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Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Der dunkle Geist des Palio (German Edition)

Titel: Der dunkle Geist des Palio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Frank
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zum Verhängnis geworden. Und auch wenn er ein Verfechter des Palio war, so musste er seinem Neffen Alessandro doch insoweit recht geben, als dass das Risiko für die teilnehmenden Pferde und ihre Jockeys so gering wie möglich gehalten werden musste. Schließlich wollte der Adler nach zwanzig langen Jahren ohne Sieg endlich wieder den cencio für sich gewinnen! Und das ging nur, wenn Ross und Reiter San Martino und casato unbeschadet überwanden.
    Der capitano faltete seinen Zettel sorgfältig zusammen, steckte ihn in die Hosentasche und machte sich auf den Heimweg. Nun wollte er sich erst einmal einen großen Espresso und ein gemütliches Frühstück gönnen! Und vielleicht hatte er ja Glück und Maria leistete ihm dabei Gesellschaft. Immerhin war heute Sonntag!
     
    Maria lehnte den Kopf an Angelos Schulter und schloss die Augen. Jetzt saßen sie schon wie ein altes Ehepaar auf dieser Gartenbank und genossen die Abendsonne. Bei diesem Gedanken musste Maria lächeln.
    »Morgen Abend um diese Zeit findet bereits das erste Proberennen statt«, unterbrach Angelo die einvernehmliche Stille.
    Maria rückte ein wenig von ihm ab und schaute ihm ins Gesicht. Der bläuliche Schatten unter seinem Auge hatte sich zu einem blühenden Veilchen ausgewachsen und das Oberlid war immer noch leicht geschwollen. Dafür war die Schwellung der Lippe bereits wieder etwas zurückgegangen. Sacht strich sie mit einem Finger darüber.
    »Tut es noch weh?«, wollte sie wissen.
    Angelo grinste. »Wenn du nicht draufdrückst, nicht.«
    »Entschuldige«, sagte Maria und zog erschrocken ihre Hand zurück. »Ich mache mir Sorgen, dass dein blaues Auge dich während der Rennen beeinträchtigen könnte.«
    Angelo zuckte mit den Schultern. »Bis Donnerstag, bis zum Palio, wird die Schwellung hoffentlich abgeklungen sein.«
    »Und bei den Proberennen?«
    »Da geht es ja nicht ums Ganze. Ich werde halt noch ein bisschen vorsichtiger sein.«
    Maria schüttelte den Kopf. »Ich verstehe sowieso nicht, warum du bei den Proberennen unbedingt selbst reiten musst. Die anderen fantini machen das doch auch nicht!«
    »Oh doch«, widersprach Angelo. »Die meisten reiten die Proberennen selbst. Es ist eine gute Gelegenheit, sein Pferd kennenzulernen. Wenn du weißt, wie es auf Hilfen reagiert und wie es mit der Bahn zurechtkommt, erhöht das die Sicherheit während des eigentlichen Rennens.«
    »Ich finde trotzdem, dass es ein unnötiges Risiko ist – zumal du im Moment nicht hundertprozentig fit bist.«
    Angelo lächelte und küsste sie zärtlich. »Du bist süß, wenn du dir Sorgen um mich machst. Aber das brauchst du wirklich nicht. Alle werden vorsichtig sein und sich und ihr Pferd schonen. Niemand will eine Verletzung riskieren.«
    Maria erinnerte sich an das Gespräch, das sie heute Morgen während des Frühstücks mit ihrem Vater geführt hatte, nachdem der capitano von der Nachtprobe zurückgekehrt war. Er hatte sich sehr zufrieden über die Pferde geäußert, aber auch gesagt, dass diesmal sehr unterschiedlich leistungsstarke Pferde zur Auswahl stünden. Wenn Angelo nun ein schlechtes Pferd bekam, erhöhte das nicht nur die Siegeschancen für den Adler, es würde vielleicht sogar zu Angelos Sicherheit beitragen, da er erstens weniger stark von den anderen attackiert wurde und zweitens eventuell schnell den Anschluss an die Gruppe verlor, die sich weiter vorne ein heißes Gefecht liefern würde.
    Maria hatte diesen Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als sie sich auch schon dafür schämte. Ihr Verlobter war mit Leib und Seele Jockey. Er riskierte Leben und Gesundheit für einen Sieg. Und sie, als seine zukünftige Ehefrau, musste ihn dabei unterstützen, wo sie nur konnte. Ob es ihr nun passte oder nicht.
    »Weißt du was?«, fuhr Angelo fort. »Komm doch einfach mit und pass auf mich auf!«
    Maria lächelte. »Natürlich werde ich mir die Proberennen anschauen«, erwiderte sie.
    »Und wen feuerst du an? Fernando oder mich?«
    Seufzend wandte Maria ihr Gesicht ab. Schon wieder so eine Frage, auf die es keine einfache Antwort gab. Ihr Blick fiel auf den majestätischen Baum, dessen gewaltiger Wipfel ihnen Schatten bot, und plötzlich runzelte sie die Stirn. »Was ist das denn?«, sprach sie mehr zu sich selbst als zu Angelo, der auf der Bank sitzen blieb und ihr neugierig hinterhersah, während sie mit langsamen Schritten auf den uralten Baum zuging. Vor dem Stamm hockte sie sich hin und hob eins der zahlreichen Blätter auf, die braun und

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