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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sagte Marie. »Das ist wahrscheinlich sogar
     besser, als das ganze Ding auszuschalten, denn so wird die verseuchte Luft schneller ausgetauscht.«
    Wu betrachtete den Filterkasten auf dem Boden. »Was ist das bloß für ein Teufelszeug!« Sie wandte sich an Marie. »Kommen Sie.
     Es gibt noch viel zu tun. Wir müssen Fenster und Türen öffnen und die Leute nach draußen bringen.«
    Marie nickte. Sie konnte nur ahnen, welche Mengen des Pheromons die Klimaanlage im ganzen Hotel verteilt hatte.
    Es war noch nicht vorbei.

[ Menü ]
    |363| 46.
    Karim starrte entsetzt auf die Sicherheitskräfte. Er duckte sich unter einen Konferenztisch, um dem Blutbad zu entgehen.
    »Aufhören!«, schrie eine der schwarz gekleideten Figuren. »Sofort aufhören!« Es war die Stimme einer Frau.
    Karim kletterte unter dem Tisch hervor. Niemand dachte auch nur daran, auf die Frau zu hören. Sie stand hilflos mit erhobener
     Waffe da, unfähig, dem Tumult Einhalt zu gebieten. Die anderen Sicherheitskräfte – insgesamt waren es vier – verharrten ebenfalls
     in Ratlosigkeit. Hinter den dunklen Visieren ihrer Helme ließen sich die vor Erstaunen und Entsetzen aufgerissenen Augen nur
     erahnen.
    Karim lief auf die Frau zu, die gerufen hatte. »Die Fenster!«, rief er.
    »Bleiben Sie stehen! Sofort!«, brüllte sie und richtete ihre Waffe auf ihn.
    Karim blieb stehen und hob die Hände. »Ich bin okay! Das Zeug wirkt nicht auf mich. Ich hab Schnupfen!«
    Die Frau schien erleichtert. Sie senkte die Waffe. »Was zum Teufel ist hier los?«
    »Es muss ein Gas sein oder so was. Die Fenster! Schießen Sie auf die Fenster!«
    Die Frau hob die Waffe und drückte ab. Eines der Glasdreiecke zersplitterte, dann ein weiteres. Glasscherben flogen durch
     die Luft. Nach kurzer Zeit waren zwei Dutzend Glasdreiecke zerstört. Heiße Luft wehte von draußen herein.
    Wenn sie überhaupt etwas bewirkten, dann steigerten die Schüsse die Raserei der Konferenzteilnehmer noch. Einige |364| lagen bereits stöhnend auf dem Boden und hielten sich den Kopf oder den Bauch, wo sie harte Tritte oder Schläge getroffen
     hatten. Zum Glück gab es im ganzen Raum offenbar keine spitzen Gegenstände.
    Einer der Teilnehmer, Karim glaubte in ihm den syrischen Präsidenten zu erkennen, wankte auf eines der zerbrochenen Fenster
     zu. Er bückte sich, um einen der langen, dolchartigen Glassplitter aufzuheben.
    Karim durchfuhr ein schrecklicher Gedanke. Hatte er mit seiner Idee, die Fenster zu zerschießen, aus einer Prügelei ein blutiges
     Gemetzel gemacht?
    Doch der Syrer hielt inne. Er starrte einen Moment hinaus, dann wandte er sich um und sah mit großen, verwunderten Augen auf
     den Tumult um ihn herum. Die Scherbe fiel ihm aus der Hand.
    Allmählich ebbte die Wut der Teilnehmer ab. US-Präsident Zinger, der sich eben noch mit dem russischen Ministerpräsidenten
     auf dem Boden gewälzt hatte, stand auf. Er gab seinem Kontrahenten die Hand und half ihm hoch. Dann umklammerte er von hinten
     den UN-Generalsekretär, der auf seinen Gastgeber, den Saudischen König, einprügelte.
    Nach kurzer Zeit waren auch die letzten Gewalttätigkeiten beendet. Die Staatsoberhäupter standen mit gesenktem Blick herum
     wie Schüler, die man nach einem besonders dreisten Streich erwischt hatte.
    Niemand sagte etwas. Keiner schien sich erklären zu können, was geschehen war.
    Karim hatte plötzlich das starke Gefühl, etwas tun zu müssen. Etwas, das verhinderte, dass die soeben geschehenen Gewalttätigkeiten
     sich in den Köpfen der Teilnehmer als Hass verfestigten. Er kletterte auf einen Tisch und hob die Arme.
    »Meine Damen und Herren!«, rief er auf Englisch.
    |365| Alle wandten sich ihm zu. Plötzlich wurde ihm bewusst, wen er vor sich hatte, und die Kehle schnürte sich ihm zu. »Wir sind
     Opfer eines Terroranschlags geworden. Es muss ein Gas oder so etwas gewesen sein, das vielen von uns den Verstand geraubt
     hat.« Er räusperte sich. »Was gerade geschehen ist, hat gezeigt, wie leicht wir uns zu sinnloser Gewalt hinreißen lassen.
     Wie dünn und zerreißbar der Mantel der Zivilisation und des Anstands ist, in den wir uns gekleidet haben. Wir alle sollten
     etwas daraus lernen!«
    Seine Kehle war so trocken, dass er die Worte mehr heraushustete als sprach, doch er machte weiter. »Wir können jetzt auseinander
     gehen, peinlich berührt, die Konferenz abbrechen und versuchen, die ganze Sache zu vergessen. Dann haben die Drahtzieher dieses
     Anschlags zumindest ein Teilziel

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