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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Ich kannte diese Leute. Candy, Bellina, Ed, sogar Paul. Und Johnny, oh Johnny, nur in Tanktop und Jeans, die so altmodisch und lächerlich hätten aussehen müssen, aber seinen Hintern so verdammt gut kleideten, dass ich sie einfach bewundern musste.
    Sie saßen um den Küchentisch herum, rauchten und unterhielten sich, während die Kamera von einem Gesicht zum anderen fuhr. Der Ton war grauenhaft, die Musik blechern und leiernd. Die Continuity stimmte auch nicht; es war, als hätten sie die gleiche Szene nur einmal, aber aus verschiedenen Blickwinkeln geschossen, sodass Teile der Unterhaltung fehlten, wann immer ein Schnitt kam. Wenigstens gab es einen Plot – oder so etwas Ähnliches –, obwohl alle vollkommen gestelzt sprachen und überhaupt nicht so wie üblich.
    Den Mund voller Eis drückte ich auf Stopp. Ich stellte die Schüssel auf den Nachttisch. Die Leute kannte ich von meinen Recherchen aus dem Internet, oder? Von Stillfotos aus genau diesem Film. Und mein Gehirn hatte sich den Rest ausgedacht. Also konnte ich gar nicht wissen, wie sie wirklich klangen. Außer bei Johnny, und er war ein besserer Schauspieler als sie alle zusammen.
    Das Standbild ermöglichte es mir, die Szene genauer zu betrachten. Ich kannte weder die Uhr an der Wand noch die Anzahl an Küchenschränken, aber ich hatte sie ja auch nicht gezählt, oder? Während der Episode war meine ganze Aufmerksamkeitauf Johnny gerichtet gewesen, weil er derjenige war, den mein Gehirn hervorrufen wollte. Der Rest war …
    „Mist“, murmelte ich laut. „Mist, Mist, Mist. Wo habe ich das schon mal gesehen? Wie habe ich das schon mal gesehen?“
    Ich drückte wieder auf Play und hüpfte aus dem Bett, um meinen Laptop zu holen. Ich suchte nach dem Film und fand die Seite, auf der ich ihn bestellt hatte, sowie ein paar andere obskure Seiten, die ich mir vorher nicht genau durchgelesen hatte. Mit einem Auge auf den Fernseher gerichtet, scrollte ich durch grauenhafte Seiten mit weißer Schrift auf schwarzem Grund und blinkenden Animationen. Ich musste aufpassen, sie nicht zu lange anzuschauen. Sie würden selbst bei jemandem ohne Gehirnschaden einen epileptischen Anfall verursachen.
    Auf einer Seite fand ich die Info, dass Nacht der hundert Monde in den Achtzigern fürs nächtliche Kabelfernsehen produziert wurde und oft im Nachtprogramm gezeigt worden war. So wie Jen es mir damals schon gesagt hatte. An diese Sendung konnte ich mich lebhaft erinnern, lief sie doch auf jeder Pyjamaparty, die ich in meinem Leben je veranstaltet hatte. Allerdings hatte ich keine Erinnerung daran, da je einen von Johnnys Filmen gesehen zu haben. Ich hielt den Film erneut an und verglich ihn mit den Standbildern von der Internetseite. Ich kannte den Tisch, die Küche, diese Leute. Ich hatte sie schon mal gesehen, ich konnte mich nur nicht mehr daran erinnern, wo.
    Ich stieß den schokoladenhaltigen Atem aus, den ich unbemerkt angehalten hatte. Mein Gehirn nahm sich Teile dessen, was ich erlebte, und webte daraus eine neue, vollkommen fiktionale Geschichte. Diese Episoden waren nicht anders als die, die ich früher erlebt hatte. Meine Schwärmerei für Johnny machten sie nur etwas lebendiger und realistischer, weil ich es so wollte, mehr nicht.
    Das erklärte allerdings immer noch nicht, wie ich nackt in meinem Hausflur gelandet war. Doch darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Ich stellte den Laptop beiseite und konzentrierte mich wieder auf den Film. Johnny hatte darin gerade die Küche in Richtung Garten verlassen, in dem sich ein Swimmingpoolbefand, von dem ich nichts geahnt hatte. Er zog sich nackt aus und hob sein Gesicht dem Sonnenlicht entgegen, das seiner Haut einen goldenen Schimmer verlieh.
    Die Kamera liebte ihn. Wer auch immer die Szene gefilmt hatte, betrachtete Johnny mit dem Auge eines Verehrers. Die Kamera fuhr beinahe zärtlich über seinen Körper und ruhte einen Moment an all den Plätzen, die ich so gerne küssen und beißen und lecken und saugen würde – und zwar in echt, nicht in meiner Fantasie. Er schwamm einmal längs durch den Pool. Das kristallklare Wasser verbarg nichts. Seine Beine öffneten und schlossen sich wie eine Schere, seine Muskeln spannten sich an.
    Dieser Teil des Filmes schien etwas besser geschnitten zu sein. Die einzelnen Bilder waren nicht abgehackt aneinandergereiht, sondern gingen fließend ineinander über. Johnny schwamm langsam an den Beckenrand und warf den Kopf in den Nacken.
    Ich kam beinahe. Mit einem Stöhnen, das

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