Der Duft
aufregenden Geschichten von mutigen Kämpfern so, die Papa ihm immer erzählte.
Und selbst, wenn Ollo nicht sterben sollte, war klar, dass Peko eine schreckliche Sünde begangen hatte. Eine Todsünde. Die
weiße Lehrerin mit dem dicken Bauch und dem komischen schwarz-weißen Kleid hatte ihm klargemacht, was passierte, wenn man
eine Todsünde beging: Man kam in die Hölle.
|216| So oder so konnte er nicht wieder zurück nach Hause. Nie wieder. Seine Eltern würden ihn schrecklich bestrafen. Sie würden
mit ihm schimpfen und ihn dann in den kleinen Schuppen sperren, in dem sein Vater die Geräte aufbewahrte. So, wie sie es schon
oft getan hatten, wenn er etwas ausgefressen hatte. Nur war seine Tat diesmal so schlimm, dass sie ihn bestimmt nie wieder
aus dem Schuppen herauslassen würden. Er würde in der Dunkelheit verhungern. Oder sie würden ihn mit Steinwürfen aus dem Dorf
jagen, bis er am ganzen Körper blutete, so wie Manasi, aber der hatte nur eine Ziege getötet, die ihm nicht gehörte.
Traurig ging er weiter. Er erinnerte sich noch, wie sie in dieses Dorf gekommen waren. Wie Papa zusammen mit ein paar anderen
die Hütte gebaut hatte. Sie war viel schöner als das Gebilde aus Zweigen und Plastikplanen, in dem sie davor gelebt hatten,
und sie gehörte ihnen ganz allein. Papa hatte gesagt, dass sie jetzt für immer hier bleiben dürften und nie mehr weglaufen
müssten. Dass die bösen Männer nicht mehr kommen würden, um sie zu vertreiben.
Und jetzt hatte Peko all das kaputtgemacht. Jetzt musste er doch wieder weglaufen, vor seiner eigenen Familie. Und alles nur
wegen einer blöden Holzfigur.
Vielleicht konnte er zum nächsten Dorf gehen, wo seine Tante Kamuna lebte. Sie war immer lieb zu ihm, und er mochte sie sehr.
Dort konnte er sich verstecken, bis seine Eltern ihn vergessen hatten. Aber natürlich würde sein Vater mit dem Auto des Dorfältesten
kommen und Kamuna sagen, was Peko getan hatte, und dann würde sie ihn fortschicken. Ebenso gut konnte er jetzt gleich fortgehen,
in ein fernes Land. Vielleicht bis nach Deutschland, wo die dicke Lehrerin herkam. Dort waren die Leute angeblich alle so
weiß wie sie. Es gab Häuser, die bis in den Himmel ragten, es regnete dreimal am Tag, und es gab Spielzeuge, die richtig lebendig
waren und sprechen konnten. Das hatte |217| ihm jedenfalls Ollo erzählt, der angeblich mit einem Jungen gesprochen hatte, dessen Onkel jemanden kannte, der schon mal
in Deutschland gewesen war. Aber Ollo erzählte auch eine Menge Quatsch.
Deutschland war weit weg. Er würde bestimmt viele Tage gehen müssen, und er wusste ja nicht mal genau, in welcher Richtung
es lag.
Er hörte entferntes Motorengeräusch. Sie suchten ihn schon! Rasch rannte er den Hang hinauf und legte sich hinter einem dornigen
Busch flach auf den Boden.
Kurz darauf kam der Jeep des Dorfältesten die Straße entlang. Er fuhr langsam. Pekos Mutter saß auf dem Beifahrersitz und
schaute suchend in die Gegend.
Pekos Kehle schnürte sich zusammen. Es drängte ihn, aufzustehen und zu seiner Mutter zu laufen, in ihre Arme zu flüchten,
seinen Kopf an ihren Busen zu legen und zu weinen, während sie sein Kraushaar streichelte. Doch er wusste, dass sie ihn nicht
in den Arm nehmen und streicheln würde. Sie würde schrecklich schreien und schimpfen. Also blieb er liegen und wartete, bis
der Wagen außer Sichtweite war.
Er überlegte, was er tun sollte. Es war nicht ungefährlich, allein durch die Wildnis zu streifen. Es gab Hyänen und Wildhunde
in der Gegend, und erst letzten Monat war sogar ein ausgehungerter Löwe gesehen worden.
Ihm fiel der verlassene Bau eines Erdferkels ein, nicht weit von hier. Er hatte dort einmal gespielt. Der Bau war groß genug,
dass er sich hineinzwängen und darin verstecken konnte. Dort war er zumindest für die Nacht einigermaßen sicher.
Nach einer halben Stunde erreichte er die Stelle. Vorsichtig näherte er sich dem Loch im Boden. Man wusste nie, welches Tier
vielleicht in der Zwischenzeit die schattige Höhle als Behausung gewählt hatte. Besonders Warzenschweine |218| nutzten die Höhlen der Erdferkel gern als Versteck, und sie konnten ziemlich unangenehm werden, wenn sie sich bedroht fühlten.
Peko schnupperte, konnte jedoch keinen Geruch feststellen. Er legte sich flach auf den Boden und spähte in die Dunkelheit.
Dann warf er ein paar kleine Steinchen hinein, hörte jedoch kein Zischen oder Grunzen. Schließlich streckte
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