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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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befindet?«, fragte Magda und deutete auf das Fläschchen. »Es ist durchaus möglich, dass andere etwas Schädliches hineingemischt haben!«
    »Wie kann Gift darin sein, wenn Jean de Champol eines natürlichen Todes gestorben ist? Davon seid Ihr doch überzeugt, oder?«
    Gleichzeitig fuhr de Lipa auf: »So ist also Jean wahrhaftig vergiftet worden. Ihr gebt es zu!«
    Magda biss sich auf die Lippen. Sie hatte mehr gesagt, als sie wollte.
    »Er ist vergiftet worden, aber nicht durch die Arznei, die ich ihm gebracht habe!«, sagte Almut nüchtern, denn es gab nun keine Möglichkeit mehr, Unwissenheit vorzuschützen.
    »Dann beweist es uns, indem Ihr sie zu Euch nehmt!«
    »Warum sie?«, begehrte Magda auf. »Fangt einen der herrenlosen Streunerhunde ein und probiert es an ihm aus!«
    »Auf ein Tier mag die Wirkung eine andere sein als auf einen Menschen. Trinkt sie aus und beweist, dass Eure Behauptung stimmt und die Arznei harmlos ist.«
    Thea, die Bruder Johannes am nächsten saß, betrachtete das Fläschchen.
    »Es ist noch mehr als halb voll. In dieser Menge wird sie auch ohne giftige Beigaben schädlich sein! Zwei Löffel voll, das ist die übliche Dosis, die für den Menschen hilfreich ist!«
    »Ein Gift. Ihr bestätigt es!«
    »Kein Gift, solange die Dosierung stimmt.«
    »Wie viel hat denn der Verstorbene davon eingenommen?«
    Magda richtete die Frage an die beiden de Lipas, die bisher schweigend dabeigesessen hatten. Der Weinhändler schien sich nicht besonders wohl in seiner Haut zu fühlen, und auch Dietke saß mit gesenkten Augen und äußerst kleinlaut neben ihm.
    »Ich gab ihm am Sonntag zwei Löffel davon, und er sank in einen ruhigen Schlaf. Am Montag nahm er am Morgen einen Löffel voll und noch einen am Abend. Auch am Dienstag in der Frühe nahm er auf meinen Rat hin noch einen Löffel von diesem Saft. Also insgesamt fünf Löffel voll.«
    »Wo habt Ihr eigentlich das Fläschchen gefunden, Bruder Johannes? Als ich Jeans Leichnam wusch, war es nicht mehr in seinem Zimmer!«, fragte Thea dazwischen.
    »Meine Frau hatte es an sich genommen!«, antwortete de Lipa kurz, und Thea betrachtete es eingehend.
    »Und Ihr habt nichts davon zu Euch genommen?«
    Dietke schüttelte ohne hochzusehen stumm den Kopf.
    »Die Menge kann stimmen. Unsere Apothekerin war der Meinung, dass ungefähr zehn bis zwölf Löffel, verteilt über fünf Tage oder eine Woche, ausreichen sollten, um den Husten zu besiegen«, bestätigte Almut.
    »Gut, dann werdet Ihr ebenfalls diese Menge zu Euch nehmen, und wir werden sehen, wie harmlos Euer Trank ist.«
    »Nicht auf einmal!«, protestierte Magda, aber Almut zuckte nur mit den Schultern. Das Schwein hatte die doppelte Portion zu sich genommen und war dennoch am nächsten Tag aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit wieder aufgewacht. Die Menge war nicht das Problem. Wenn ein giftiger Stoff dieser Medizin beigemischt worden war, dann würde schon ein Löffel voll davon zum Tode führen.
    In das lastende Schweigen im Refektorium trat das taubstumme Mädchen. Sie hatte wieder in den Kräuterbeeten gearbeitet. Kittel, Hände und Gesicht waren von feuchtem Lehm verschmiert, und wieder einmal glich sie mehr einem Erdgnom als einem Menschen. Aber sie spürte die angespannte Atmosphäre und schnüffelte vernehmlich. Dabei sah sie sich aufmerksam um, und ihr Blick blieb schließlich voller Abscheu an dem Dominikaner hängen. Ein unartikulierter Laut entrang sich ihrer Kehle, und sie bewegte sich auf ihn zu.
    »Was will diese Kreatur hier?«, verlangte Bruder Johannes zu wissen und rückte von dem schmutzigen Geschöpf weg. Er fürchtete um sein weißes fleckenloses Habit.
    Almut stand auf und nahm Trine an der Schulter, um sie nach draußen zu drängen, aber das Mädchen schüttelte nur vehement den Kopf.
    »Verschwinde!«, herrschte der Inquisitor sie an. »Mach, dass du wegkommst!«
    »Ihr braucht sie nicht anzuschreien, sie kann Euch nicht hören.«
    »Was beherbergt Ihr hier nur für Missgeburten! Schickt dieses Geschöpf fort!« Er musterte Almut scharf, die jetzt schützend den Arm um Trines Schulter gelegt hatte. »Oder«, er nickte, zufrieden mit seinem Einfall, »gebt diesem Monstrum die Medizin zu trinken. Wenn es ein Gift ist, richtet es keinen großen Schaden an. Damit solltet Ihr doch einverstanden sein!«
    Almut war die Erste, die sich von der allgemeinen Sprachlosigkeit erholte und den Inquisitor anfauchte.
    »Was seid Ihr nur für ein Christenmensch? Habt Ihr noch nie etwas von

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