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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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in der Lage gewesen wären, das Lager der Bande aufzuspüren. Dank seiner scharfen Augen konnten wir der Stehlerei endlich ein Ende machen.«
    Plötzlich begann Emmalyns Herz vor Furcht schneller zu schlagen. Sie dachte an den misshandelten kleinen Jungen, der so scheu war. Sie schloss die Augen und sah sein zerschundenes Gesicht vor sich, seinen mageren Körper, die zarten Gliedmaßen. Das Versprechen, das sie ihm im Garten gegeben hatte, dass sie ihm nie wehtun würde, kam ihr nun wie der grausamste aller Scherze vor, und sofort begann sich ein Klumpen aus Eis in ihrem Magen zu bilden.
    »Was meint Ihr mit ›ein Ende machen‹?«, fragte sie mit dünner Stimme. »Was habt Ihr getan?« Emmalyn konnte kaum denken, so betäubend hart fühlte sie den Zorn in ihren Adern pulsieren. Sie schluckte die bittere Galle hinunter, die in ihrer Kehle aufzusteigen drohte. »Habt Ihr … sie getötet?«
    »Nein«, sagte er leichthin, während er nach seinem Becher griff. »Das Lager war leer, als wir es fanden.« Emmalyn glaubte, so etwas wie Enttäuschung in seiner Stimme wahrzunehmen, und fühlte erneut Zorn in sich aufflammen. »Wir haben einige ihrer Habseligkeiten mitgenommen«, fuhr Cabal fort, nachdem er einen Schluck Wein getrunken hatte. »Den Rest haben wir verbrannt.«
    Emmalyn keuchte entsetzt auf und fuhr vor ihm zurück. »Guter Gott! Riecht Ihr deswegen heute Abend nach Rauch? Weil Ihr ein paar wehrlose Unglücksvögel aufgerieben habt?«
    »Nicht ganz so wehrlos, wie sich gezeigt hat«, murmelte er, aber Emmalyn wollte kein Wort mehr hören. Ihre Sorge konzentrierte sich allein auf den Jungen, zu dem sie freundlich gewesen war und den sie unabsichtlich verraten hatte. Sie schob ihren Stuhl zurück und stürmte von der Estrade, wobei sie sich nicht um die Verwunderung scherte, die ihr Verhalten hervorrief.
    Sie war aus dem Turm heraus und schon halb in der Mitte des Burghofs, als Cabal sie am Arm festhielt. »Wohin geht Ihr?«
    »Ihn suchen!«
    Sie machte sich mit einer heftigen Bewegung von ihm los und ging weiter, dieses Mal schneller. Drei große Schritte brachten Cabal zu ihr und an ihr vorbei. Er blieb vor ihr stehen und packte sie fest an den Unterarmen. »Wen suchen, Emmalyn? Draußen ist es fast dunkel, und ich habe Euch gerade eben gesagt, dass sich Diebe in der Gegend herumtreiben. Wer ist es, für den Ihr bereit seid, Leib und Leben zu riskieren?«
    »Ich mache mir Sorgen um den Jungen«, entgegnete sie eindringlich.
    Cabal antwortete nicht; genau genommen schien er sich zunächst gar nicht an den scheußlich misshandelten Jungen zu erinnern, dem sie auf ihrem Ritt entlang Fallonmours Grenzen begegnet waren. »Offensichtlich macht der Anblick eines vernachlässigten Kindes wenig Eindruck auf Euch, Mylord.«
    »Ich erinnere mich an den Jungen«, sagte er schließlich. »Was mich verwundert, ist Eure fortgesetzte Sorge um ihn. Was kümmert Euch das Kind eines Diebes, Mylady? Besonders eines, das Euch bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Schaden zugefügt hat?«
    »Er hatte Angst an jenem Tag im Obstgarten; das ist der einzige Grund, aus dem er nach mir getreten hat. Als ich ihn heute Nachmittag gesehen habe, war er nett und sehr schüchtern –«
    »Ihr habt ihn heute gesehen? Wo?«
    »Im Blumengarten, in der Nähe des Turms.« Cabals Gesicht verfinsterte sich, und sie beeilte sich mit ihrer weiteren Erklärung. »Ich habe Rosen für mein Zimmer geschnitten, als ich ihn entdeckte. Er hatte sich in den Büschen versteckt. Er hat mir ein paar Gänseblümchen dagelassen.«
    Cabal sah sie an, als wäre sie ein Kleinkind, das gerade mit einer gefährlichen Schlange gespielt hatte. »Ihr wart allein mit ihm und habt keine Wache gerufen, um ihn gefangen nehmen zu lassen?«
    Wäre sie nicht so wütend gewesen, hätte Emmalyn über seine übervorsichtige Reaktion gelacht. »Er ist kein Verbrecher, Mylord, sondern nur ein kleiner Junge, der Fürsorge und Freundlichkeit braucht.«
    »Ihr hättet getötet werden können.« Er fluchte heftig und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wie konntet Ihr sicher sein, dass er allein war? Wie konntet Ihr wissen, ob er nicht der Köder war, dazu gedacht, Euch aus der Burg zu locken? Herrgott noch mal, Mylady, seid Ihr wirklich so naiv?«
    »Und seid Ihr wirklich so mitleidlos?«, gab sie zurück. »Dieser Junge ist ein unschuldiges, misshandeltes Kind. Das habt Ihr ebenso wie ich gesehen. Oder habt Ihr vergessen, dass er überall hässliche Narben hatte? Und heute war er

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