Der dunkle Herzog
dem bekannten McGuire – dem Laird des McGuire-Clans –, obwohl sie ihr Leben als Tochter eines englischen Viscounts begonnen hatte und für die feine Gesellschaft Londons erzogen worden war. Allem Anschein nach verehrte Mrs McGuire ihren Ehemann von den Highlands sehr, und die Feste, die sie Edinburgh gab, waren berühmt.
Überdies war sie eine sehr gutherzige Frau und eine Freundin von Eleanors verstorbener Mutter gewesen. Eleanor mochte sie sehr. Warum Mrs McGuire ein Mädchen aus einem Bordell eingestellt hatte, das galt es herauszufinden.
Hart und Eleanor stiegen vor dem Haus Mrs McGuires in Edinburgh aus der Kutsche und betraten den Läufer, den ein Diener von der Kutsche bis zur Türschwelle ausgerollt hatte. Die ganze Straße hielt inne, um die feine Kutsche mit den herrlichen Pferden zu betrachten sowie einen Blick auf den berühmten schottischen Duke und seine ihm frisch angetraute Frau bei ihrem ersten gemeinsamen öffentlichen Auftreten zu werfen.
Mrs McGuire stand in der Beletage oben an der Treppe und war damit beschäftigt, ihre Gäste zu begrüßen. Ein dralles Hausmädchen mit sehr schwarzem Haar nahm Eleanor in der relativ ruhigen Eingangshalle den Schal ab. Als das Mädchen an Hart vorbeiging, blieb er stehen, lächelte sie an und blinzelte ihr unverhohlen zu. Das Mädchen errötete, aber sie lächelte ihn strahlend an und zwinkerte zurück.
Eleanor öffnete den Mund, um eine Erklärung zu verlangen. Aber Hart hatte sich bereits abgewandt, um einige seiner politischen Freunde zu begrüßen, die ihn in Beschlag genommen hatten und mit ihm die Treppe hinaufstiegen. Maigdlin führte Eleanor in eines der für die Damen bereitstehenden Zimmer, damit sie richten konnte, was die kurze Fahrt von Isabellas Haus in Edinburgh bis hierher an Eleanors Haar und Kleid hatte in Unordnung bringen können.
Ehe Eleanor entscheiden konnte, was sie von Harts unverfrorenem Blickaustausch mit dem Mädchen halten sollte, betrat ebenjenes Mädchen das Zimmer, kam direkt auf Eleanor zu und machte vor ihr einen perfekten Hausmädchenknicks.
»Euer Gnaden.«
Maigdlin starrte sie wie eine Bärin an, die bereit war, ihr Junges zu verteidigen. »Was für eine Frechheit. Man spricht eine Duchesse nicht ohne deren Erlaubnis an, Sie unwissendes Frauenzimmer. Was wollen Sie?«
»Es ist schon gut, Maigdlin«, sagte Eleanor rasch. »Das ist Joanna Brown, nicht wahr?«
Aus dem Haus in High Holborn.
Das Mädchen knickste erneut. »Ja, Euer Gnaden.« Sie sprach mit einem Akzent, wie er in einer der dunkleren Gegenden Londons üblich war, wie Eleanor zu wissen glaubte. »Ich weiß, es ist verdammt frech, aber kann ich mit Ihnen sprechen? Unter vier Augen?«
Maigdlin warf Joanna einen Blick höchsten Abscheus zu, aber Eleanor hob vermittelnd die Hand. »Natürlich. Maigdlin, würden Sie draußen aufpassen, dass wir nicht gestört werden?«
Maigdlins Zorn war unübersehbar, aber sie legte die Bürsten zur Seite, die sie aus Eleanors Koffer genommen hatte, knickste widerwillig und schwebte zur Tür hinaus, als sei sie entschlossen, Joanna zu zeigen, dass zumindest eine von ihnen Manieren hatte. Wäre Eleanor eine kleinliche Verfechterin von Anstandsregeln gewesen, hätte sie dafür sorgen können, dass Joanna entlassen wurde, weil sie sich ihr unaufgefordert genähert hatte, ganz zu schweigen davon, dass sie Eleanor angesprochen hatte. Aber Eleanor hatte sich nie viel aus Regeln gemacht, besonders wenn sie dem im Weg standen, was sie zu tun wünschte.
»Es tut mir leid, Euer Gnaden«, entschuldigte sich Joanna, kaum dass sie allein waren. »Aber ich weiß, dass Sie das Augenzwinkern gesehen haben, und ich wollte es Ihnen erklären, damit Sie nicht auf falsche Gedanken kommen.«
Eleanor betrachtete sie genauer. Joanna hatte schwarzes Haar und blaue Augen und hatte ihre erste Jugend wohl schon hinter sich; sie schätzte sie um die dreißig. Sie hatte ein gewinnendes Lächeln, und ihre Augen funkelten lebhaft.
»In Ordnung«, sagte Eleanor. »Aber zunächst muss ich Sie etwas fragen. Was wissen Sie über die Fotografien?«
Das Lächeln des Mädchens wurde breiter. »Viel, Euer Gnaden. Sie haben sie also bekommen?«
»Sie haben mir die Aufnahmen geschickt?« Sie dachte an die fehlerhaft geschriebenen Mitteilungen, die immer geschlossen hatten mit
Von einen wo es gut mit ihnen meint
. Die Worte passten zu der netten Frau, die jetzt vor ihr stand.
»Du meine Güte«, sagte Eleanor. »Sie haben mich ja ganz schön an der Nase
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