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Der Duft

Titel: Der Duft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einrichtete, war ihr unklar. Man brauchte zwei Tage, um dort hinzukommen: mit einem Linienflug
     nach Nairobi, von dort aus nach Entebbe und dann weiter mit einer kleinen Chartermaschine nach Kisoro. Zwei Tage Hinflug,
     zwei Tage vor Ort, zwei Tage Rückflug – eine ganze Arbeitswoche ging dabei drauf.
    Rafael sah ihr über die Schulter, während sie eine E-Mail an den Copeland-Reisebuchungsdienst schrieb. »Buchst du für mich
     mit?«
    Marie sah auf. »Ich fliege allein«, sagte sie.
    Er machte ein enttäuschtes Gesicht. »Warum das denn? Ich meine, es war immerhin meine Idee!«
    »Das kostet eine ganze Mannwoche«, sagte Marie, »und die Reisekosten sind auch nicht von Pappe. Ich verspreche mir von der
     ganzen Aktion null Erkenntnisgewinn. Also sollten wir so wenig Zeit wie möglich vergeuden!«
    »Ich bin sicher, dass das keine vergeudete Zeit ist. Meine Intuition sagt mir, das Feldlabor ist wichtig für die Firma. Irgendwas
     ist da im Busch, und ich habe das Gefühl, wenn wir nicht rausfinden, was, wird Scorpa uns im nächsten Meeting mit Borlandt
     an die Wand nageln!«
    Intuition! Gefühl! Rafael war wirklich nicht für den Job als Berater geeignet. Marie würde das in seiner Beurteilung deutlich
     zum Ausdruck bringen müssen. Das würde ihm eine Karriere bei Copeland unmöglich machen. Aber es war besser für die Firma und
     wahrscheinlich auch besser für ihn.
    »Rafael, mit Intuition kommen wir hier nicht weiter. Das Einzige, was zählt, sind Fakten.«
    |125| Er ließ jedoch nicht locker. »Bitte, Marie, lass mich mitkommen. Vier Augen sehen mehr als zwei. Außerdem habe ich mich intensiv
     mit den verschiedenen Forschungsprojekten beschäftigt und mit vielen Leuten hier geredet. Ich glaube, ich kann besser als
     du einschätzen, woran dieser Borg dort arbeitet.«
    Seine Argumente kamen Marie vorgeschoben vor. Sicher wollte er nur aus purer Abenteuerlust mitkommen. Er sei zu Copeland gekommen,
     um neue Dinge kennenzulernen, hatte er gesagt. Man dürfe ja wohl unterwegs aus dem Fenster schauen. Er sei noch nie in Afrika
     gewesen.
    Sie dachte daran, was in seinem Beurteilungsbogen stehen würde. Seine Karriere bei Copeland war nur von kurzer Dauer. Vielleicht
     war es nur fair, wenn sie ihm zum Ausgleich seinen Wunsch erfüllte. Die Reisekosten würde ja Olfana tragen. Außerdem war es
     vielleicht besser, wenn sie Rafael nicht hier mit Scorpa allein ließ. Er war naiv und leicht manipulierbar, und Scorpa würde
     es möglicherweise schaffen, ihn zu einer Dummheit zu verleiten.
    »Also schön«, sagte sie.
    »Danke, Marie!«

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    |126| 13.
    Die Mittagssonne brannte auf die hellbraunen Bahnen des geräumigen Zeltes und machte die Luft stickig. Draußen war es ruhig;
     nur das leise Brummen des Dieselgenerators, der das Lager mit Strom versorgte, war zu hören.
    Nariv Ondomar schaltete die Fernsehübertragung auf seinem Laptop ab. CNN langweilte ihn: die aufgeregten Stimmen der Moderatoren,
     wenn sie aus jedem kleinen Ereignis eine Sensation machten, die martialische Musik, die dramatischen Bilder von weinenden
     Menschen, wenn der Sender das Elend der Welt gegen Werbegeld verkaufte. CNN war das Sinnbild des Landes, dessen Stimme es
     war: laut, von sich selbst eingenommen und ohne jede Moral.
    Er rief die Website der CIA auf und klickte zu den steckbrieflich gesuchten Terroristen. Mit einem Lächeln betrachtete er
     das Bild mit seinem Namen darunter. Es war mehr als zehn Jahre alt, das Foto aus seinem pakistanischen Führerschein. Damals
     hatte er noch einen Vollbart getragen, der sein fein geschnittenes Gesicht wild und verwegen erscheinen ließ. Er sah auf dem
     Foto genau so aus, wie sich der Durchschnittsamerikaner einen Terroristen vorstellte.
    Im Unterschied zu vielen seiner Gesinnungsgenossen hielt Ondomar Amerika weder für verweichlicht noch für dekadent und erst
     recht nicht für schwach. Das mochte an der Oberfläche so aussehen, doch der Hunger der amerikanischen Konzerne nach den Reichtümern
     der Welt war noch lange nicht gestillt, und ihre Methoden waren viel subtiler und effektiver als die ihrer politischen Führung.
     Amerikanisches Geld floss wie ein stinkender Strom der Korruption hinaus in die Welt und vergiftete das Leben |127| rechtschaffener Menschen. Doch es war nicht nur amerikanisches Geld. Europäer, Japaner, neuerdings auch Russen und Chinesen
     – sie alle wollten einen möglichst großen Teil der wertvollen Bodenschätze an sich reißen, die sie brauchten, um

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