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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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und rief mir in Erinnerung, dass sie mir zuvor schon Einzelheiten über mein Leben in Albany erzählt hatte, Fakten, die sie unmöglich hatte erraten können. Also hatte Etienne doch über mich gesprochen, und sie hatte von Anfang an gewusst, wer ich war. Aber warum hatte sie ihr Spiel mit mir getrieben? Warum hatte sie getan, als wüsste sie nichts über mich? Als ich mich ihr vorgestellt hatte, tat sie so ahnungslos. Manon Maliki war eine außerordentlich gute Schauspielerin. Von Mal zu Mal wurde mir das bewusster.
    » Er hat mir von dem Kind erzählt.«
    Unwillkürlich legte ich die Hände auf den Bauch, und ihr Blick folgte ihnen.
    » Du hast ihn offensichtlich angelogen, um ihn dazu zu bringen, dich zu heiraten. Was für ein alter, miserabler Trick, Sidonie. Aber was will man von einer Frau wie dir schon anderes erwarten.« Sie setzte dieses träge Lächeln auf, das ich so hasste. » Schon als ich dich zum ersten Mal sah, war mir klar, dass du kein Kind erwartest. Was für eine einfältige Frau du bist. Wie hättest du es ihm erklären wollen, wenn es dir gelungen wäre, ihn einzufangen? Indem du ihm eine weitere Lüge aufgetischt hättest, dass du eine Fehlgeburt hattest?«
    Ich sah ihr in die Augen und zwang mich zu einer ausdruckslosen Miene. Ich wollte um jeden Preis verhindern, dass sie sah, wie ihre Worte mich trafen.
    » Du wolltest, dass Etienne dich heiratet, und hast ihn belogen, um ihn in die Falle zu locken. Und genau deswegen hast du ihn verloren. Er ist hergekommen, weil ich es wollte. Im Gegensatz zu dir habe ich ihn dazu gebracht, dass er meiner Bitte folgt. Währenddessen hast du ihn in die Flucht geschlagen. Es gibt nur einen zuverlässigen Weg, um die Dschinn zu vernichten, hat er mir erzählt …« Sie hielt inne und strich sich sanft mit dem Mittelfinger über den Ellbogen, ehe sie fortfuhr. » Wenn man von ihnen besessen ist, darf man sich nicht fortpflanzen. Die Dschinn würden dann mit einem aussterben. Man darf nicht zulassen, dass sie auf die nächste Generation überspringen, Manon, sagte er zu mir. Indem man verhindert, dass es eine nächste Generation gibt.«
    Das Licht fiel sanft durch das Blätterdach und schimmerte auf Manons Gesicht. Ihre Pupillen waren unnatürlich groß, wahrscheinlich hatte sie wieder kif geraucht oder majoun gegessen.
    Plötzlich ging das Tor auf, und Falida kam herein. Sie schleppte mit beiden Händen eine gewebte Tasche, und die Schlaufen einer weiteren Tasche, die sie auf dem Rücken trug, hatte sie um den Hals geschlungen. Um deren Gewicht auszugleichen, musste sie nach vorn gebeugt gehen.
    Manon trat zu ihr und packte eine der Taschen. Sie blickte hinein und wühlte darin, während sie Falida etwas auf Arabisch fragte. Das Mädchen antwortete mit leiser, ängstlicher Stimme, woraufhin Manon sie ohrfeigte. Falida stürzte zu Boden. Ich hörte, wie sie mit dem Ellbogen und der Hüfte auf den Fliesen aufschlug. Orangen ergossen sich aus der Tasche, die sie auf dem Rücken getragen hatte, Oliven aus einer anderen. Badou rannte herbei und las die Orangen auf, bildete mit dem Saum seines Gewandes eine Mulde und sammelte die Früchte darin.
    Kein Ton kam über Falidas Lippen. Sie streifte sich die Schlaufen der Tasche über den Kopf und hob dann die Oliven auf, ehe sie sie wieder in das Papier einwickelte, in dem sie sie gekauft hatte. Eine Orange rollte auf meinen Fuß zu, und ich hob sie auf.
    Manon wandte sich wieder mir zu, als hätte diese kleine, erbärmliche Szene gar nicht stattgefunden. » Und deswegen hast du, Sidonie, es dir im Grunde selbst zuzuschreiben, dass Etienne dich verlassen hat, in der Annahme, ein Kind gezeugt zu haben, das von Dschinn besessen ist. Außerdem ist ihm klar geworden, dass er ein Heuchler ist.«
    Ich hielt abwesend die Orange in den Händen und befühlte die raue Schale mit den grübchenartigen Dellen, während ich mir Etiennes Gesicht in Erinnerung rief, als ich ihm sagte, dass ich schwanger sei. Die ganze Zeit über hatte ich seinen Ausdruck für eine Schockreaktion gehalten, weil er so gar nicht auf diese Nachricht gefasst gewesen war, doch nun, nach Manons Worten, musste ich ihn vielmehr als Panik deuten.
    Wieder dachte ich an das Kind, das wir gezeugt hatten. Ich versuchte zu schlucken, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Etienne hatte gewusst, dass er seinem Nachkommen womöglich die krankhafte Veranlagung vererbt hatte, so wie er das Erbe seines Vaters in sich trug. Er hatte in diesem Kind nichts weiter als eine

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