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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Badou.«
    Während er sich auf die Stöcke konzentrierte, musterte ich sein Gesicht. Wieder sah ich Etienne: die Art, wie er schaute, dieser eindringliche Blick. Die intelligente Stirn unter dem dichten Haar. Der lange, schlanke Hals.
    » Bist du traurig, Sidonie?«, fragte Badou, und mir wurde bewusst, dass er aufgehört hatte, mit den Stöcken zu spielen, und mich ansah.
    Ich war versucht zu sagen: Nein, natürlich bin ich nicht traurig, und mich zu einem Lächeln zu zwingen. Aber wie schon zuvor brachte ich es nicht über mich, diesem ernsten Kind gegenüber unehrlich zu sein. » Ja, heute bin ich ein bisschen traurig.«
    Er nickte. » Manchmal bin ich auch traurig, Sidonie. Aber dann denke ich eine Weile nach und bin wieder glücklich.« Er war so aufrichtig.
    » Und woran denkst du, Badou, wenn du traurig bist? Was bringt dich dazu, wieder glücklich zu sein?«
    »Einmal, aber das ist schon lange her, hat meine Mutter einen Zitronenkuchen gebacken.« Auf seinen Lippen lag die Andeutung eines Lächelns. »Oh, er war so süß und so gelb. Wenn ich an diesen Kuchen denke, bin ich glücklich. Ich mache mir ein Bild in meinem Kopf. Darauf ist der Kuchen vor dem blauen Himmel, neben der Sonne. Die Sonne und der Zitronenkuchen. Wie zwei Sonnen, oder zwei Kuchen. Zwei sind immer besser als einer.« Er stand auf. »Früher hat Maman mir immer Bilder gemalt. Ich habe sie gebeten, dieses Bild für mich zu machen, das mit den zwei Kuchen, aber das hat sie nicht. Ich hätte es gern an die Wand neben meinem Bett gehängt. Dann wäre ich immer glücklich, denn ich könnte es anschauen, wenn mir danach ist.«
    Unwillkürlich füllten sich meine Augen mit Tränen. War es normal für einen Sechsjährigen, so zu sprechen? Ich wusste es nicht.
    » Sidonie? Nun musst du an etwas denken, was dich glücklich macht, damit die traurigen Gedanken verschwinden.«
    Ich kniete mich neben ihn und zuckte zusammen, als meine wunden Knie den Boden berührten, dann zog ich ihn in die Arme und lehnte seinen Kopf an meine Schulter.
    » Woran denkst du?«, fragte er. Er beugte sich ein wenig nach hinten und sah mich an. » An etwas Schönes?«
    Ich konnte nicht antworten, sondern spürte nur seine zarte Wange und sein dichtes, weiches Haar an meiner Haut. Ich sah ihm in die riesigen Augen, die so intelligent blickten.
    » Denk einfach an die Zitronenkuchen, Sidonie«, sagte er schließlich, befreite sich sanft aus meinen Armen, wandte sich wieder den Holzstöcken zu und lächelte mich an.
    Eine halbe Stunde später kam Manon zurück; sie hatte zwei Eimer dabei, die mit verschiedenen Utensilien gefüllt waren. Als sie mich sah, sandte sie Badou einen wütenden Blick zu, und er wirkte betroffen.
    » Sei nicht böse auf ihn«, sagte ich. » Ich bin schuld, ich habe ihn dazu gebracht, mich hereinzulassen.«
    Manon stellte die beiden Eimer auf den Boden.
    Ich befeuchtete mir die Lippen. » Und was ist mit dir, Manon, hast du auch diese Krankheit?«
    » Nein.« Unwillkürlich sah ich zu Badou hinüber und wünschte, es sei wahr. Ich konnte den Gedanken, dass in seinem kleinen, perfekten Körper vielleicht eine gefährliche, schlimme Krankheit schlummerte, nicht ertragen. » Aber wie rührend«, fuhr Manon mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme fort, » dass du dich um meine Gesundheit sorgst.«
    Ich antwortete nicht sofort. »Mich interessiert nur eines: wo Etienne ist oder wann er nach Marrakesch zurückkommt. Seit ich weiß, dass er …« Ich hielt inne, denn mir fiel ein, dass es unklug wäre, dieser Frau noch mehr über meine Gefühle zu verraten.
    » Etienne hat offensichtlich weder über seine Schwächen mit dir gesprochen noch seine Träume mit dir geteilt. Mit mir schon«, sagte Manon, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. » Er träumte davon, einmal ein berühmter Arzt zu werden. Er wollte eine Methode erfinden, um zu verhindern, dass die Dschinn von einer Generation auf die andere überspringen.« Sie sah mich eindringlich an. » Und das hat er auch«, fügte sie hinzu.
    » Und? Was hat er entdeckt?«
    » Nichts, was ihm Ruhm einbringen würde. Es gibt nur einen Weg, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Nur einen einzigen. Er war sehr niedergeschlagen, als er hier ankam, Sidonie.«
    » Natürlich, wenn man bedenkt, welch schlimme Prognose er hat.«
    » Ja, aber auch wegen etwas anderem. Er hat mir erzählt, dass er versagt hat.«
    » Versagt?«
    » Er hat mir von dir erzählt. Ich weiß alles, Sidonie.«
    Ich blinzelte verwirrt

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