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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Ding leer und stellen es auf den Kopf.«
    Hale machte sich wortlos an die Arbeit. Er räumte die Fächer aus und förderte eine Menge Kleinkram zutage, den die früheren Mieter zurückgelassen hatten. »Fertig?« fragte er dann.
    Ich nickte.
    Wir packten das schwere Möbel und zerrten es nach vorn. Während wir wie die Möbelpacker schufteten, sagte Hale keuchend: »Das ist noch solide Werkmannsarbeit. Übrigens, Lam, bin ich auch so ein Stück von einem Detektiv. Wir Anwälte lernen die merkwürdigsten Menschen kennen, und das Studium der menschlichen Natur war von jeher meine Schwäche. Manchmal stößt man da auf ganz komische Sachen. - Jetzt müssen wir das Ding nach vorn kippen. Vorsichtig! So, das hätten wir. — Nach dem Tod einer Klientin fand ich mal einen Koffer voll alter Briefe. Hoch interessant kann ich Ihnen sagen. Die alte Dame war achtundsiebzig Jahre alt geworden und hatte sämtliche Briefe aufbewahrt, die sie im Laufe ihres langen Lebens erhalten hatte. Ein paar hatten es in sich, pures Dynamit. — Passen Sie auf. Jetzt stellen wir das Möbel auf den Kopf. Nanu, da ist ja was Schweres drin!«
    Es war in der Tat ein gewichtiger Gegenstand in dem Hohlraum. Er glitt rumpelnd an der Rückwand hinunter, krachte gegen die Holzverschalung und blieb irgendwo hängen. »Wir müssen das Ding hochheben und schütteln«, sagte ich.
    Der Sekretär war verdammt schwer. Wir zerrten uns die Seele aus dem Leib, bevor wir ihn in die richtige Lage gebracht hatten. Als er schräg nach unten hing, plumpste der Gegenstand heraus, gefolgt von einem Berg Papier, das raschelnd auf den Teppich flatterte. Wir schüttelten noch einmal kräftig, und Hale klopfte mit seiner Riesenpranke gegen die Rückwand des Schreibtisches. »Ich glaube, das war alles«, meinte er. Wir richteten das Möbel wieder auf und wandten uns dann dem Zeug auf dem Fußboden zu. Alte Briefe, vergilbte Zeitungsausschnitte und darunter — ein 38er Revolver. Hale und ich starrten ihn schweigend an.
    Ich hob das Schießeisen auf und besah es mir. Vier Kammern waren geladen, zwei enthielten leere Patronenhülsen. Bis auf ein paar Rostflecke befand sich die Waffe in gutem Zustand.
    »Das Ding muß aus der obersten Schublade in den Hohlraum gerutscht sein«, sagte Hale. »Der Eigentümer hat vermutlich vergessen, daß...«
    »Augenblick mal«, warf ich ein. »Davon muß ich mich erst überzeugen.« Ich machte die Schublade zu und zog sie schnell wieder auf. »Ausgeschlossen. Der Zwischenraum ist zu schmal. Bei dem Papierkram ist das was anderes. Aber das Schießeisen kann niemals aus Versehen da hineingeraten sein. Mit anderen Worten, jemand hat es ganz bewußt dort versteckt.«
    Hale zündete ein Streichholz an und stierte angestrengt in den Schreibtisch. »Sie haben recht, Lam.« Dann hockte er sich auf den Teppich und murmelte: »Und nun zu den Briefen.«
    Sie waren wenig aufschlußreich, aber Hale amüsierte sich köstlich. Vor allem der verzweifelte Notschrei eines Mannes, dem das Wasser anscheinend bis zum Halse stand und der seinen Freund in bewegten Worten um zwanzig Dollar bat, hatte es ihm angetan. Er schmunzelte. »So etwas liebe ich. Der Schreiber hat furchtbar übertrieben. Ich würde dem Kerl nicht mal einen Dollar pumpen. Und hier die Klage eines sitzengelassenen Mädchens. Fleht den Schuft an, zu ihr zurückzukehren und sie zu heiraten. Rührend. Finden Sie nicht auch?«
    »Ja«, antwortete ich zerstreut. Ich hatte mir einige Zeitungsausschnitte herausgegriffen, und sie entpuppten sich als eine höchst interessante Lektüre. »Hale, ich glaube, Sie hatten recht. Der Schreibtisch ist wirklich eine wahre Fundgrube.«
    »Ja, finden Sie das auch?«
    »Ich meine die Zeitungsausschnitte. Sie scheinen das Vorhandensein des Schießeisens zu erklären.«
    Hale ließ den Brief fallen, in dem er gerade geschmökert hatte, und rief aufgeregt: »Donnerwetter! Tatsächlich?«
    »Ich hab’ hier einen fünf Jahre alten Ausschnitt aus der Los Angeles Times. Es handelt sich um den Mord an einem Mann namens Craig: Howard Chandler Craig, neunundzwanzig Jahre alt, unverheiratet, arbeitete als Buchhalter bei den Roxberry Estates.«
    »Sie nehmen an, daß der Mörder flüchtete, hier untertauchte und...« Hale fischte einen anderen Ausschnitt aus dem Haufen und begann ihn auseinanderzufalten, während ich den Bericht in der Los Angeles Times studierte. Als Hale erregt nach Luft schnappte, wußte ich, warum.
    »Lam! Sehen Sie her!«
    »Ich weiß, ich lese gerade

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