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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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darum und legte meine Stirn auf ihnen ab. Das Telefon drückte gegen mein Ohr. Ich schluckte ein paarmal, bevor ich antworten konnte.
    „Ja, ich glaube, ich habe es mitgenommen. Es könnte unter den Sachen sein, die ich noch nicht ausgepackt habe.“
    „Könntest du mal nachsehen?“
    „Jetzt?“
    „Nun ja, wann immer es dir passt“, sagte sie.
    „Klar.“ Meine Stimme klang rau und heiser. Ich räusperte mich. „Kann ich machen.“
    „Gut. Was gibt es sonst so in der großen, aufregenden Stadt?“
    Mein Magen beruhigte sich, meine Kopfschmerzen schwanden. Ich fror immer noch, war aber nicht bereit, meinen Platzauf dem Fußboden aufzugeben, um keinen Rückfall zu riskieren. „Nichts. Das Übliche. Nichts Neues.“
    „Vielleicht kannst du nächste Woche ja mal vorbeikommen“, sagte meine Mom. „Du könntest das Kleid mitbringen, und wir gehen gemeinsam zum Abendessen aus. Vielleicht schauen wir uns auch den neuen Film mit Ewan McGregor an. Ich habe gehört, dass er darin seinen nackten Hintern zeigt.“
    Mein Lachen klang ein wenig gequält, kam aber von Herzen. „Er zeigt in jedem Film seinen Hintern.“
    „Ich muss los. Dad wartet. Bye, Süße, ich liebe dich.“
    Und einfach so legte sie auf. Sie hatte nicht einmal gefragt, ob mit mir alles in Ordnung war. Sie hatte sich nicht das kleinste bisschen Sorgen gemacht.
    Ich stand auf und legte das Telefon auf die Station zurück. Nachdem ich ins Bad gegangen war, drehte ich das Wasser so heiß an, wie ich es ertrug. Es brannte, als ich mich darunterstellte, aber ich brauchte die Hitze. Ich rieb meine Hände unter dem Strahl aneinander und hockte mich dann in die Mitte der Duschwanne und ließ das Wasser auf meinen Rücken prasseln, bis ich aufhörte, zu zittern. Erst als das Wasser nur noch lauwarm aus dem Duschkopf kam, kletterte ich hinaus.
    Ich fühlte mich gut genug, um mich in meinen dicken Bademantel zu kuscheln und mir in der Küche etwas zu essen zu machen. Toast, Marmelade und Tee. Invalidenabendbrot. Dabei fühlte ich mich nicht krank. Ich hatte keine Schmerzen mehr. Himmel, ich konnte mich kaum noch daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, auf Händen und Knien nackt in meinem Flur zu mir zu kommen.
    Nachdem ich mir den Magen vollgeschlagen hatte, durchsuchte ich meinen Flur. Keine Klamotten. Zögernd öffnete ich die Haustür und schaute mich auch da um, doch falls ich irgendwie nackt durch die Nachbarschaft gelaufen war, hatte ich meine Kleidung leider nicht auf der Veranda zurückgelassen. Es war kurz nach acht Uhr abends gewesen, als ich Johnnys Haus verlassen hatte. Das Telefon verriet mir, dass meine Mom um 20:17 Uhr angerufen hatte. Der Weg von Johnny hierher dauerte keinefünf Minuten. Was bedeutete, dass meine Episode weniger als zehn Minuten angedauert hatte. Nicht lange genug, um mich in allzu große Schwierigkeiten zu bringen oder sehr weit zu kommen. Trotzdem sah ich in den Büschen auf beiden Seiten meiner Veranda nach, doch alles, was ich zutage förderte, waren ein paar verrottete Blätter, die der Schnee unbedeckt gelassen hatte.
    Ich war durch meine Haustür getreten, und als Nächstes hatte ich nackt im Flur gestanden. Jetzt stand ich vor der Tür, mein Bademantel schleifte auf der Erde. Ich schaute mich um. Das ungenutzte Wohnzimmer auf der Rechten, direkt vor mir die Treppe, der Flur zur Küche und dem Esszimmer im hinteren Bereich des Hauses. Wie lange dauerte es wohl, mich auszuziehen, in ein anderes Zimmer in meinem Haus zu laufen und zurück zur Haustür zu kommen? Und warum hätte ich so etwas tun sollen?
    Auf dem College hatte ich einen Freund, der gerne einen über den Durst trank. Er schlief dann nicht einfach ein, sondern er fiel in eine Art Koma. Er unterhielt sich ganz normal mit mir, konnte sich aber am nächsten Tag an kein Wort mehr erinnern. Von hellwach zu besinnungslos in weniger als einer Sekunde. So wie ich mit meinen Episoden, abgesehen davon, dass ich während ihnen oft lebhafte, bunte Fantasien erlebte und wusste, dass ich in dem Zustand auf meine Umwelt reagieren konnte, zumindest wenn die Trance nicht allzu tief war und nicht zu lange andauerte.
    Ich konnte mich nicht erinnern, jemals länger als für eine oder zwei Minuten weg gewesen zu sein und gleichzeitig geistig anwesend gewirkt zu haben. Und auch wenn ich einfache Fragen beantworten konnte, sodass der Mensch, mit dem ich zusammen war, nichts von meiner Episode mitbekam, enthüllte doch alles, was über „ja“, „nein“ und „hm“

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