Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
haben es nicht erkannt. Aber ihre Intuition hat es verstanden. Sollen wir uns die Bilder noch einmal ansehen?«
    |354| »Nein.« Marie wusste nicht, warum, aber sie wusste, dass ihr das nicht helfen würde. Das, was die Stimme meinte, war nicht
     auf einem bestimmten Bild zu sehen gewesen. Es war irgendwie auf allen Bildern gewesen. Oder genauer, es lag in der Beziehung
     der Bilder zueinander.
    Schweiß perlte auf ihrer Oberlippe. Sie war der Lösung so nah! Wenn es ihr nur gelänge, ihre Intuition mit ihrem Verstand
     zu kombinieren … Wenn sie Logik und Mathematik einsetzte …
    Plötzlich sah sie es. Es war so klar, so deutlich, als hätte jemand den Vorhang vor einer grell erleuchteten Theaterbühne
     beiseite gezogen. Es hatte mit Statistik zu tun, mit ungewöhnlichen Zahlenverhältnissen. Keines der Bilder war an sich falsch,
     aber ihr Verhältnis zueinander stimmte einfach nicht.
    »Die Putzfrau«, sagte Marie. »Auf einem der Bilder war eine Putzfrau.«
    »Ja, ich habe sie gesehen. Was ist mit ihr?«
    »Eigentlich nichts. Aber auf den 108 Kamerabildern waren jede Menge Sicherheitsleute, doch nur eine einzige Putzfrau. Ich
     hätte einfach gedacht, in einem so großen Hotel …«
    »Verdammt! Jim, haben Sie für die Dauer der Konferenz nicht eine Sperre für alle Reinigungsarbeiten verhängt?«, rief Harrisburg
     quer durch den Raum. Einige CIA-Mitarbeiter sahen verärgert von ihren Monitoren auf.
    »Natürlich«, sagte Cricket, der gerade zwei Tische weiter über einen Bildschirm gebeugt dastand. Er kam mit gerunzelter Stirn
     heran.
    »Dann haben wir ein Problem«, sagte Harrisburg. »Mrs. Wu, können Sie das Bild mit der Putzfrau auf den Hauptmonitor legen?«
    Wu klickte, und der große Flatscreen an der Wand zeigte das Bild ihres Laptops. Sie schaltete zurück zu der Übersicht, |355| auf der die Putzfrau zu sehen gewesen war. Doch der Ausschnitt der betreffenden Kamera zeigte nur noch einen leeren Flur.
    »Verdammt, wo ist sie hin?«, rief Harrisburg.
    »Augenblick, ich suche noch mal nach Kamerabildern mit Personen«, sagte Wu. Ein paar Mausklicks später erschien die Meldung
     »111 feeds found«. Auf dem zweiten Bildschirm fanden sie ein Miniaturbild der Putzfrau, die gemächlich einen anderen Gang
     entlang schlurfte. Wu vergrößerte das Bild.
    »Was hat die da zu suchen?«, rief Cricket. »Welcher Sektor ist das?«
    »Ebene 4, Sektor 12«, rief Wu.
    »Arens«, sagte Cricket laut, aber ohne Panik in der Stimme. »Sofort ein Team in Ebene 4, Sektor 12. Verdächtige Person trägt
     die Kleidung einer Putzfrau und ist mit einem Putzwagen unterwegs, der Waffen oder Sprengstoff enthalten könnte. Sofort immobilisieren.
     Jake, ich brauche einen Gebäudeplan auf dem Monitor. Was, zum Kuckuck, macht diese Person in Ebene 4? Was ist dort eigentlich?«
    »Die Hotelwäscherei«, sagte ein Afroamerikaner unbestimmbaren Alters. »Lagerräume und ein paar technische Anlagen.«
    »Technische Anlagen? Was für Anlagen?«
    »Heizung, Klimaanlage und so.«
    »Verdammte Scheiße! Schicken Sie sofort jemanden los, der die gottverdammte Klimaanlage abstellt. Jetzt!«
    Im selben Moment nahm Marie einen leicht zimtigen Geruch wahr.

[ Menü ]
    |356| 44.
    Karim unterdrückte ein Gähnen. Die Konferenz lief noch keine zehn Minuten, und schon war ihm langweilig. Der UN-Generalsekretär
     hatte aber auch eine bemerkenswert einschläfernde Stimme, und seine salbungsvollen Worte taten ein Übriges. Hinzu kam, dass
     Karims Kopf dröhnte, seine Nase lief und sich sein Hals anfühlte, als sei kürzlich ein Sandsturm hindurch gefegt. Er hatte
     sich erkältet, ausgerechnet in einer der heißesten Städte der Welt. Er war einfach die mit Rücksicht auf die europäischen
     und amerikanischen Besucher extrem kühl eingestellten Klimaanlagen in Riad nicht gewöhnt. In Kalarein verzichtete man traditionell
     darauf, Häuser in Kühlschränke zu verwandeln. Das kostete unnötig Strom, war ungesund und obendrein entfremdete es nach Ansicht
     von Karims Mutter die Menschen von dem Land, das Allah ihnen zum Leben geschenkt hatte.
    Die zwei Aspirin, die Karim vorhin genommen hatte, wirkten noch nicht richtig. Er hatte sogar erwogen, der Eröffnungsveranstaltung
     fernzubleiben. Doch seine Mutter, die ihn wie immer als Beraterin begleitete, war der Ansicht gewesen, er dürfe sich diese
     Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, nicht entgehen lassen.
    Karim warf einen Blick zu seinem Nachbarn, dem indischen Ministerpräsidenten.

Weitere Kostenlose Bücher