Der dunkle Highlander
Zeilen. »Das ist alles. Mehr steht hier nicht. Weder über die Draghar noch über die Weissagung.« Er fluchte leise und überflog hastig die nächsten Seiten. Schließlich schlug er den Folianten zu und legte ihn beiseite.
Chloe schwirrte der Kopf. Sie und Silvan tauschten einen besorgten Blick. Dageus ging unablässig auf und ab. Schließlich blieb er stehen und sah seinen Vater an. »Das ändert alles. Chloe und ich müssen zurück in ihr Jahrhundert.«
»Wir wollen nichts überstürzen, mein Junge. Wir müssen gründlich nachdenken ...«
»Nein, Da«, wehrte Dageus entschieden ab. Er war wie versteinert, sein Blick dunkel. »Ganz offensichtlich ist der Mann, der Chloe angegriffen hat, ein Mitglied der Draghar-Sekte. Ihre Prophezeiung muss sie zu mir geführt haben. Aus allem, was wir gelesen haben, dürfen wir folgern, dass sie die Macht der Steine nicht nutzen können. Deshalb haben sie mich nicht bis hierher verfolgt. Ich weiß nicht, wie ich die Sekte in diesem Jahrhundert aufspüren kann. Aber im einundzwanzigsten Jahrhundert wissen sie, wo sie mich finden können.«
»Du willst, dass sie dich finden?«, rief Silvan. »Warum?«
»Wer könnte mir genauere Angaben über die Wesen machen, die in mir sind, wenn nicht die Druiden, die ihre Prophezeiung über Jahrtausende bewahrt haben?« Dageus ließ den Blick durch die Kammer schweifen. »Hier können wir noch Monate vergeblich suchen. Ich fühle aber ... mmh, ich fühle, dass meine Zeit bald abgelaufen ist.«
Chloe holte tief Luft, um Kraft zu sammeln. »Silvan, ich glaube, er hat Recht. Die Keltar besitzen sämtliche Schriften über die Keltar. Es ist nur logisch anzunehmen, dass die Draghar eine ähnlich große
Bibliothek über die Draghar besitzen. Außerdem könnt Ihr die Suche hier fortsetzen und uns die Dinge übermitteln, die Ihr findet. Wenn ich den Vorgang der Zeitreisen richtig verstanden habe, müsste alles, worauf Ihr gestoßen seid, in unserem Jahrhundert verfügbar sein.«
»Das gefällt mir nicht«, urteilte Silvan.
Nun schaltete sich Dageus wieder ein. »Selbst wenn wir diese Informationen heute nicht entdeckt hätten, wäre es mir nicht möglich, noch viel länger zu bleiben. Und das weißt du auch. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, meine Augen ...«
»Das ist uns aufgefallen«, sagten Chloe und Silvan wie aus einem Mund.
»Dann wisst ihr auch, dass ich Recht habe«, fuhr Dageus entschieden fort. »Ich muss zumindest Chloe in ihre Zeit bringen. Bevor es für mich zu riskant wird, Magie einzusetzen, um die weiße Brücke zu öffnen. Wir müssen zurück, am besten ohne jede Verzögerung.«
An ihrem letzten Abend im sechzehnten Jahrhundert dinierten sie ausführlich in der Großen Halle. Anschließend genossen sie den Sonnenuntergang auf der Terrasse. Chloe, Silvan und Neil sahen zu, wie Dageus seine kleinen Halbbrüder im Abendrot über die Wiese jagte.
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wieder ins einundzwanzigste Jahrhundert zu gehen, dachte Chloe. Um sie herum riefen leise die Eulen und zirpten die Grillen. Sie hatte die friedlichen Laute der ländlichen Gegend sehr vermisst, nachdem sie Kansas verlassen hatte. Und es war ein solcher Genuss, bei der süßen Musik der Natur in den starken Armen ihres Highlanders einzuschlafen. Ihr fiel auf, dass sie zwar seit Wochen in der Vergangenheit lebte, aber kaum etwas davon gesehen hatte. Sie hatte sich hauptsächlich im Schloss und in der verstaubten Kammer aufgehalten. Wie gern würde sie noch einmal nach Balanoch reiten, um das Dorf zu erkunden! Und wenn sie die Zeit gehabt hätten, wie gern hätte sie dann Dageus gebeten, mit ihr nach Edinburgh zu reisen, um sich das mittelalterliche Leben genauer anzusehen. Noch trauriger aber war es, Silvan und Neil zurücklassen zu müssen. Sie wusste, dass sie die beiden nie wiedersehen würde - außer auf den Porträts in Maggies Galerie.
Aber ihre sofortige Rückkehr war unumgänglich. Sie würde keine Ruhe finden, wenn sich Dageus bereit erklärte, noch zu bleiben. Wahrscheinlich würde sie an rein gar nichts mehr Freude finden, bis Dageus gerettet war.
»Du wirst gut auf ihn Achtgeben, nichtwahr?«, fragte Neil leise.
Sie und Silvan sahen Chloe eindringlich an.
Chloe lächelte. »Ich liebe ihn. Ich werde nicht von seiner Seite weichen«, versprach sie im Brustton der Überzeugung . »Silvan, steigert Euch nicht in unnötige Aufregung hinein«, neckte sie ihn, um seine ernste Miene ein wenig aufzuhellen. »Ich passe gut auf Euren
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