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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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grabe.«
    » Sie graben?« Ich war mir nicht sicher, ihn richtig verstanden zu haben.
    Aszulay nickte. » Ich grabe in der Erde und pflanze Bäume und Blumen.« Er nippte abermals an seinem Tee.
    » Oh, Sie sind also Gärtner. Arbeiten Sie für eine bestimmte Familie?« Im Grunde interessierte es mich überhaupt nicht, aber immerhin war es besser, als das Schweigen zu ertragen.
    » Ich arbeite in einigen großen riads in der Medina, aber auch in manchen Gärten und Parks der Ville Nouvelle. Wie im Moment.«
    » Ich wohne im Hôtel de la Palmeraie. In der Ville Nouvelle«, fügte ich überflüssigerweise hinzu. Diese belanglose Unterhaltung interessierte mich im Grunde überhaupt nicht.
    » Bien entendu«, sagte Aszulay. » Natürlich. Es ist sehr … sehr luxuriös.«
    Ich nickte.
    » Zurzeit arbeite ich im Garten von Monsieur Majorelle. Doch mittags habe ich frei und bringe oftmals Manon und Badou das Mittagessen vorbei.«
    » Ich war auch schon dort, im Jardin Majorelle.«
    Aszulay stellte sein Glas ab. » Ich weiß. Ich habe Sie gesehen.«
    » Sie haben mich gesehen?« Mit einem Mal war ich neugierig geworden.
    » Vergangene Woche. Ich habe Sie bemerkt, als Sie vorbeispazierten. Ich habe auch gesehen, wie Sie sich mit Madame Odette unterhielten. Sie kommt jeden Tag dorthin. Die alte Dame kann einem leidtun.« Mit einem Mal empfand ich einen Anflug von Scham. Ich hatte den Männern, die unter der sengenden Sonne arbeiteten, keine Beachtung geschenkt.
    » Jetzt, im Sommer, sind nicht viele Ausländer in der Stadt. Die Touristen bevorzugen die kühlere Jahreszeit«, sagte er, wohl um zu erklären, warum ich ihm aufgefallen war.
    Oder hatte ich vielleicht hochnäsig oder gar abschätzig gewirkt, als ich an den weiß gekleideten Gärtnern vorbeiging? » Der Garten ist wunderschön, ein wahres Wunderwerk«, beeilte ich mich zu sagen. » Genau die Oase der Ruhe, die Monsieur Majorelle sich erträumt hat. Ich liebe Gärten.«
    Aszulay sah mich an, während er entspannt im Schneidersitz auf dem Bettsofa saß, die Hände auf den Oberschenkeln. Seine Augen waren unglaublich blau – wie konnte das sein? Aus irgendeinem Grund empfand ich die unbefangene Art, in der er mich ansah, die weder etwas Bedrohliches noch Absichtsvolles hatte, noch unbehaglicher als zuvor das Schweigen.
    » Zu Hause in Amerika habe ich auch einen Garten«, fuhr ich fort. » Beim Pflanzen achte ich immer darauf, ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen Ordnung und natürlichem, ungezähmtem Wachstum. Und was die Blumen anbelangt, so …« Ich unterbrach mich. Was redete ich denn da für einen Unsinn? Ich hatte sagen wollen, dass das Pflanzen für mich auch eine Art Malen war, dass ich sozusagen botanische Bilder kreiere. Warum sollte ich ausgerechnet diesem Mann gegenüber mein Innerstes offenbaren, wo ich seit meinem Weggang aus Albany niemanden daran hatte teilhaben lassen? » Ich interessiere mich für Pflanzen.«
    Aszulay nickte. » Sie sollten den Majorelle-Garten nochmals besuchen«, sagte er mit fester Überzeugung. Plötzlich wandte er sich von mir ab. » Ah, da bist du ja.« Er stand auf und blickte zur Treppe.
    » Warum ist sie hier?«, fragte Manon und sah mich finster an. Badou spähte hinter ihr hervor.
    Aszulay stieg die Stufen empor und reichte ihr die Hand. » Komm und lass uns bitte gastfreundlich sein, Manon. Wenn Besuch da ist, bieten wir ihm Tee und etwas zu essen an«, sagte er geduldig, als spräche er mit einem Kind. » Komm«, sagte er nochmals.
    Sie zeigte den Anflug eines Lächelns. Sie war geschminkt und trug wieder ein extravagantes Gewand, eine wunderschöne Kombination aus violetter und malvenfarbener Seide. Dazu hatte sie burgunderrote Slipper an den Füßen, die mit cremefarbenen Blütenranken verziert waren. Ihre üppigen, glänzenden Haare fielen fließend auf ihre Schultern. Als sie die Treppe herunterkam, wehte eine Parfümwolke zu mir her.
    Sie war wie eine exotische Blume, die alle einlud, näher zu treten, sie in Augenschein zu nehmen, an ihr zu riechen und ihre Schönheit zu bewundern.
    Umso mehr wurde ich mir meiner eigenen Erscheinung bewusst: In meinem schlichten blauen Kleid aus Organdy und plumpen schwarzen Schuhen fühlte ich mich wie ein Mauerblümchen. In der Hitze und feuchten Luft begannen meine Haare sich aus den Haarnadeln zu lösen. Eine dicke Strähne fiel mir über die Wange und verbarg, wie ich hoffte, meine Narbe.
    »Setz dich hierhin«, sagte Aszulay und hielt ihre Hand, bis sie auf dem Sofa Platz

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