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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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blieb stehen und blickte abermals in beide Richtungen der Straße. War ich bei der letzten Kreuzung rechts oder links abgebogen? Dann schaute ich nach oben, in der Hoffnung, das Minarett von La Koutoubia zu sehen, doch durch die zerfledderten Strohmatten hindurch, die als Markisen dienten, waren nur Fetzen azurblauen Himmels zu erkennen.
    Würde ich wieder zurückfinden?, fragte ich mich. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse. Plötzlich spürte ich die Augen aller Männer auf mir. Die Frauen hetzten an mir vorbei und rempelten mich an den Hüften oder Schultern an, als wollten sie mich warnen.
    Ich verließ das dichtere Gedränge in der Mitte der engen Straße und schob mich an den Ständen entlang. Hin und wieder riss sich ein Händler aus seiner Lethargie und redete auf Arabisch oder Französisch auf mich ein, um mich zum Kauf eines Schals, eines verzierten Handspiegels, eines Säckchens getrockneter Rosenknospen oder Pfefferminze zu bewegen. Jeden dieser Händler fragte ich nach den Duvergers. Einige zuckten die Schultern, entweder, weil sie den Namen nicht kannten oder kein Französisch verstanden, oder aber weil sie einfach keine Lust hatten zu antworten, wenn ich ihnen nichts abkaufte. Andere schüttelten den Kopf. Die meisten ignorierten meine Frage und redeten weiter auf mich ein.
    Hitze und Durst machten mich benommen. Es war ein Fehler gewesen, herzukommen und aufs Geratewohl nach einer Frau zu suchen, die ich nicht kannte. Ich sehnte mich nach meinem ruhigen Hotelzimmer und nach der Sicherheit des Französischen Viertels.
    Plötzlich zerrte jemand an meinem Rock, und ich keuchte. Drei kleine Kinder, nicht älter als vier oder fünf, standen um mich herum, deuteten mit ihren kleinen, schmutzigen Fingern in den geöffneten Mund und schrien: » Manger! Manger, Madame!«
    Als ich mein Portemonnaie öffnete und ein paar Münzen herausfischte, machte das kleinste Kind einen Satz, als wollte es sich die Börse schnappen. Doch ich drückte sie fest an die Brust, während das Kind herzerweichend jammerte: » Bonbon, Madame, bonbon.«
    » Wartet«, sagte ich. » Ich habe keine Süßigkeiten, nehmt das hier.« Ich ließ ein paar Münzen zu Boden fallen, weil es nicht möglich war, sie den Kindern in die Hand zu geben, die sich noch immer an meinem Rock festklammerten und dabei auf und ab sprangen. Als sie sich nach dem Geld bückten, nutzte ich die Gelegenheit und eilte davon, doch mit einem Mal lief eine noch größere Horde Kinder hinter mir her, die ebenfalls an meinem Rock zerrten, doch ich hatte nur noch zwei Sou und ging einfach weiter.
    » Non, non«, sagte ich, um sie abzuwehren, und bemerkte mit einem Mal, als ich das Ende der Gasse erreicht hatte, dass ich mich wieder auf dem Dschemma el Fna befand. Während ich noch immer versuchte, die Kinder abzuschütteln, nahm ich eine Bewegung an meinem Ohr wahr und spürte, wie mir etwas auf die Schulter hüpfte. Erschrocken drehte ich den Kopf und starrte entsetzt in ein finster blickendes winziges Gesicht. Unwillkürlich schrie ich auf, woraufhin das kleine Ding ebenfalls kreischte, so laut, dass ich einen Moment lang das Gefühl hatte, mein Trommelfell sei geplatzt. Es ist nur ein Affe, beruhigte ich mich, nur ein kleiner Affe.
    Noch immer bedrängten mich die Kinder, scharten sich um mich, zerrten an meinem Rock, während gleichzeitig der Affe an meinem Haar zog. Ich bekam keine Luft mehr, brachte keinen Ton heraus.
    Endlich ließ sich eine Stimme auf Arabisch vernehmen, und die Kinder stoben auseinander. Das Gesicht schweißbedeckt und am ganzen Körper zitternd, stand ich da, das Äffchen noch immer auf meiner Schulter.
    » Madame, o Madame, Sie haben wirklich großes Glück«, sagte der Mann, der die Kinder weggescheucht hatte. » Ich heiße Mohammed, und Hasi, mein Affe, hat Sie ausgewählt. Wenn Sie einen Sou geben, nur einen Sou, Madame, werden Sie dreifaches Glück haben. Oh, welch ein gesegneter Tag für Sie, weil Hasi Sie ausgewählt hat. Er hat Sie gewählt, weil er weiß, dass Sie eine gute Seele besitzen. Hasi weiß das. Er geht immer nur zu den Guten.«
    Ich wusste, dass der Affe auf Geheiß seines Herrn auf jedermanns Schulter hopste. Hasi rutschte nun an meinem Arm hinab und blickte zu mir hoch. Ich sah, wie die Leine ihn in den zarten Hals schnitt; dort war das Fell abgeschabt und die Haut aufgeraut. Er bleckte die Zähne zu einem grimassenhaften Lächeln und streckte die winzige Hand mit der Handfläche nach oben aus.
    » Madame«, sagte

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