Der dunkle Ritter (German Edition)
sah.
Schulter an Schulter und mit brennenden Pechfackeln stand eine Armee von mehr als zweihundert Bauern vor ihnen. Jeder Mann und jede Frau, Jung und Alt, die auf Fallonmours Land lebten und arbeiteten, waren gekommen und bereit, es zu verteidigen. Bewaffnet mit Werkzeugen von ihren Höfen und den in Lincolnshire gekauften Waffen, hatten sich die Dörfler zusammengetan und waren zum Turm marschiert. Zwölf Armbrüste richteten sich auf Hugh, als Cabal ihn auf den Burghof hinausstieß, zahllose Forken und Sicheln schimmerten gefährlich im Fackelschein.
Und in der Mitte der ersten Reihe dieser unglaublichen Schar mutiger Heldinnen und Helden stand Emmalyn; hoch aufgerichtet und mit vorgerecktem Kinn, sah sie für Cabal noch ehrfurchtgebietender aus als die außergewöhnliche Armee, die sie anführte. Trotz ihrer zarten Gestalt schien Emmalyn mit ihrer Präsenz ganz allein den großen Burghof auszufüllen.
Wie eine Löwin, die bereit ist, ihre Sippe zu beschützen, stand sie in vorderster Reihe. Ihr üblicherweise geflochtenes goldenes Haar befand sich in wilder Unordnung, die Locken hatten sich gelöst und wehten im Nachtwind. Sie trug keine Waffen, um dieser Auseinandersetzung zu begegnen, sondern stand Hugh stattdessen im Vertrauen auf ihre Leute gegenüber, im Vertrauen auf sich selbst. Stark, selbstbewusst, mutig. Hier stand Fallonmours wahre Heldin.
Cabal hatte sich noch nie so demütig, aber auch noch nie so stolz gefühlt.
Emmalyn sah ihn an und lächelte. Es war ein kleines Lächeln, das ihn wünschen ließ, dass sie erleichtert sein könnte, ihn jetzt vor sich stehen zu sehen. Dass sie ihm seine Dummheit vom Abend zuvor vergeben könnte. Dass sie ihm alles vergeben könnte. Er sah das sanfte Licht, das sich in ihren Augen spiegelte, und hoffte, dass er sie trotz allem doch noch nicht verloren hätte.
Hugh jedoch konnte nichts Freundliches in den Augen der unerschrockenen Lady finden, die sich auf ihn gerichtet hatten. Emmalyn durchbohrte ihn mit einem eisigen Blick, als sie auf die offenen Burgtore zeigte und nur ein Wort sagte: »Geht.«
Er zögerte und blickte dorthin, wo Sir Miles mit seiner Garnison den Großteil seiner leidenden Männer mitsamt Rannulf auf dem Hof zusammengetrieben hatte und sie dort ohne Mühe in Schach hielt. Er blickte in die harten Gesichter der Bauern, die bereit waren, ihn auf Emmalyns Befehl hin mit Pfeilen zu durchbohren, und er tat den ersten Schritt auf den Burghof.
»Ihr macht einen fatalen Fehler, Emmalyn«, rief er mit drohender Stimme, als er weiterging und langsam den Weg durch die Menschenmenge antrat, die sich vor ihm teilte. Einige Dörfler folgten ihm, drängten ihn weiter voran, indem sie ihm ihre Forken in den Rücken stießen. »Ich werde diese Beleidigung nicht vergessen!«, brüllte er Emmalyn über die Schulter zu. »Auch Eure kostbare Königin wird jetzt nicht mehr in der Lage sein, Euch zu schützen!«
Die Lady zuckte angesichts dieser Drohung mit keiner Wimper. Stattdessen sagte sie zu einem der Ritter Fallonmours, der neben ihr stand: »James, holt den Karren und bringt ihn auf den Burghof. Hugh und seine Männer werden ihn für den Rückweg nach Wardeaux brauchen.«
Als der Karren mit Hughs geschlagener Armee beladen war, kam Cabal die Stufen des Turmes hinunter und begab sich zu Emmalyn.
»Bist du schwer verletzt?«, fragte sie und zeigte auf den Schnitt an seinem Arm.
Er schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Es ist nichts.« Er hatte nicht einmal mehr an die Verwundung gedacht und spürte auch nicht den pochenden Schmerz, jetzt, da er sie ansah. »Emmalyn, was Hugh gesagt hat über Garretts Tod –«
»Du hast ihn getötet, um das Mädchen zu retten«, sagte Emmalyn. »Dein Ehrgefühl hätte niemals zugelassen, dass er ihr Schaden zufügte. Ich weiß das, ohne dass du es mir sagen musst, Cabal.«
»Ich hätte dir von Anfang an alles erzählen sollen.«
Als sie den Blick von ihm abwandte und tief Luft holte, konnte Cabal sich gerade noch davon abhalten, sie in die Arme zu nehmen. Hin- und hergerissen zwischen der Furcht, von ihr zurückgewiesen zu werden, und dem Wunsch, sie zu berühren, ballte er die Hände zu Fäusten.
»Was alles wirst du noch vor mir zurückhalten? Was alles werde ich selbst herausfinden müssen?«, fragte sie gebrochen. »Ich liebe dich, Cabal, aber ich kann dich nicht stückchenweise lieben. Ich will dich ganz: deine Vergangenheit, deine Zukunft, und jeden Augenblick dazwischen. Du musst mir vertrauen. Du
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