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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Badou wollte einem immer nahe sein und kletterte, wann immer sich die Gelegenheit bot, bei jemandem auf den Schoß.
    Die Europäer und Amerikaner in Nordafrika verhielten sich genau umgekehrt. Jeder achtete darauf, höflich Abstand zu halten; wenn man sich aus Versehen berührte, entschuldigte man sich.
    Während ich in der völligen Dunkelheit des Zeltes dalag, hörte ich die gedämpften Stimmen der Männer, die noch immer am Feuer saßen, und aus der Ferne das Meckern der Ziegen. Das Mädchen schmiegte sich noch enger an mich. Sie roch nach Bratöl und Schweiß und nach einem Gewürz, das ich nicht kannte.
    Ich versuchte, meinen Gedanken Einhalt zu gebieten, doch die Empfindungen, die mich unter dem Nachthimmel bestürmt hatten, ließen mir keine Ruhe. Die Art, wie Aszulay mich angeschaut hatte. Ich stellte mir vor, wie er den Pfad zu dem Terrassendorf hinaufging, eines der Lehmhäuser betrat und eine Decke oder ein Fell lüpfte, um sich neben seine Frau zu legen. Im Geiste sah ich, wie sie sich zu ihm umdrehte und er sie in seine Arme zog; ich legte den Unterarm auf meine Augen, als könnte ich so die Bilder vertreiben.
    Stattdessen schoben sich ungebeten andere Szenen vor mein geistiges Auge – wie Etienne neben mir im Bett in der Juniper Road lag. Für eine flüchtige Zeit hatte ich das Bett mit einem Mann geteilt, dem einzigen in meinem bisherigen Leben. Bei der Erinnerung, wie es sich anfühlte, den Körper eines Mannes neben mir zu haben, wurde mir heiß, und gleichzeitig überkam mich ein Gefühl der Einsamkeit und Sehnsucht.
    Ich drehte mich auf die andere Seite, sodass ich Rücken an Rücken mit dem fremden Mädchen lag, und versuchte, auf dem harten Bett Trost zu finden und endlich einzuschlafen, dem unerwarteten Verlangen meines Körpers zu entrinnen.
    Etienne. Was fühlte ich für ihn, nun, da ich wusste, was ich wusste? Wie hätte mein Leben ausgesehen, wenn er bei mir in Albany geblieben wäre und mich geheiratet hätte? Wie hätte mein Leben ausgesehen, wenn ich mein Kind nicht verloren hätte, sondern Mutter geworden wäre?
    Wie hätte mein Leben ausgesehen, wäre ich nicht nach Marokko gekommen?
    Aber wünschte ich nicht noch immer, dass Etienne mich heiratete? Wenn ich ihn nach seiner Rückkehr nach Marrakesch davon überzeugte, dass seine Krankheit an meiner Liebe zu ihm nichts änderte, würde er mich bestimmt heiraten.
    Ich versuchte mir in Erinnerung zu rufen, wie es war, als wir uns liebten.
    Doch stattdessen wanderten meine Gedanken abermals zu Aszulay und seiner Frau.
    Ich stellte mir vor, wie es wäre, sich Aszulay hinzugeben. Stellte mir seinen sinnlichen Mund vor, seine Hände.
    Ich konnte nicht einschlafen, stand auf und wickelte mir die Wolldecke von meinem Lager um die Schultern; dann ging ich in die kühle Nachtluft hinaus.
    Das Feuer war fast erloschen, nur die Glut schwelte noch. Ohne das flackernde Licht einer Fackel und die hohen Flammen war es einfacher, in der sternenklaren Nacht etwas zu erkennen. Doch ich wagte es nicht, mich mehr als ein paar Meter vom Zelt zu entfernen, aus Angst, mich zu verirren. Die Luft kühlte meinen Körper, und ich atmete tief ein. Und plötzlich bemerkte ich die einsame Gestalt, die noch am Feuer saß.
    Bildete ich mir nur ein, dass es Aszulay war, oder war er es wirklich? Jedenfalls saß der Mann an dem Platz, an dem ich zuletzt Aszulay gesehen hatte, aber das musste nichts heißen. Waren das wirklich seine breite Schultern, seine Haare? Ich beobachtete, wie er sich in eine Decke hüllte und sich neben die Glut legte.
    Irgendwie beruhigt kehrte ich zu meinem Zelt zurück. Ich wusste, es war nicht richtig, Befriedigung bei dem Gedanken zu verspüren, dass Aszulay vielleicht nicht bei seiner Frau schlafen wollte. Und doch empfand ich so.
    Ich war glücklich.
    Mitten in der Nacht wachte ich auf, fühlte mich steif und mir war kalt. Ich hörte, wie etwas an der Außenwand des Zeltes schnüffelte – ein Kamel, eine Ziege oder ein Hund? Vielleicht war ich davon wach geworden. Ich fröstelte und klapperte mit den Zähnen. Die Kälte und der Tee reizten meine Blase, doch mir graute bei dem Gedanken, das Bett zu verlassen und mich draußen in der Kälte auf den Boden zu kauern. Ich kuschelte mich näher an das Mädchen neben mir, um mich zu wärmen. Ihr Atem stockte, und sie setzte sich hustend auf. Im nächsten Moment machte ich einen Lufthauch aus, der Geruch nach gegerbtem Fell stieg mir in die Nase, und so schnell, dass ich es kaum begriff, spürte

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