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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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bedeutet, über die eigene Zukunft nicht bestimmen zu können.«
    »Meint Ihr?«
    »Ihr seid ein Mann!« Sie schleuderte ihm diese Worte wie eine Anklage entgegen. »Ihr zumindest habt die Freiheit, Euer eigenes Schicksal zu wählen.«
    Cabals Lachen klang spröde, und es blieb ihm fast im Halse stecken. »Ich habe nicht mehr wählen können, seit ich vierzehn war«, entgegnete er und war selbst überrascht, dass er an jenen einen entscheidenden Tag zurückdachte – ganz zu schweigen davon, dass er zu ihr darüber sprach. Aber es war zu spät, die Worte zurückzunehmen; Emmalyn sah ihn an, und ihr sanfter, fragender Gesichtsausdruck war wie Balsam, der das Gift aus einer Wunde zog.
    Doch Cabal war sich ganz und gar nicht sicher, ob er geheilt werden wollte.
    Du kannst nicht mehr geheilt werden, spottete sein unbarmherziges Bewusstsein im nächsten Augenblick und ließ ihn zurückkehren in die dunkle Geborgenheit von schwärendem Hass und seit Langem vergrabenem Herzschmerz. Hinauszutreten ins Licht würde ihn nur verbrennen, und er hatte niemals jemanden auch nur einen Fuß in seine trostlose Vergangenheit setzen lassen. Das würde er auch nie jemandem gestatten, am wenigsten dieser Lady.
    »Was ist passiert, als Ihr vierzehn wart?«
    Lady Emmalyns sanfte Stimme hüllte ihn ein, und Cabal musste feststellen, wie schwer es für ihn war, ihrem beruhigenden Sog zu widerstehen. Er zwang sich zu einem gleichmütigen Schulterzucken. »Es war das Jahr, in dem ich nach London geschickt wurde, um für die königliche Garnison ausgebildet zu werden«, sagte er, wobei er die bittere Wahrheit auf ein Mindestmaß beschränkte, um Lady Emmalyn davon abzubringen, weiter nachzubohren.
    Selbst heute, nach vierzehn Jahren Abstand von jener Nacht, die sein Leben für immer verändert hatte – die Nacht, in der ihm alles genommen worden war und die ihn zu dem gemacht hatte, der er heute war – , fühlte Cabal noch immer den heißen Stachel der Wut tief in seinem Inneren brennen.
    Vor vierzehn Jahren war seine Mutter von einem Edelmann angegriffen worden, in einem Saal voller Menschen. Der hochgeborene Lord hatte sich darüber empört, dass eine niedrig geborene Gauklerin ihn zurückwies, und er hatte sie geschlagen. Sie war mit dem Kopf gegen eine Steinmauer geprallt und hatte keinen Atemzug mehr getan. Und um die schändliche Tat noch schlimmer zu machen, hatte der Mörder ihr den einzigen Gegenstand von Wert gestohlen, den sie besessen hatte: einen Ring aus ziseliertem Silber, das einen großen Edelstein umschloss, der die Farbe von rauchgrauem Stahl hatte. Der Ring war ein Geschenk von Cabals unbekanntem Vater gewesen, ein Andenken, von dem seine Mutter geglaubt hatte, es würde sie vor Schaden bewahren können.
    Vor vierzehn Jahren war Cabal in jener Burg zurückgeblieben, nachdem die Jongleure und Gaukler die Burg verlassen hatten. Er hatte sich in einem dunklen Winkel des Turmes versteckt und taub vor Gram und zitternd vor Angst darauf gewartet, dass alle entweder gegangen waren oder auf ihren Strohmatten schliefen. Dann, in der Tiefe der Nacht, war er in das Zimmer des Lords geschlichen und hatte ihn kalten Blutes getötet.
    »Ihr seid als Kind zur Ausbildung in den Palast gekommen, Mylord?«, drängte Lady Emmalyn ihn jetzt, und ihrer Frage gelang es fast, seine selbstzerstörerischen Gedanken zurück in die Gegenwart zu holen.
    Aber so ganz konnte Cabal die Erinnerungen nicht zurückdrängen. »Ich wurde dort aufgenommen, ja«, antwortete er. »Mehr oder weniger.« Seine Antwort klang sarkastisch, denn er dachte an den unerbittlichen körperlichen Drill und die geistige Ausbildung, die einen leidenden Jungen in einen gefühllosen, tötungsbereiten Soldaten verwandelt hatten.
    Das Glück hatte Cabal vor vierzehn Jahren zugelächelt – oder vielleicht hatte es auch nur spöttisch gegrinst – , als König Heinrich nach dem niedrig geborenen Jungen schicken ließ, von dem ihm zu Ohren gekommen war, dass er einen Feind des Königreichs getötet hatte. Cabal konnte noch das Funkeln der Neugier in den Augen des alten Königs sehen, nachdem man ihn in dessen höhlenartiges Zimmer in London geführt hatte. Er wusste noch, wie interessiert die Stimme König Heinrichs geklungen hatte, nachdem er Cabals Namen gehört hatte. Er spürte bis heute den unverwandt auf ihn gerichteten, fragenden Blick des Königs, als er den Ring entdeckte, den Cabal, aufgezogen auf ein Lederband, um den Hals trug.
    Seit vierzehn Jahren hatte er den Ring

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