Der Duft von Orangen (German Edition)
schüttelte den Kopf. „Nein. In die Irrenanstalt. Eine staatliche Nervenheilanstalt, keine schnieke Privateinrichtung für mich. Sie brachten mich auf einer Trage fort. Selbst wenn ich meine Sinne noch weit genug beisammengehabt hätte, hätte ich etwas Besseres gar nicht bezahlen können. Zu dem Zeitpunkt war mein Geld für Drogen draufgegangen. Meine Mutter war diejenige, die das schließlich veranlasste. Gott segne sie. Ohne sie wäre ich vermutlich auch gestorben.“
Es schmerzte, das zu hören, obwohl er es mit nüchterner Stimme sagte, ohne jede Scham. Ich wollte ihn umarmen. Küssen. Aber es tat mir nicht leid, dass ich gefragt hatte. Ich musste diese Geschichten in meinem Kopf klarkriegen. Das Echte von dem Unechten trennen.
„Wie lange warst du da?“, fragte ich.
„Ein Jahr. Ich bin 1979 wieder rausgekommen. Trocken, clean … Vielleicht aber immer noch ein bisschen verrückt.“ Er lächelte.
„Du warst niemals wirklich verrückt.“
Er lächelte ein wenig traurig. „Nein. Ich weiß. Aber die Anstalthat mir gutgetan. Sicher, es war schwer. ‚Liebe den Sünder, aber nicht die Sünde‘, so in der Art, aber es war nicht religiös. Ich hatte einen tollen Arzt, der mir den Kopf wirklich wieder zurechtgerückt hat. Er hat mich dazu gebracht, über viele Dinge nachzudenken, die in jenem Sommer geschehen sind. Dank ihm habe ich viele Wahrheiten erkannt.“
„Über Ed?“
„Nein, Baby“, sagte er. „Über …“
Die Tür zu seinem Büro wurde geöffnet, und Glynnis, seine Assistentin, steckte ihren Kopf herein. „Johnny, der Typ von … Oh, tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du Gesellschaft hast.“
Sie schaute neugierig von ihm zu mir, aber da wir uns nicht berührten, nicht einmal auf der gleichen Seite des Schreibtischs standen, konnte wenigstens nicht der Eindruck entstehen, sie hätte uns bei etwas Unanständigem gestört.
„Ist schon okay“, sagte er. „Welcher Typ?“
„Der von der Website? Der Blogger?“
„Oh, der.“ Johnny tippte sich an die Stirn. „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm zur neuen Ausstellung ein Interview gebe. Glynnis, kannst du … ich weiß nicht, ihn noch ein paar Minuten unterhalten? Ihm die Galerie zeigen?“
„Klar, Johnny.“ Sie schenkte mir ein schüchternes Lächeln und verschwand wieder.
„Tut mir leid“, sagte Johnny. „Ich muss wieder an die Arbeit.“
„Ist schon gut. Ich bin froh, dass wir uns unterhalten haben und … naja, dass jetzt einige Dinge zwischen uns ein wenig klarer sind.“
„War es so schlimm, Emm? Hast du dir deswegen wirklich solche Gedanken gemacht? Ich hätte es dir jederzeit erzählt. Ich wusste nur nicht, dass du es wirklich so genau wissen wolltest. Das sind alles alte Geschichten.“
„Ich wollte sie einfach nur von dir hören, mehr nicht.“
Vor dem Büro erklangen Stimmen. Johnny kam um den Tisch herum und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss. „Alles okay?“
Ich nickte. „Ja, alles gut.“
„Fein.“ Er küsste mich noch einmal länger.
Ich vergaß, wo wir waren. Nicht aufgrund einer Episode, sondern aus reiner Lust. Ich lachte, als ich seine Erektion spürte.
„Die solltest du lieber zähmen, bevor du da rausgehst, ansonsten wird Bloggy McBloggerstein viel mehr über dich zu erzählen haben, als dir lieb ist.“
„Wäre nicht das erste Mal, dass jemand über meinen Schwanz berichtet.“ Johnny ging zur Tür.
Unsere Finger berührten sich bis zur letztmöglichen Sekunde, dann erst ließ er meine Hand los.
27. KAPITEL
E s war anders, sich Fotos von Johnny mit ihm zusammen anzusehen, anstatt mit Jen darüber zu kichern oder alleine vor mich hin zu seufzen. Er hatte ein dickes Album voller Bilder. Einige waren sorgfältig mit Fotoecken eingeklebt, andere fielen von den Seiten. Einige waren signiert, nicht nur von ihm, sondern auch von den anderen Menschen auf den Fotos. Manche hatten Namen und Daten. Einige waren formell, andere Schnappschüsse, einige zehn mal dreizehn, andere kleiner.
„Die habe ich mir schon ewig nicht mehr angesehen“, sagte Johnny, als eine Handvoll Fotos aus den Seiten herausrutschte und auf den flauschigen Teppich fiel.
Ich hob sie auf und sortierte sie sorgfältig. Das Papier war dick, die Farben ein wenig verblasst, aber verglichen mit den Fotos aus den Familienalben meiner Eltern waren sie sehr gut erhalten. „Warum nicht?“
„Siehst du dir alte Fotos von dir an, auf denen du nackt bist?“
„Meine Mutter hat ein paar davon an der Wand hängen“, erwiderte
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