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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Fragen noch Bemerkungen reagiert.
    Ich konnte mir keinen Reim auf das auf seinen Namen verschriebene Medikament machen. Wenn Etienne eine Krankheit hatte, hätte ich es doch mitbekommen. Oder nicht? Ich nahm die Brille in die Hand und zeichnete mit der Fingerkuppe das Gestell nach. Dann legte ich sie wieder hin und ergriff abermals den Brief.
    Diese Frau, seine Schwester Manon, hatte irgendwie mit dem Geheimnis zu tun: dem Geheimnis, von dem Etienne glaubte, es nicht mit mir teilen zu können. Daher seine überstürzte Flucht. Er hatte nicht begriffen, dass er sich mir anvertrauen konnte, was immer es auch war. Er sollte wissen, dass ich ihn liebte, so sehr, dass ich mich mit seiner Vergangenheit abfinden würde, gleich was geschehen war. Dass unsere Zukunft alles reinwaschen würde, was auf seiner Seele lastete.
    Aber wie sollte ich ihn finden? Meine einzigen Anhaltspunkte waren der Taufname seiner Schwester – einer Frau, die er nie erwähnt hatte – und die Stadt, in der sie lebte. In der Etienne aufgewachsen war. Ich würde dorthin reisen. Ich würde ihn in Marrakesch finden und ihm all dies sagen.
    Aber war es nicht ein törichter Plan, eine Schnapsidee? Ja, sicher. Hatte ich je einem Impuls nachgegeben und etwas Unüberlegtes getan? Ja, als ich Etienne in mein Haus und Bett gelassen hatte. In mein Leben gelassen hatte.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer wohl überlegt gehandelt, kopfgesteuert. Meine Vergangenheit fühlte sich seltsam entfernt an, als wäre ich eine Figur eines Romans, den ich halb gelesen zur Seite gelegt hatte, weil er mich nicht zu fesseln vermochte.
    Doch vielleicht sollte ich besser über die Frau nachdenken, die ich jetzt zu sein glaubte: eine Frau, die auf ihr Herz hörte und aus einem Impuls heraus handelte. Ich stellte mir mein Herz vor, wie es früher war – als einen leberfarbenen Klumpen, der dumpf in meiner Brust schlug. Doch nachdem Etienne in mein Leben getreten war, hatte es sich in einen scharlachroten Muskel verwandelt, der machtvoll pumpte.
    Ich musste unbedingt einen Anhaltspunkt für das bekommen, was Etienne zugestoßen war, sonst, so fürchtete ich, lief mein Herz Gefahr, sich in das farblose Organ zurückzuverwandeln, das gleichförmig und anspruchslos war wie die Motive meiner Aquarelle.
    » Ich werde nach Übersee reisen, Mrs Barlow«, sagte ich, während ich bei ihr in der Küche stand. » Um …« Ich war versucht zu sagen, um Dr. Duverger zu suchen, sprach die Worte jedoch nicht aus. Ansonsten hätte ich ihr erklären müssen, warum ich mir seiner Liebe so sicher war. Dass es an mir war, ihm zu zeigen, dass ich ihn akzeptierte, wie er war, auch mit den Schatten seiner Vergangenheit. » Nach Europa.«
    » Nach Europa?« Mrs Barlow hob die Augenbrauen. » Aber wie das denn?«
    Ich schluckte. Eine Woche zuvor hatte ich den Entschluss gefasst und seither die Zeit genutzt, meine Reise zu planen und zu organisieren, einen Pass zu beantragen. Ich war mit dem Bündel Banknoten, das ich für den Erlös des Silver Ghost bekommen hatte, zur Bank gegangen und hatte den Großteil in Francs umgetauscht. Außerdem hatte ich, bis auf ein paar wenige Dollar, die übrig gebliebenen Ersparnisse meines Vaters von meinem Bankkonto abgehoben. Anschließend war ich zu dem Reisebüro in der Drake Street gegangen, um eine Schiffspassage auf einem Schiff zu buchen, das in zwei Wochen in New York mit Kurs auf Marseille ablegen würde. Bis dahin würde auch mein Pass da sein. Außerdem hatte ich zwei Koffer gekauft. »Es ist schon alles organisiert.«
    » Und wann willst du zurückkommen?«
    » Ich weiß es noch nicht. Aber können Sie und Ihr Mann sich während meiner Abwesenheit um das Haus und Zinnober kümmern? Würden Sie Zinnober bis dahin zu sich nehmen?«
    Mrs Barlow presste den Mund zusammen, ehe sie sagte: » Also, Sidonie, aber wirklich. Du bist doch nicht jemand, der Hals über Kopf eine Ferienreise antritt und sein ganzes Erspartes dafür ausgibt. Korrigiere mich, falls ich mich irre, aber hat dein Entschluss nicht vielleicht mit dem Doktor zu tun, der sich seit einiger Zeit nicht mehr blicken lässt?«
    Ich antwortete nicht. Stattdessen betrachtete ich ein Bild hinter ihr an der Wand, das drei Schnepfen zeigte. Ein Jahr zuvor hatte ich es den Barlows geschenkt.
    » Denn wenn du vorhast, dem Mann nachzureisen, um ihn zu überzeugen, dass er zu dir zurückkommt, nun, so lass dir gesagt sein, dass man keinen Mann dazu bringen kann, etwas gegen seinen Willen zu tun, Sidonie.

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