Der dunkle Ritter (German Edition)
eine wunderschöne Stadt. Ich kann sagen, dass es eine durch und durch angenehme Pilgerreise gewesen wäre, hätte es nicht diese fürchterliche Hitze gegeben – und diese Unmenge von Bettlern, die fast jede Straße und jeden öffentlichen Platz belagerten.«
»Vielleicht hätten sie nicht so viel gebettelt, hätten die Kreuzritter nicht jeden Getreidespeicher und jedes Feld auf ihrem Weg niedergebrannt.«
Bei Cabals leiser Bemerkung hielt Emmalyn den Atem an und hoffte, dass sie die Einzige am Herrentisch war, die die unbesonnenen Worte gehört hatte. Ein stummes Gebet wurde zum Himmel gesandt, dass der Abend ohne weitere Zwischenfälle vorübergehen möge, doch es wurde einen Augenblick später durch Lord Spencers Frage unterbrochen. »Kann ich annehmen, dass Ihr auch dort gewesen seid, Sir?«
»Das war ich.« Cabals Antwort war ein galliges Knurren, während er sich von seinem Platz am Tisch erhob. »Ich habe fast drei Jahre in Palästina gekämpft, und ich frage mich, von welchem Ort Ihr eigentlich sprecht, weil er sich so sehr von dem Jerusalem unterscheidet, das ich kannte.«
Emmalyn sah die harten Falten des Zorns in sein Gesicht kriechen und wusste, dass sein Lächeln vor Groll ganz steif war. »Cabal, nein«, flüsterte sie, als er seinen Becher leerte und ihn ungeschickt auf den Tisch stellte.
»Kein Gold auf den Straßen, sagt Ihr? Wohl nicht, aber wie hätte sich da irgendjemand überhaupt sicher sein können? An dem Tag, an dem ich durch Jerusalem ging, stand das Blut der Sarazenen knöcheltief in den Straßen.«
Ein Bahrtuch aus Schweigen legte sich über die Halle, so schockiert waren alle über diese ungeheuerlichen Worte. Emmalyn wollte Cabal bitten aufzuhören, aber die Stimme gehorchte ihr nicht. Sie konnte ihn nur anstarren, voller Angst vor dem, was er noch sagen könnte, und war dennoch gezwungen, ihn reden zu lassen.
»Während Ihr edlen Offiziere euch Meilen entfernt von den Kämpfen aufgehalten habt, euch mit Feigen vollgefressen habt, auf sauberen Laken schlafen konntet und eine Schar Diener hattet, die sich um jedes eurer Bedürfnisse kümmerte, haben sich die Soldaten jede Nacht hungrig auf ihre Strohmatten gelegt. Manche waren zu krank, um zu essen. Manchmal hat ein Dutzend von ihnen mit Schweiß und Blut bedeckt in einem Zelt gehaust. Die meisten von uns haben nicht gewagt zu schlafen oder auch nur die Augen zu schließen, aus Angst davor, die Ratten oder die Raubtiere der Wüste würden uns sonst fressen.
Doch was ich nie vergessen werde, ist ein heißer Sommertag im August des letzten Jahres«, sagte Cabal mit einer Ruhe, die frösteln machte. »Eine Ansammlung von Menschen auf einem Hügel vor der Stadt Acre, wo die englischen Truppen mehr als zweitausend Gefangene des Kreuzes zusammengetrieben hatten, einschließlich Frauen und Kinder –«
»Das reicht!«, bellte Lord Spencer, seine dicken Wangen hatten eine ungesunde rote Farbe angenommen. »Ihr, Sir, hattet zu viel Wein zum Essen. Ich wette, hier gibt es niemanden, der Euer betrunkenes Geschwätz hören will – am allerwenigsten Eure Königin!«
Aber Eleanor sagte nichts. Sie saß in beherrschtem Schweigen da, während Cabal mit einer Stimme weitersprach, die kalt und hart vor Zorn war. »Wie wilde Tiere haben wir auf jenem Hügel zweitausendsiebenhundert unschuldige Menschen abgeschlachtet.«
»Oh Stephan!«, schrie Josette. »Bitte bring ihn zum Schweigen!« Aber selbst Josettes Mann schien zu schockiert, um etwas sagen zu können, er sah Cabal in stummem Staunen an, als wäre der Teufel selbst zum Essen nach Beaucourt gekommen.
»Wir haben sie in kürzester Zeit in Stücke geschlagen«, fuhr Cabal fort. Sein gequälter Blick glitt jetzt zu Emmalyn, die dastand, die Hand auf das Herz gepresst, wie um es vor Schmerzen zu schützen. »Als es vorbei war, blieben ein paar von uns zurück, um die blutigen Überreste zu durchsuchen, nach Gold oder Juwelen, die die Menschen verschluckt haben könnten, bevor wir sie gefangen genommen hatten.« Cabals Lachen klang spröde, freudlos. »Eine stolze Zeit für England, meintet Ihr?«
Josette stieß ein Keuchen aus und wurde ohnmächtig, wie leblos fiel sie in die Arme ihres Mannes. Während auf der Estrade und in der Halle ein schockiertes Stimmengewirr ausbrach, sah Emmalyn nur diesen verbitterten, verwundeten Mann vor sich, den sie so sehr liebte. Sie empfand seinen Schmerz und fragte sich, ob sie ihn je wirklich kennen würde.
»Oh Cabal«, wisperte sie und fühlte heiße
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