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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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etwas. Ich beugte mich zu ihm hinab, und er sagte abermals etwas in einer Mischung aus Arabisch und Französisch. Ich verstand nur chien, Hund. Dann war er still, sein Atem ging ruhig und gleichmäßig.
    Zohra und ich gingen hinaus und zum Feuer zurück. Es war jetzt kalt, und ich schlug fröstelnd die Arme um den Oberkörper. Ich setzte mich nah ans Feuer auf den Boden und genoss die Wärme. Aszulay unterhielt sich jetzt ernst mit einem Mann, die Frau war nicht mehr zu sehen, und obwohl ich wusste, dass er später zu ihr gehen würde, nahm ich erleichtert zur Kenntnis, dass er ihr nicht sofort gefolgt war.
    Was war nur mit mir los?
    Er hatte den Turban abgenommen, und im Schein des Feuers konnte ich sehen, dass seine Stirn und Schläfen eine bläuliche Schattierung angenommen hatten: Offensichtlich hatte er beim Tanzen geschwitzt und der Turban seine Haut verfärbt. Mit einem Mal verspürte ich das Bedürfnis, den Duft seiner Haut zu ergründen. Bestimmt roch er nach Rauch und dem Indigo, mit dem der Stoff seines Turbans gefärbt war.
    Ein Gedanke kam mir: Aszulay würde immer diesen Gegensatz in sich tragen – eine Kombination aus dem, was er einmal gewesen war, und dem, was er jetzt war. Ob er sein liebenswürdiges Schriftfranzösisch sprach oder Arabisch, oder aber sein für mich unverständliches Tamazight, ob in weißer Arbeitskleidung im Garten von Monsieur Majorelle mit einem Spaten in der Hand oder in ein blaues Gewand gehüllt hinter dem Lenkrad eines Lastwagens auf einer Karawanenpiste, stets verkörperte er die zwei Seiten einer Medaille. Zwei sich voneinander unterscheidende Seiten, aber doch für immer miteinander verbunden.
    Nach einer Weile stand Zohra abermals auf und gab mir ein Zeichen, woraufhin ich meine Tasche nahm und ihr folgte. Sie hatte eine brennende Fackel in der Hand, doch trotz der Abermillionen funkelnder Sterne und des Neumonds am Himmel konnte ich kaum den Boden zu meinen Füßen erkennen. Nach ein paar Metern blieb sie stehen, drehte sich nach mir um und streckte die Hand nach mir aus. Dankbar ergriff ich sie, und gemeinsam gingen wir um das Feuer herum. Als wir an den Männern vorbeikamen, sah Aszulay zu mir auf.
    Ich erwiderte seinen Blick, und da war ein Ausdruck in seinem Gesicht, der mir den Atem stocken ließ. Ich konnte ihn nicht erklären, jedenfalls war es mehr als ein flüchtiges Aufschauen, aber auch anders als das Funkeln in seinen Augen, als er zuvor mit seiner Frau gelacht hatte. Es war ein tiefer, fesselnder Blick, der mich schwindelig machte, als wäre das Fieber, das mich einige Tage zuvor befallen hatte, zurückgekehrt. Ich stolperte über eine Wurzel, und Zohra blieb stehen und stützte mich. Und als ich an ihrer Seite weiterging, war der Augenblick verflogen, und ich wagte nicht, nochmals zu Aszulay zurückzuschauen.
    Plötzlich ragte ein großer, schemenhafter Umriss vor mir auf, und als Zohra sich duckte, tat ich es ihr gleich. Wir standen im Inneren eines Zeltes, und im flackernden Schein der Fackel machte ich ein Lager aus, das aus mehreren nebeneinanderliegenden Stößen Tierfellen bestand, die ordentlich mit rauen Tüchern bezogen waren. Auf einigen der Fellstöße sah ich menschliche Umrisse, wohl von Frauen, die friedlich schliefen. Aus einer Ecke des Zeltes hörte ich kindisches Geflüster und Gekicher, offensichtlich der Bereich, der den unverheirateten Mädchen vorbehalten war. Zohra führte mich zu einem der Fellstöße und ging dann wieder. Mit meiner Tasche in der Hand, die ich in Marrakesch umsichtig gepackt hatte, stand ich einen Moment unschlüssig da. Doch dann beschloss ich, dass es viel zu kalt war, um mir mein dünnes Nachthemd überzustreifen, und ich zog einfach nur die Schuhe aus und schlüpfte in meinem Kaftan unter die Decke. Die Mädchen waren jetzt still, und nur noch ihr tiefer, gleichmäßiger Atem war zu hören. Die junge Frau neben mir schob sich mit dem Rücken näher an mich heran. Die Menschen Marokkos schienen körperliche Nähe zu suchen, ich hatte unzählige Beispiele dafür kennengelernt: In den Souks und auf den Plätzen begrüßten sich die Männer, indem sie einander umarmten und küssten; die Frauen auf den Dächern rückten so nah zusammen, dass sich ihre Schultern und Hüften berührten, während sie über ihren Handarbeiten saßen. Ich dachte daran, wie sich die Frauen im Hamam gegenseitig abrubbelten und massierten. Vielleicht erzeugten körperliche Nähe und Körperwärme ein Zugehörigkeitsgefühl. Sogar der kleine

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