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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zu machen.
    »Selbstverständlich«, sagte Will. »Ich kann kurzfristig einen Mitarbeiter zur Verfügung stellen, ein weiterer wird leider
     erst in einem Monat frei.«
    Borlandt nickte. »Gut. Das muss vorerst reichen. Irgendwie habe ich bei Olfana ein komisches Gefühl. Frau Escher, wenn Sie
     irgendetwas finden, eine Unregelmäßigkeit, verdächtige Posten in den Bilanzen, dann sagen Sie es mir sofort, ja?«
    »Selbstverständlich.«
    »Gut. Und wenn Sie irgendeine Unterstützung brauchen, |97| oder wenn Scorpa mauert, kommen Sie ebenfalls zu mir.« Er lächelte aufmunternd.
    Marie und Will bedankten sich und fuhren mit dem Taxi nach Dreieich.
    »Ich brauche jemand Erfahrenen, der mir hier hilft«, sagte Marie. »Peter kann Bilanzen lesen wie kein anderer. Oder Jochen
     vielleicht, der hat immerhin eine Menge Ahnung von der Pharmaindustrie.«
    »Marie, du kennst unsere derzeitige Auslastungssituation selbst gut genug«, sagte Will. »Ich hab schon mit der Personalabteilung
     gesprochen. Es ist nur ein Mitarbeiter verfügbar. Rafael Grendel. Auf seinem bisherigen Projekt wurde er … nun ja, er ist
     noch nicht lange dabei und jetzt jedenfalls frei.«
    Die Firma war in den letzten Jahren so stark gewachsen, dass Marie auch die deutschen Berater nicht mehr alle persönlich kannte,
     besonders nicht die jüngeren unter ihnen. »Was heißt das genau, ›noch nicht lange dabei‹? Weniger als ein Jahr?«
    »Zwei Monate«, sagte Will. »Beinahe.«
    »Du willst mir doch in dieser Situation nicht einen Rookie schicken!« Rookie war der Beraterjargon für »Grünschnabel«.
    »Es tut mir leid, Marie, aber einen anderen haben wir nicht.«
    »Können wir nicht diesen Rafael auf ein anderes Projekt schicken und hier einen erfahrenen Mann einsetzen? Immerhin ist es
     eine absolut kritische Situation, und …«
    »Marie, du weißt doch, wie das läuft. Auch unter uns Partnern herrscht Wettbewerb. Die anderen geben ihre besten Leute nicht
     freiwillig her.«
    »Und wenn du Bob Copeland anrufst? Er muss doch ein Interesse daran haben, dass die Situation hier bereinigt wird!«
    |98| »Das hat er, glaub mir. Aber wir müssen das selber schaffen. Ich helfe dir. Ich kann einen Tag pro Woche hier sein.«
    Marie seufzte. Es schien, als sei wirklich nichts an diesem Projekt einfach. »Also schön. Wann kann dieser Rafael anfangen?«
    »Er ist gerade in London. Ich rufe gleich mal an. Wenn er den Mittagsflieger bekommt, müsste er gegen 15.00 Uhr hier sein.«
    Judith Meerbusch machte große Augen, als Marie sie um den Schlüssel zum Teamraum bat. »Sie? Dr. Scorpa … ich meine, ich hatte
     gedacht, Sie wären …«
    »Herr Borlandt hat mich gebeten, mit dem Projekt fortzufahren«, sagte Marie. »Im Laufe des Tages kommt noch ein neuer Kollege
     hinzu.«
    Meerbusch nickte. Sie druckste herum. »Der Raum … wir haben saubergemacht, aber … Jedenfalls haben wir nichts anderes frei.«
    »Kein Problem«, sagte Marie. Doch sie hatte einen dicken Kloß im Hals, als sie sich der Tür am Ende des Ganges näherte. Zu
     deutlich stand ihr vor Augen, wie Rico dort auf dem Tisch gelegen hatte, das Haar blutverschmiert. Und dieser verständnislose,
     gehetzte Gesichtsausdruck in Konstantins Augen …
    Das Ganze war ihr immer noch unbegreiflich. Nie im Leben hätte sie Konstantin für gewalttätig gehalten. Doch sie kannte ja
     Ricos Talent, andere bis zur Weißglut zu reizen. Und gerade ruhige Menschen konnten unter extremem Druck unberechenbar reagieren.
     Stille Wasser waren nun mal tief.
    Sie sprach mit Will noch einmal das weitere Vorgehen durch, dann verabschiedete er sich, um zu einem Kundentermin nach Karlsruhe
     zu fahren. Zum Mittag aß sie ein pappiges Sandwich, das sie morgens für unverschämt viel Geld am Flughafen gekauft hatte.
     Nachmittags vertiefte sie |99| sich in die Zahlen, um sich von ihren düsteren Gedanken abzulenken.
    Rafael Grendel kam erst gegen halb sieben abends an. Mit seinen braun gewellten, fast schulterlangen Haaren und der Nickelbrille
     sah er nicht wie ein typischer Berater aus. Seine Krawatte saß schief, und seine Anzughose schlabberte ihm um die Beine, als
     sei sie zwei Nummern zu groß.
    »Ich bin Rafael. Tut mir leid, dass ich zu spät bin, aber ich habe erst ganz kurzfristig erfahren, dass ich herkommen sollte.
     Da hab ich es nicht rechtzeitig zum Flieger geschafft. Ich hab ja noch keinen Vielfliegerstatus, also bin ich auf der Warteliste
     der nächsten Maschine auch ziemlich weit hinten gewesen. Wir

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