Der Duft
gemacht.«
Marie antwortete nicht. Mit aufgerissenen Augen starrte sie auf die olivgrün gekleidete Gestalt, die unvermittelt vor ihnen
aus dem Gebüsch aufgetaucht war.
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|197| 22.
»What the hell are you doing here? Are you crazy? That silverback could have killed you!«
Im ersten Moment erschrak Marie vor der fremden Frau in Militärkleidung beinahe noch mehr als vor dem wütenden Gorilla. Doch
sie war offensichtlich keine Soldatin. Sie hatte helle, sommersprossige Haut und dichtes rotes Haar, das unter einem breitkrempigen
Hut hervorquoll.
»Wer sind Sie?«, fragte Marie auf Englisch.
Die Fremde machte ein finsteres Gesicht. »Mein Name ist Joan Ridley. Ich leite die Karisoke-Forschungsstation, und ich kann
es überhaupt nicht leiden, wenn Touristen eigenmächtig durch das Naturschutzgebiet streifen. Sie haben nicht nur sich selbst
in Lebensgefahr gebracht! Berggorillas sind sehr empfindlich und haben gegen viele menschliche Krankheiten keinen Immunschutz.
Wenn hier jeder einfach so auf eigene Faust durch den Wald stiefelt, gibt es bald keine mehr! Außerdem ist das streng verboten.
Ich werde Sie der Parkaufsicht melden, die ein empfindliches Bußgeld verhängen wird!«
»Es tut uns leid«, sagte Marie, als Ridley ihre Tirade beendete hatte. »Aber wir sind keine Touristen, und wir sind nicht
freiwillig hier.«
»Das können Sie mir später erzählen. Jetzt kommen Sie erst mal mit!« Ridley drehte sich um und stapfte mit energischen Schritten
los. Marie und Rafael hatten Schwierigkeiten, ihr zu folgen. Erst nach ein paar Hundert Metern hielt die Gorillaforscherin
inne und wandte sich an die beiden. »Oh, Verzeihung. Ich habe vergessen, dass Sie das Gelände hier nicht gewohnt sind. Und
Ihre Kleidung ist auch |198| nicht gerade ideal für einen Waldausflug.« Sie wartete und legte dann ein langsameres Tempo vor.
Als sie die Station erreichten, hatte die Dämmerung bereits eingesetzt.
»Sie bleiben heute Nacht hier«, entschied Ridley. »Morgen früh wird einer der Ranger Sie zur Parkaufsicht begleiten. Wer ist
eigentlich Ihr Gruppenführer?«
»Ich sagte doch schon, wir sind keine Touristen«, sagte Marie. »Wir sind Unternehmensberater aus Deutschland. Wir sind hergekommen,
um das Feldlabor der Firma Olfana hier in der Nähe zu untersuchen. Doch wir wurden überfallen und mussten fliehen.«
»Überfallen? Von wem?«
»Wir wissen es nicht. Es könnten gewöhnliche Banditen gewesen sein. Oder …«
»Oder was?«
»Wir haben in dem Labor gefangene Gorillas entdeckt. Wahrscheinlich wurden sie für Tierversuche benutzt.«
Ridleys sommersprossiges Gesicht lief dunkelrot an. »Was? Das … das kann doch nicht wahr sein!«
»Es stimmt leider«, sagte Rafael.
»Und wo sind die Tiere jetzt?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Marie. »Aber wenn der Angriff auf uns erfolgte, weil wir die Gorillas entdeckt haben, dann haben
sie sie wahrscheinlich weggebracht, oder …«
Ridley rang einen Moment um Worte. »Gibt es denn wirklich keine Grausamkeit, die der Mensch nicht begeht?«, rief sie schließlich.
»Tierversuche, an den letzten Berggorillas! Das ist doch nicht zu fassen! Wie, sagten Sie, heißt diese Firma? Denen werde
ich die Hölle heiß machen, das können Sie mir glauben!«
»Wir glauben nicht, dass das Management der Firma von den Versuchen weiß«, sagte Marie.
|199| »Natürlich nicht.« Ridley schnaubte verächtlich. »Die Manager solcher Firmen wissen nie etwas von den Schweinereien, die in
ihrem Auftrag von ihren Angestellten verübt werden!« Sie schüttelte den Kopf. »Mein Gott! Es … es ist einfach nicht zu fassen!
Wir kämpfen seit Jahren darum, den Bestand hier zu sichern, und dann kommt irgendsoein internationaler Großkonzern daher und
zerstört alles, was wir aufgebaut haben. Für ein paar gottverdammte Tierversuche!« Sie schwieg, als müsse sie diese Ungeheuerlichkeit
erst einmal verarbeiten.
»Der Helikopter vorhin, der war hinter Ihnen her?«, fragte sie nach einer Weile.
»Ja«, sagte Marie.
»Aber warum der ganze Aufwand? Nur, weil Sie denen auf die Schliche gekommen sind? Nicht, dass Tierversuche an Menschenaffen
nicht verabscheuungswürdig wären, weiß Gott. Aber in diesem Land kümmern Gorillas die Leute nur wenig. Solange Touristen dafür
bezahlen, sie zu sehen, werden sie geschützt, aber für ein paar Dollar drückt hier jeder gern ein Auge zu. Vor einigen Monaten
haben Wilderer eine ganze Gruppe hingeschlachtet,
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