worte entweder tatsächlich nicht verstanden oder es auf höchst überzeugende Weise vortäuschten. Ebenso schienen sie es im Voraus zu ahnen, wenn Alice sie ansprechen wollte, und nutzten die nächste Gelegenheit, um sich aus dem Staub zu machen. Schließlich lief Alice in das Zimmer, wo die Mahlzeiten serviert wurden, doch es war leer. Sie drehte sich um die eigene Achse, dann hörte sie ein zartes Lachen in ihrem Rücken, blieb stehen und wandte sich dann ruhig um.
    »Die Dienstboten berichteten mir, dass Sie aufgebracht im Hof herumliefen.«
    Rosario Bohremann war makellos schön in einem dunkelblauen Kleid, das ihren Körper züchtig bis zum Hals einhüllte, dabei aber auch seine Formen zur Geltung brachte. Sie verzichtete auf den auffällig glitzernden Schmuck, der Alice an Mexikanerinnen gefiel. Ihre schmale Taille war nicht in ein starres Korsett gezwängt, der Stoff floss weich wie Wasser über die Hüften, die weder zu breit noch zu schmal erschienen, als seien sie von einem Künstler gezeichnet worden, der weiblicher Schönheit huldigen wollte. Alice strich schnell ihren eigenen Rock glatt, auf dem die Abdrücke von Marianas Pfoten zu sehen waren.
    »Ich würde gern Ihren Bruder sprechen, Frau Bohremann. Es ist … recht dringend.«
    Ein Hauch von Missfallen huschte über Rosarios Gesicht, aber sie zwang sogleich ein Lächeln auf ihre Lippen.
    »Natürlich können Sie ihn sprechen. Ich werde ihn holen. Warten Sie einen Moment.«
    Die

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