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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Hände sinken und … wartete.
    Dicht vor ihr blieb er stehen und schaute auf sie herab. Sie suchte in seinen Augen nach der Antwort auf ihre Fragen.
    Noch ehe sie ein Wort sagen konnte, raunte er: »Weihnachten ohne dich war schrecklich, Emma. Ich durfte mir nichts anmerken lassen und musste doch Tag und Nacht an dich denken. An dich und …«, er zog sie an sich, »… an unseren Kuss.«
    Augenblicklich lösten Emmas Zweifel sich in Luft auf. Ludwig hatte sie vermisst! Er hatte den Kuss genauso empfunden wie sie selbst, hatte ebenso wie sie weiteren Küssen entgegengefiebert, denn schon lag sein Mund wieder auf ihrem, sein Körper presste sich an sie, und Emma versank erneut in dem Traum aus Hitze und Unwirklichkeit, den sie nur mit Ludwig träumen konnte.
    Viel zu schnell und fast mit Gewalt riss er sich von ihr los.
    »Wir müssen Klavier spielen, sonst werden deine Eltern misstrauisch«, sagte er und lachte leise.
    Sie nickte, ohne ihren Blick von seinem schönen, heiteren Gesicht zu lösen.
    Sie hätte zu allem genickt.
    Die Männer hatten zu Ehren von Jesu Geburt mehrere Emus erlegt, riesige Vögel mit zotteligem, braunem Gefieder.
    »Das ist was anderes als das mickrige Federvieh daheim, he?«, dröhnte Pagel, der sich die schweren Tiere links und rechts über die Schultern gehievt hatte. »Denke, heute Abend werden wir satt.«
    »Immerhin das«, sagte Krüger leise.
    Emma lächelte ihm aufmunternd zu. Wahrscheinlich vermisst er seine Liebste, wo doch heute Heiligabend ist, dachte sie.
    Das gemeinschaftliche Zubereiten der Vögel lenkte Krüger jedoch bald ab. Die Emus lieferten ein hervorragendes, leuchtend gelbes Fett, von dem Krüger behauptete, es ließe sich gut als Mittel gegen Muskelschmerzen benutzen.
    »Hausmittelchen? Pah! Ich nehme das Fett lieber für mein Gewehr«, sagte Pagel verächtlich.
    Oskar stimmte ihm zu: »Einreibungen überlassen wir dem schwachen Geschlecht. Von Muskelschmerzen lassen wir uns nicht unterkriegen, was, Pagel?«
    Pagel klopfte Oskar auf die Schulter. »Sie gefallen mir, Crusius, je länger ich Sie kenne, desto besser. Schießen statt schmieren, das ist die Devise.«
    Die beiden Forscher lachten.
    Krüger seufzte. Carl schüttelte leicht den Kopf. Emma musste an die Aggressivität denken, die von Oskar und Pagel ausgegangen war, als sie den Wilden verjagt hatten.
    Ihr war diese Männerfreundschaft schon längst unbehaglich geworden.
    Es musste bereits auf Mitternacht zugehen, und immer noch saß Emma am Feuer. Die anderen Forscher waren schon in ihre Zelte gekrochen, doch Emma war nicht nach Schlafen zumute. Sie starrte in die Flammen und ließ die letzten Stunden Revue passieren. Nein, einen solch unheiligen Heiligabend hätte sie sich in Stuttgart niemals träumen lassen. Eigentlich hatte er sich kaum von all den anderen Abenden unterschieden, die sie bisher im Busch verbracht hatte. Zwar hatte es mehr Fleisch gegeben, und die Emus hatten ausnehmend gut geschmeckt. Aber niemand hatte aus der Bibel vorgelesen, weil niemand sie dabei hatte, wie sie peinlich berührt festgestellt hatten, es hatte natürlich keine Geschenke gegeben, und nach weihnachtlichem Gesang hatte auch niemandem der Sinn gestanden. Zu Hause hatte Emma am Heiligabend stets Klavier gespielt, und die Eltern hatten dazu gesungen. Wehmütig dachte Emma an das unmelodische Brummen des Vaters und die klare helle Stimme der Mutter. Ihre Brust wurde eng. Verflixtes Heimweh!
    »Du bleibst wohl die ganze Nacht hier draußen?«, hörte sie Carls leise Stimme hinter sich. Er war unbemerkt zu ihr getreten, jetzt setzte er sich neben sie ans Feuer.
    »Alles schläft, einsam wacht …«, witzelte Emma mit schiefem Grinsen. Carl sollte nicht merken, wie enttäuscht sie über den Verlauf des Abends war. Was hatte sie denn erwartet? Heilige Nacht unter dem Kreuz des Südens? Lächerlich.
    »… nur das traute hochheilige Paar … Ja, Weihnachtslieder haben mir in den ersten Jahren hier auch gefehlt«, sagte Carl. »Aber in Australien werden Weihnachten und Neujahr kaum gefeiert. Mir scheint, die Menschen haben mit der drückenden Enge ihres Heimatlandes auch ihre Sitten und Bräuche hinter sich gelassen.«
    »Hast du das so empfunden?«, fragte Emma überrascht.
    »Dass ich anfangs gerne singen wollte?«
    »Aber nein! Dass es in der Heimat drückend eng ist.«
    Carl sah ins Feuer. »Wenn ich ehrlich sein soll, ja. Mich hat es immer in die Wildnis gezogen. Recht unpraktisch, wenn man in München lebt.« Er lachte, wurde

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