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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Möglichkeit besteht natürlich auch. Ich werde diese Prüfung auf mich nehmen, Maria, denn ich weiß, dass deine Gnade mich umgibt wie ein schützender Mantel.«
    Mit dem kalten Wasser in ihrer Waschschüssel wischte Almut sich das Gesicht ab und richtete ihre Kleider. Dann verließ sie ihr Haus und ging hoch erhobenen Hauptes zum Refektorium, wo die Versammelten schweigend auf sie warteten.

16. Kapitel
    Ich bin bereit, den Arzneitrunk zu nehmen«, sagte sie zu Bruder Johannes mit fester Stimme. »Doch zuvor will ich noch einige Dinge mit der Meisterin regeln!«
    »Ich werde einen Rosenkranz beten, für diese Zeitspanne mögt Ihr miteinander besprechen, was notwendig ist.«
    Magda erhob sich, und Almut folgte ihr die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
    »Ich hoffe, Pater Ivo kann sich von seinen Pflichten befreien und vorbeikommen. Vielleicht wüsste er noch einen Rat«, sagte Magda, als sie die Tür hinter ihnen schloss.
    »Vielleicht. Aber es ist sehr gut möglich, dass der Hustensaft nicht vergiftet ist, Magda. Und ich werde auch an der Dosis nicht sterben. Aber es kann sein, dass ich, wie unser Schwein, benommen werde und nicht weiß, was ich tue. Bitte achtet darauf, dass ich den Mund halte. Am besten sperrt Ihr mich ein und bewacht mich.«
    »Almut! Du nimmst eine große Gefahr auf dich. Ich weiß nicht, ob wir es hätten abwenden können, wenn dieser gottverfluchte Johannes nicht Trine bedroht hätte. Egal was passiert, Almut – für deinen Großmut werden wir dir immer dankbar sein. Und soweit wir dich schützen können, werden wir alles tun, was möglich ist.«
    Magda nahm Almut in die Arme und drückte sie an sich. Dann gingen sie beide nach unten.
    »Gebt mir das Fläschchen, Inquisitor!«
    Bruder Johannes murmelte einige Worte und schob dann mit spitzen Fingern das kleine Glasgefäßüber den Tisch. Almut wollte es gerade ergreifen, als eine schmutzige Hand dazwischenfuhr. Trine hatte die Flasche an sich gerissen und sich geschwind dem Zugriff des Inquisitors entzogen. Geschickt entkorkte sie das Krüglein und hielt es sich unter die Nase, wobei sie den Inhalt leicht schwenkte. Dann reichte sie es mit einem breiten Grinsen Almut, machte eine trinkende Bewegung und torkelte dann aus dem Raum.
    »Seht zu, dass die Idiotin draußen bleibt!«, zischte Bruder Johannes mit hasserfülltem Blick auf Trine, die sich noch einmal genüsslich am Türpfosten schubberte.
    Almut aber hatte diese kleine Pantomime das Herz erleichtert. Auf den Geruchssinn der Kleinen konnte sie sich verlassen, und da sie nichts Fremdes in der Arznei wahrgenommen hatte, hoffte sie nun wirklich, außer einem langen tiefen Schlaf keine üblen Folgen erwarten zu müssen. Beherzt setzte sie das Fläschchen an die Lippen und trank. Es schmeckte süß nach Honig und herb nach Kräutern, vor allem aber schmeckte sie den Wein, mit dem alles gemischt worden war.
    »Ich werde mich auf die Bank im Kräutergarten setzen und die Sonne genießen. Eine meiner Schwestern mag Wache bei mir halten. Oder auch meine Eltern oder der Priester, wenn er kommt.«
    Mit großer Würde zog sich Almut, begleitet von Clara, zurück und wartete in der wärmenden Abendsonne darauf, dass die Wirkung der Droge einsetzte.
    Sie ließ nicht lange auf sich warten, doch zunächst nahm Almut das gar nicht wahr. Es schien nur allmählich alles, was ihr an diesem aufwühlenden und anstrengenden Tag geschehen war, in weite Ferne zu rücken. Nichts belastete sie mehr, und eine ungewöhnliche Leichtigkeit machte sich in ihr breit. Sie roch die blühenden Kräuter zu ihren Füßen, und nichts dünkte ihr je schöner als der Duft des Thymians, um den herum sich honigtrunken einige Bienen tummelten. Auch die Farben erschienen ihr leuchtender und intensiver als je zuvor. Das staubige Grün des Salbeis und seine purpurnen Blüten entzückten sie, die gelben Augen der weißblättrigen Kamillen schienen ihr zuzublinzeln, und das Blau des blühenden Steinquendels erfreute sie so sehr, dass ein seliges Lächeln ihre Lippen umspielte. Irgendwo unterhielten sich Menschen, wurden heftige und laute Worte gewechselt, ein empörter Aufschrei und ein wildes Grunzen ertönte, doch in ihrer beschaulichen Heiterkeit störte sie der Lärm wenig. Sie lauschte dem Summen der dicken Hummeln und dem Tirilieren einer Amsel, nahm ihren eigenen ruhigen Atem wahr und hörte dem Puls ihres Blutes zu. Ihr Körper fühlte sich schwer und entspannt an, und sie lehnte müde den Kopf gegen die Steinwand hinter sich. Ein

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