Der Duft
mittelfristig das Potenzial, die Welt zu verändern!« Seine Augen wurden
glänzend. »Lobelisol ist nur ein kümmerlicher Anfang, ein erstes Produkt, das zeigt, wie das Prinzip funktioniert. Mit unseren
Produkten werden wir in Zukunft Hungersnöte bekämpfen, Ungeziefer ausrotten, sogar Krankheiten besiegen. Die olfaktorische
Schädlingsbekämpfung wird eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts sein!«
In seinen Worten schwang eine tiefe Überzeugung mit, die Marie einen Moment das Gefühl gab, kleingeistig und engstirnig argumentiert
zu haben. Rafael schien ähnlich zu empfinden. »Aus meiner Sicht muss man Olfana wie ein Internet-Startup sehen. Denken Sie
zum Beispiel an Youtube: Die Firma machte gerade mal ein paar Millionen Umsatz und schrieb immer noch hohe Verluste, als sie
für 1,6 Milliarden Dollar von Google übernommen wurde.«
Marie wurde blass vor Zorn. Mit seiner Disziplinlosigkeit war Rafael dabei, Borlandts Vertrauen in das Team endgültig zu zerstören.
»Das kann man nicht vergleichen!«
»Vielleicht nicht«, sagte Rafael. »Aber das Beispiel zeigt auf jeden Fall, dass der Wert einer Firma nicht immer an ihrem
Umsatz und Gewinn ablesbar ist.«
Ein Lächeln umspielte Scorpas Lippen. Er wähnte sich kurz vor einem Triumph – ein Sieg, den er allein diesem Riesenidioten
Rafael zu verdanken haben würde.
Marie sagte einen Moment lang nichts. Dann rief sie das nächste Schaubild auf. »Hier sehen wir die Kostenstruktur von Olfana,
aufgeteilt auf die verschiedenen Phasen des Produktlebenszyklus’. Der weitaus größte Teil des Budgets fließt in Marketing
und Vertrieb für Lobelisol. Das heißt, die vergleichsweise gute Marktposition wird teuer erkauft. |120| Ein weiterer großer Kostenblock sind die Feldtests in Afrika. Gemessen an der Tatsache, dass nur ein einziges Produkt überhaupt
in einem Stadium ist, in dem Feldtests sinnvoll sind, ist dieser Aufwand unangemessen hoch.« Sie bedachte Rafael mit einem
warnenden Blick. »Unsere Empfehlung lautet, die Kosten durch die Kürzung des Marketingbudgets für Lobelisol und die Schließung
des Feldlabors in Afrika deutlich zu senken. Wenn es gelänge, die Kosten um vierzig Prozent zu reduzieren, wäre Olfana profitabel
und könnte in den nächsten Jahren in Ruhe daran arbeiten, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Ob das Zukunftspotenzial
dieser Ansätze wirklich so groß ist, wird man dann sehen. Auf jeden Fall müsste die Oppenheim AG nicht weiterhin viel Geld
… investieren.« Beinahe hätte sie »versenken« gesagt.
Scorpa sprang auf. »Da mache ich nicht mit!«, rief er. »Ich lasse mir die Firma nicht kaputt sparen! Das Marketingbudget für
Lobelisol zusammenzustreichen, würde bedeuten, den Markt kampflos der Konkurrenz zu überlassen und in der Bedeutungslosigkeit
zu versinken. Außerdem brauchen wir das Feldlabor in Afrika, um EU-Fördertöpfe anzapfen zu können, das habe ich Ihnen schon
deutlich gesagt!«
»Dr. Scorpa, wir haben uns die Fördermittel der EU und ihre Vergaberichtlinien angesehen. Wir haben nirgendwo einen Hinweis
darauf gefunden, dass die Existenz eines Feldlabors in Afrika die Vergabe von Subventionen an Olfana direkt oder indirekt
begünstigen würde. Oder, Rafael?«
Rafael schüttelte betreten den Kopf.
»Ich höre mir das nicht länger an!«, rief Scorpa. »Da Sie ja ohnehin schon den Stab über Olfana gebrochen haben, bin ich hier
wohl überflüssig. Aber glauben Sie nicht, wir werden kampflos zusehen, wie das, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben,
zerstört wird!«
|121| Er stand auf und verließ wütend den Raum.
Borlandt erlaubte sich ein leichtes Schmunzeln, als die Tür laut ins Schloss fiel. »Respekt, Frau Escher«, sagte er. »Sie
haben ihn ganz schön aus der Fassung gebracht.« Er nickte anerkennend zu Rafael. »Die Idee, in diesem Meeting ›Good guy, bad
guy‹ zu spielen, war auch nicht schlecht.«
Rafael blinzelte verwirrt. »Ich bin wirklich der Meinung …«, begann er, brach aber ab, als er Maries bohrenden Blick bemerkte.
»Trotzdem muss ich Sie warnen«, sagte Borlandt. »Man darf Scorpa nicht unterschätzen. Er ist ein respektierter Wissenschaftler,
und sein Temperament kennen Sie ja. Ich kann keinen Arbeitskampf gebrauchen, und einen weiteren Skandal erst recht nicht.
Ich möchte Sie bitten, nicht weiter auf Konfrontationskurs zu ihm zu gehen, Frau Escher.«
»Ich habe nur unsere Sicht der Dinge dargestellt«,
Weitere Kostenlose Bücher