Der dunkle Ritter (German Edition)
ablehnen, denn sie fühlte sich unbehaglich, wenn sie allein mit ihm war. Es beunruhigte sie, wie ihr Körper auf ihn reagierte, wann immer er in ihre Nähe kam. Sie schüttelte den Kopf, und die Ablehnung lag ihr schon auf der Zunge, als Martin in der offen stehenden Tür der Wollscheune auftauchte. Er schaute erst auf den imposanten Ritter, dann auf sie und wich von der Schwelle zurück.
»Entschuldigt, Mylady. Ich wollte nicht stören.«
»Martin, es ist in Ordnung«, rief Emmalyn. »Komm herein.«
»Aye, Martin, komm herein. Deine Lady und ich möchten mir dir reden.«
Emmalyn wandte sich mit gerunzelter Stirn Sir Cabal zu und kehrte zum gewohnten normannischen Französisch zurück. »Ihr sprecht ihre Sprache.«
»Überrascht Euch das?«
»Nein«, leugnete sie rasch. »Es ist nur, dass Garrett sich niemals herabgelassen … «
Sir Cabal lächelte. Ein weiterer Hinweis darauf, dass er und Garrett sich in vielem nicht ähnlich waren. Ein weiterer Hinweis darauf, wie wenig sie über diesen Mann wusste, der in ihr Leben befohlen worden war.
»M-Mylady?«, stammelte Martin und sah zunehmend nervöser aus, je länger er sich in der Nähe des Ritters aufhielt.
»Du bist der Dorfvogt?«, fragte Sir Cabal.
»Aye, Mylord.«
»Dann zeig uns den Kornspeicher, Martin. Deine Lady will sich eine Übersicht über den Bestand der Gerste verschaffen.«
Emmalyn runzelte verwirrt die Stirn. »Ich habe die Vorräte erst gestern Nachmittag überprüft, Sir Cabal. Ich sehe keinen Sinn darin, das heute Morgen noch einmal zu tun.«
»Ich denke, dass Martin mich sehr gut versteht«, erwiderte der Ritter kryptisch.
»Ich verstehe es nicht«, sagte sie. »Worüber sprecht Ihr?« Als der Vogt unverwandt zu Boden schaute, begann Emmalyns Herz einen Trommelwirbel ahnungsvollen Schreckens zu schlagen. »Martin, hast du mir wegen des Gerstenvorrats etwas zu sagen?«
Als dieser endlich den Kopf hob, war sein Gesicht ein einziger Ausdruck von Zerknirschung. »Mylady, es gab einen Diebstahl gestern Nacht … «
»Einen Diebstahl?«, wiederholte sie. »Pfui! Kein Wunder, dass du dich heute Morgen so seltsam benommen hast. Wurde jemand verletzt? Was haben wir verloren, Martin?«
»Nein, niemand wurde verletzt, Mylady. Die Diebe habe nur ein wenig von der Gerste genommen und zwei Saugferkel –«
»Dieses Mal«, warf Sir Cabal ein. »Letzten Monat waren es ein Fass Ale und sechs Hennen, oder nicht, Martin?« Als dieser nicht antwortete, hakte der große Ritter nach. »Und davor wurden Rüben und ein Sack Mehl gestohlen.«
Emmalyn spürte die wachsende Furcht des Bauern und kam ihm rasch zu Hilfe. »Ihr klagt diesen Mann ohne Grund an, Mylord. Fallonmour hat nichts von diesen Dingen verloren und ganz gewiss nicht durch fortgesetzten Diebstahl. Sollte es solche Verluste geben, wäre ich die Erste, die davon wüsste, das versichere ich Euch. Außerdem, wären diese Sachen aus unserem Lager geraubt worden, meint Ihr nicht auch, dass es herausgekommen wäre, weil sie in den Büchern gefehlt hätten? Arlo hat mir keine Verluste gemeldet.«
Sir Cabals Blick war auf Martin gerichtet. »Sag es ihr.«
»Ehm, Mylady«, stammelte der Vogt. »Ich fürchte, es ist wahr.«
»Wie kann das sein? Ich habe die Einträge selbst überprüft, Martin. Ich habe diese Dinge mit meinen eigenen Augen gesehen. Wie hätte ich Getreide und Hühner zählen können, von denen du jetzt sagst, sie seien nicht da?«
»Hättet Ihr in den Lagern im Dorf nachgesehen, Mylady, hättet Ihr bemerkt, dass etwas fehlt.«
Sie sah ihn prüfend an. »Was sagst du da?«
»Die Bauern haben die Vorräte Fallonmours mit Dingen aus ihrem eigenen Vorrat wieder aufgefüllt, Mylady«, erklärte Sir Cabal. »Rüben von den Feldern der Bauern, Mehl und Bier aus den Fässern des Dorfes, Hühner von ihrem eigenen Federvieh.«
»Ich verstehe das nicht, Martin. Wie lange geht das schon so?«
Der Vogt stieß zitternd seinen Atem aus, seine Stimme bebte, als er antwortete. »So ungefähr seit der ersten Schneeschmelze, Mylady.«
Drei Monate? Ein Vierteljahr, und die ganze Zeit war sie absolut ahnungslos gewesen! Sir Cabal war im Gegensatz zu ihr erst seit einem Tag auf Fallonmour, und es schien, dass er bereits besser als sie über ihre eigenen Angelegenheiten Bescheid wusste. Emmalyn erkannte sofort, dass ihre Verstimmtheit weniger mit ein paar gestohlenen Nahrungsmitteln zu tun hatte als vielmehr damit, dass sie von ihm überrascht und bloßgestellt worden war.
Obwohl sie versuchte,
Weitere Kostenlose Bücher