Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
Vom Netzwerk:
ging ich zur Apotheke und kaufte eine Viererpackung Schwangerschaftstests. Ich wollte nicht bis zum Morgen warten, wie es in der Gebrauchsanweisung stand. Ich ging sofort in die Waschräume der Bank, pinkelte auf den Stick und wartete darauf, dass eine oder zwei Linien auftauchten.
    Zwei.
    Ich machte es noch einmal.
    Zwei.
    Ich kehrte an meinen Schreibtisch zurück und trank eine Flasche Wasser, obwohl ich eigentlich nach einem Dr. Pepper lechzte. Ich zwang mich, einen Salat zu essen statt des doppelten Bacon-Cheeseburgers, auf den ich mit einem Mal Heißhunger hatte. Soweit ich wusste, aß ich jetzt für zwei, und da wollte ich mich gesund ernähren.
    Um drei Uhr brach ich an meinem Schreibtisch sitzend in Tränen aus und vergrub mein Gesicht in einer Handvoll Taschentücher. Aus dem Weinen wurde Lachen, halb hysterisch, aber ehrlich. Ich lachte. Weinte. Ging in den Waschraum, war mir sicher, dass ich meinen Lunch von mir geben würde, tat es aber doch nicht.
    Um Viertel vor vier bog Johnny auf den Parkplatz ein. Ich konnte ihn von meinem Bürofenster aus sehen. Ich machte früher Schluss, damit ich zu seiner Vernissage gehen konnte. Ich drückte mein Gesicht gegen das kühle Glas, und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit betete ich.
    Es erschien mir so sinnlos, wie sich beim Anblick einer Sternschnuppe etwas zu wünschen, aber wenn ich glauben konnte, dass ich eine Zeitreisende war, konnte ich auch glauben, dass irgendeine höhere Instanz mir zuhörte und sich dazu bewegen ließ, mir zu helfen.
    Ich hatte nie Kinder gewollt, hatte mich nie als Mutter gesehen. Ich hatte nie das Kind einer Freundin im Arm gehalten und mich nach einem eigenen gesehnt. Ich war dafür nicht gemacht.Ich mochte Kinder und lächelte auch fremde Babys im Kinderwagen an, aber ich war auch immer wieder froh, wenn ich sie ihren strahlenden Eltern zurückgeben konnte. Babys rochen komisch, sie weinten, sie waren winzig, teuer, schreckliche Nervensägen.
    Mit einem Blick auf Johnnys Wagen, der mit laufendem Motor auf dem Parkplatz stand, ließ ich meine Hände noch einmal über meinen Bauch gleiten. Es war zu früh, um einen Unterschied festzustellen, aber ich stellte mir vor, wie es in ein paar Monaten wäre. Mein Bauch, den ich, wenn ich Glück hatte, wie einen Basketball vor mir hertragen würde. Oder wie eine Wassermelone, wenn ich Pech hatte.
    Es würde in mir wachsen wie ein Parasit, alle Vitamine aus mir heraussaugen, die ich zu mir nahm, mir Gelüste nach Brei oder Pasta oder Weingummi verursachen. Meine Füße würden anschwellen. Ich bekäme Dehnungsstreifen. Ich würde monatelang unter Übelkeit leiden und so viel Gewicht zulegen, dass mein Körper danach nie wieder der gleiche wäre. Am Ende würde ich Stunden damit zubringen, unter Qualen ein menschliches Wesen von der Größe einer Bowlingkugel aus einer viel zu kleinen Öffnung zu pressen. Ich würde bluten. Ich könnte wochenlang keinen Sex haben. Und dann würde mir in den unpassendsten Augenblicken Milch aus den Nippeln auslaufen.
    Danach kämen die Windeln, das Schreien, die Kindersicherungen. Autositze, Wiegen, Lätzchen, Bäuerchen. Ich hatte ja nicht einmal ein Haustier, weil ich mich vor dem Umgang mit Exkrementen ekelte. Wie sollte ich da mit einem Baby klarkommen?
    Das war es, was Schwangerschaft, Geburt, Mutterschaft bedeutete. Das war es, was mir für den Rest meines Lebens bevorstand – immer die Bedürfnisse eines anderen vor meine zu stellen, sicherzugehen, dass dieses Leben, das ich dummerweise erschaffen hatte, sicher, glücklich und geliebt war.
    „Bitte“, murmelte ich, meine Stirn immer noch gegen das Glas gepresst. Ich sah Johnny aus dem Auto aussteigen und ein wenig auf und ab gehen. Ich wusste, er sehnte sich nach einer Zigarette,obwohl er das Rauchen aufgegeben hatte. Ich wusste, er fragte sich, wieso ich mich verspätete.
    „Bitte“, sagte ich erneut.
    Bitte. Bitte. Wer auch immer mir zuhört, wer auch immer mich hören kann, bitte, oh, bitte, oh, bitte .
    Meine Hände drückten sanft auf meinen Bauch, und meine Finger verschränkten sich.
    „Bitte“, sagte ich. „Bitte, lass das hier real sein.“

31. KAPITEL
    D ie Galerie sah vollkommen anders aus. Sicher, sie war immer schon schön gewesen, ega was an den Wänden hing, aber für den heutigen Abend hatten Johnnys Mitarbeiter noch mehr Lichterketten aufgehängt, die sich zwischen den Deckenbalken spannten und zusammengerollt in den weichen Moskitonetzen lagen, die an den Pfeilern angebracht

Weitere Kostenlose Bücher